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Algerie, mon amour!

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Warum es in Algerien keine Revolution gab

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Algerien - Warum es in Algerien keine Revolution gab

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Algerien

Ankunft in Algier
Ankunft in Algier
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Und kaum saß ich im Flugzeug und die Wolken über Hamburg zogen an mir vorbei und das Dröhnen der Turbinen verhinderten das Schlafen, hatte ich das Gefühl alles hinter mir zu lassen. Alles erledigt zu haben und hier nicht mehr benötigt zu werden. Nichts hält mich mehr in Hamburg. Also auf nach Algerien. Gefühlt ist für die meisten Algerien, wie es Libyen vor der Revolution war, ein weißer Fleck auf ihrer Allgemeinwissensweltkarte. Klar, es gibt Algerien, und die Hauptstadt heißt Algier und das Land war mal französische Kolonie und Zinedine Zidane hatte einen algerischen „Migrationshintergrund“ Aber viel viel mehr weiß man wahrscheinlich nicht. Die politisch Interessierten wissen vielleicht noch, dass die Wahlen 1992 abgebrochen wurden, weil die FIS (Front Islamique du Salut) die Wahlen sonst gewonnen hätte. Und viel mehr wusste ich, als ich zum ersten Mal hier her kam auch nicht. Ich war bereits in Ägypten, Tunesien, Marokko und VAE unterwegs gewesen und wusste irgendwie viel über den Irak, Syrien, Jordanien oder den Libanon. Ganz zu Schweigen von Palästina. Um Palästina kommt man ja nicht herum. Das ist an der Stelle ähnlich, wie mit manchen US-amerikanischen Städten. Dank der Traumfabrik in Hollywood habe ich das Gefühl, ich kenne mehr Straßen, Stadtteile oder U-Bahnhaltestellen in New York als in München, Köln oder Stuttgart. Und ähnlich geht es mir mit Palästina. Mein Professor meinte mal zu mir; Wenn sie die Zeitungen, der letzten 50 Jahre durchgehen, dann werden sie feststellen, dass über 50 Prozent aller Nachrichten irgendwie Palästina behandeln. Über aber Algerien wusste ich also so gut wie nichts. Was aber noch viel schlimmer war; es interessierte mich auch nicht. Gefühlt war das ganze Land eine einzige Wüste. Was statistisch auch irgendwie stimmt, aber trotzdem die halbe Wahrheit ist. Südlich des Atlasgebirges erstreckt sich Algerien über etwa 3000 km weit in die Sahara. Ungefähr 85% Algeriens besteht aus diesem Gebiet, gleichzeitig leben aber etwa 96% der Bevölkerung nördlich des Atlasgebirges und damit in relativer Nähe zur Küste, wo es grün und fruchtbar ist. Von diesem Gebiet hatte ich aber nichts mitbekommen. Und als ich das letzte Mal hier war, hat es mich entsprechend überrascht, dass das Land eben nicht nur aus Wüste besteht. Dieses Mal weiß ich also warum ich hier bin und was ich hier will. Seit 2 Monate habe ich diese Reise hier her geplant, über 4000 Euro für Equipment ausgegeben, war 4 Mal für ein Visum in Berlin, habe 392 Euro für 1 Flugticket ausgegeben und gefühlte 100 Leute angerufen, damit ich während meiner Zeit dort ordentlich rum komme. Jetzt sitze ich im Flugzeug und die Wolken ziehen an mir vorbei und ich lasse alles hinter mir und habe das Gefühl als würde ich weg fliegen. Nicht das Flugzeug fliegt, sondern ich fliege. Und weg bin ich…
Ankunft in Algier
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Algerie, mon amour!

  Kaum bin ich angekommen, beginnen die Probleme. Der Zollbeamte entdeckt bei der Sicherheitskontrolle mein 200mm Objektiv. Erso freundlich bestimmt: „Bitte öffnen Sie ihre Tasche“ Ich zeigte im das Equipment mit einer Mischung aus stolz und -hoffentlich macht der mir keine Probleme- Erso, zeigt auf das 200mm Objektiv: „was ist das“ Ichso: „ein Objektiv“. Erso: „was haben sie damit vor?“ Ichso: „Fotos machen“ Erso provoziert: „warten sie hier“. Spätesten an der Stelle, war’s mit dem Stolz vorbei und mir wurde klar: Okey, das gibt jetzt Probleme. Als er mit einem ihm Vorgesetzten zurück kam ging das Gespräch etwa so ähnlich von vorne los. Aber was soll’s? Ich kenne ja die Antworten. „was ist das… was wollen sie damit…“ aber dann irgendwann die alles entscheidende Frage „Sind sie Journalist????“ Ichso: „Nein, ich bin Bestatter. Journalist, wie kommen sie denn darauf“ Innerlich dachte ich mir -Oh nein Özgür, falsche Gegenfrage- Und zack hatte ich den Salat. Erso: „Mitkommen“. Ich dachte mir so: -Oh nein. Na super. Das geht ja super los- In so einem kleinen verrauchten Kabuff der Polizei am Rande der Zollkontrolle. „Wo wollen sie in Algerien hin und was haben sie hier vor?“ Welch Überraschung. Mit so einer Frage habe ich tatsächlich nicht gerechnet. Aber auch die Antworten kannte ich zum Glück. „Ich möchte nach Abu Hamidu bei La Pointe zu meinem Schwager, dessen Familie lebt da. Ich bin ein Gast!!!“ Erso, wenig beeindruckt, ob meiner eloquenten antworten, schaut in seinen Computer: „Abu Hamidu gibt es nicht in Algiers und in ihren Unterlagen steht Rais Hamidu“ Ichso: „Ja genau“ Nach einer intensiven Prüfung meines Passes, verließ er das verrauchte Kabuff. Mit jeder Minute die verging, wurde mir unwohler und ich dachte mir, wie kann ich nun mein Empfangskomitee kontaktieren. Die sollen diese Scheiße hier klären. Nach etwa 20 min Ungewissheit kamen Polizei-super-chef und ein zweiter Mann in dieses kleine verrauchte Kabuff, dass mit mir und zwei weiteren Beamten in Uniform, damit überfüllt war. Die zwei unterhielten sich, offenbar über mich und der zweite Mann nahm mich mit. Keine Ahnung wer das ist und wohin er mich mit nimmt, aber es geht in Richtung Ausgang. Schon mal die richtige Richtung. Bis ich Samy, meinen Schwager entdecke und sich damit herausstellte, dass er und der zweite Mann das Empfangskomitee darstellen. Von da an ging es ab durch die Mitte. Von da an heißt es, vorsichtig beim fotografieren in Algerien.
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   Man muss wissen, dass in Algerien Freitag, Sonntag ist, aber Samstag Samstag bleibt und Sonntag aber Montag ist. Etwas verwirrend, aber so ist’s nun mal in islamischen Ländern. Dort ist Freitag der Tag an dem die Menschen versammelt in die Moschee gehen sollten. Okey sie sollten im Idealfall jeden Tag fünf Mal in die Moschee gehen. Aber Freitag Mittags in jedem Fall. Da findet dann die predigt statt. Für mich ist dieser Termin eher langweilig. Ich finde diesen Termin schon in der Türkei langweilig. Dort werden häufig irgendwelche Rede über die Türkische Republik und Atatürk gehalten, von denen ich denke, das hat mal so überhaupt nichts in einer Moschee zu suchen. Aber in einer Moschee in Algerien verstehe ich noch weniger. Nämlich um genau zu sein. Gar nichts. Da habe ich kein Bock drauf. So… also dann schon lieber shoppen mit Samy. Allerdings haben wir beide nicht einkalkuliert, dass der Freitag in Algerien unserem Sonntag gleicht und so ziemlich alle Läden geschlossen sind. Aber ein orientalisches Land, wäre eben nicht ein orientalisches Land, wenn alle sich an die Regeln halten würde. Das heißt, irgendwo muss es Läden geben, die geöffnet haben. Und los geht’s. Natürlich gibt’s Läden, die geöffnet haben, die mich aber irgendwie nicht interessieren. Ich will lieber Fotos machen. Doch gar nicht so einfach in einem Land in dem jeder Fotoapparat, dass ein Wechselobjektiv hat, suspekt ist. Schon alleine wenn ich es in der Hand halte ohne damit zu fotografieren, schauen mich die Leute, die vorbeigehen an, als hätte ich eine Kalaschnikov in der Hand mit der ich jeden Augenblick los schießen könnte. Und sie haben auch nicht ganz unrecht, denn es dauerte tatsächlich nicht lange und ich begann zu schießen. Bam bam… bam; Kaum hatte es Bam bam oder in meinem Fall eher Klick klick gemacht, fuhr ein Mann vor, fuhr die Beifahrerscheibe runter und fuhr mich auf arabisch an. Ichso: „Qui, je ne comprends rien!“ Aber der Mann lässt sich nicht aufhalten und übersetzt das eben auf arabisch ausgekotzte schnell auf französisch: „Warum fotografierst Du unser Haus?“ Ichso: „Haus? Welches Haus?“ Er zeigt mit dem Finger auf die Wand. Ichso: „Neee ich habe die Wand fotografiert an der zwei Stühle stehen“ Erso, schaut auf die Wand: „Das verstehe ich nicht“ Ichso: „Ach, das macht nichts. Das müssen sie nicht verstehen, schauen sie einfach mal her, ich zeige ihnen, dass ich nicht ihr Haus fotografiert habe.“ Ich zeige ihm auf dem Display, dass ich nicht sein Haus, sondern nur die Wand mit zwei Stühlen fotografiert habe. Ichso: „Das ist Kunst“ und grinse dabei etwas verlegen. Erso: „Das ich nicht normal“ und die Überzeugung und sein mangelndes Verständnis für Kunst „á la Gängeviertel“ gab mir zu verstehen, dass es sinnfrei und zwecklos wäre ihm nun zu erklären, dass ich es ästhetisch finde, dass dort zwei Stühle auf zwei Beinen neben einem Laternenmast an so einer Wand stehen. Er wollte, dass ich die Fotos lösche und ich wollte nicht länger diskutieren und ging weg. Er verfolge mich aber nicht länger. Mir wird nun immer deutlicher klar, dass es schwierig wird hier entspannt zu fotografieren. Zumal es hier, Dank der hohen Arbeitslosigkeit, Menschen gibt, die Wände halten. So zumindest werden hier Jugendliche genannt, die den ganzen Tag nichts anderes tun als an einer Wand angelehnt, auch gerne alleine, warten, dass der Tag vergeht. Bei der Gelegenheit stellen sie damit sicher, dass die Wand zu der Zeit, während sie sich da anlehnen, nicht umkippt oder ich rumknipps. Denn kaum bin ich den Kunstbanausen losgeworden und hatte etwas anderes schönes entdeckt, kam auch schon der nächste Wandhalter. „Hey, was machst Du da?“ Ichso: „Wieso, was’n los?“ Erso irgendwas auf arabisch. Ichso auf arabisch: „Ich spreche kein Arabisch. Ich bin Türke“ und grinse ihn an. Erso: „Man darf hier nicht fotografieren“ Ichso: „was? Wieso das denn nicht? Wer soll mir das denn verbieten?“ Erso: „Ich“. Ichso, kein Bock auf Stress und das Foto hatte ich ohnehin schon gemacht: „Okey“ und gehe schwupp zurück auf die Straße in den Laden, wo Samy schon wieder am Shoppen war. Er bekommt von allem dem nichts mit. Er ist voll in so’m Shoppingflash und schleppt mich nun zu allem Überfluss nun auch noch in ein Super-Shopping-Center. Das einzige, dass an einem Algerischen-Sonntag -also Freitags- geöffnet hat. Ich dachte mir. Okey hier kannst Du mit Sicherheit kein Foto machen. Aandererseits muss man es mir auch erst verbieten, bevor ich mich davon abhalten lasse. Also baller ich mit meiner Kalaschnikov Marke Canon los. Lacoste oder Apotheke auf Arabisch und so weiter…und zu meinem Erstaunen, sprechen mich plötzlich die Leute nach kurzer Zeit an und wollen sich mit mir Fotografieren lassen. Schon irgendwie komisch oder eben auch plausibel, dass man sich mit mir fotografieren lassen will, weil man so einen durchgeknallten Typen mit einem Fotoapparat in Algerien eben nicht häufig zu sehen bekommt. Das Shoppen meines Schwagers war übrigens ohne Zwischenfälle sehr erfolgreich verlaufen. Gegen Shoppen hat hier, im Gegensatz zum fotografieren eben keiner etwas.
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  Ich wohne gut. Um nicht zu sagen sehr komfortabel in einem Nobelviertel von Algiers. Ich habe ein Apartment mit drei Zimmern, einer Küche und einem Badezimmer mit Badewanne für mich alleine. Dazu kommt, dass ich bekocht werde und mir meine Wäsche gewaschen, aufgehängt und gebügelt wird. Außerdem haben wir ein Swimmingpool, der gerade dreckig ist und mal Frischwasser bräuchte. Ich kann mir die Zeit aber auch mit den 1458 Fernsehkanälen vertreiben. Wer, um alles in der Welt, braucht 1458 Fernsehkanäle und wer, zum Henker, produziert die? Das relativiert mal eben meine Arbeit beim NDR auf 1 zu 1458 oder wahrscheinlich noch viel viel höher. Mal ehrlich wer braucht das. Also ich nicht!!! Ich brauche auch kein Swimmingpool, denn ich nicht benutzen kann und in drei Zimmern kann ich auch nicht gleichzeitig wohnen. Also raus hier! Ab nach Algiers Centre-Ville. Das Auto, dass ich hätte bekommen sollen, ist nicht da, also nehme ich den Bus, was auch eine Erfahrung für sich ist. Da bekommt man das Volk zu sehen und was ich zu sehen bekomme sind nichts anderes als Türken. Denn genau so sieht es in der Türkei auch aus, wenn man Menschen in ein Dolmus (Sammeltaxibus) stopft. Ein Mu’awin (Fahrgeldsammler) geht im Dolmus umher und sammelt die paar Kröten ein, die so eine Fahrt kostet. Die Frauen sehen aus wie Türkinnen, die Männer sehen aus wie Türken und der Fahrer sieht aus wie ein Türke. Ich bin wahrscheinlich der einzige, der nicht aussieht wie ein Türke, sondern wie ein Deutscher. Und verdammt… ich verhalte mich sogar wie einer. Denn auf der Suche nach der Friedrich-Ebert-Stiftung, der Konrad-Adenauer-Stiftung und dem Deutschen Goethe-Institut in Algiers irre ich in der Stadt umher und trage dabei kilometerweit, die Papiertüte vom dem Fastfood an der Ecke (Fastfood heißt hier „Restaurante rapide“ – Was wäre dann wohl ein “Restaurante-Transrapide“) und die leere Dose in meinen Taschen umher. Dabei ist mir längst aufgefallen, dass der Müll hier wirklich überall liegt. Das heißt, nicht, dass er sich an der einen oder anderen dunklen Ecke versammelt hat, sondern es liegt wirklich überall Müll herum. Ich wage es nicht einmal meinen Müll einfach auf einen riesigen Berg von Mülltüten zu werfen, denn ich suche eine ordentliche Mülltonne. So Deutsch bin ich. Ich kann es kaum fassen. Ich bin sogar so Deutsch, dass ich für einen Bruchteil einer Sekunde erwarte habe, dass ich die Dose in die eine Tonne und das Papier in die andere Tonne schmeißen würde. Da dachte ich mir… „sag mal geht’s noch. Sei doch froh, dass Du überhaupt eine Mülltonne gefunden hast.“ Und mit einem selten gutem Gewissen habe ich dann die Papiertüte und die Dose in die selbe Mülltonne geschmissen. Nach sechs Stunden habe ich mich also meines Mülls entledigt, dass ich durch halb Algiers gefahren habe. (Ob mein Müll nun ein CO² Gepäck hat?). Allerdings wäre ich nicht ich, wenn ich einfach locker gelassen hätte. Ich habe also einen Müllmann -bei uns heißen die sicher Abfallbeseitungsteam oder so- gesucht, gefunden und gefragt, warum es in Algier keine Mülltonnen gibt. Die Antwort ist relativ einfach und ich wäre nie darauf gekommen. Die FiS (Front islamique du Salut) stand 1991 kurz davor die Wahl zu gewinnen. Um nicht Islamisten gewinnen zu lassen und die Demokratie zu retten, wurden die Wahlen abgebrochen. (Es lebe die Demokratie) In der Folge ging die FiS in den Untergrund und wurde zur Terrorgruppe, die ihre Bomben bevorzugt in Mülltonnen legten. Tja seither gib es weder Demokratie noch Mülltonnen in Algiers. Es gibt es zwar kaum noch Terroranschläge in Algiers, aber dafür Berge von Müll. Und was soll ich sagen, der Müll stinkt. Auch hier in Algiers. Keine Mülltonnen!?! Das alleine stinkt schon zum Himmel, aber dass man dann auch noch Bäume an den Straßenrändern außerhalb der Stadt beseitigte, weil man befürchtete, dass sich hinter den Bäumen Islamisten mit Bomben verstecken könnten, ist der eigentliche Knaller. Sozusagen „Bäume töten gegen den Terror“. Bei uns würde bei so einer Aktion sofort irgendein Gesetzt greifen, eine Naturschutzorganisation Sturm laufen oder sich irgendjemand an den Baum ketten und im Zweifel mit dem Baum in die Luft sprengen lassen, nur um den Baum zu retten. Es lebe der Baum und die Demokratie.
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Was für eine wunderschöne Stadt… muss das gewesen sein, als noch die Franzosen hier waren. Jetzt ist die Stadt auf charmante Art heruntergekommen. Die Fassaden der zahllosen Kolonialbauten in der Innenstadt Algiers bröckeln schon seit Jahrzehnten, die Straßen platzen auf und sind viel zu klein für den Verkehrsansturm des 21. Jahrhundert. Speziell bei einem Benzinpreis von 10 Cent/Liter. Wer oben im Botschaftsviertel bei „Biar“ um die Ecke fährt, muss hupen, damit das entgegenkommende Auto überhaupt eine Idee haben kann, dass gleich ein anderes Auto um die Ecke gebogen kommt. Nachts ist’s leichter, dann wird einfach die Wand mit dem Fernlicht angestrahlt. Ich will nicht in so einer Kurve wohnen, wo Tags über ohne Ende gehupt und Nachts mit Fernlicht in mein Fenster geblendet wird. Es ist schon ein Jammer zu sehen, wie eine so schöne Stadt am Mittelmeer vor die Hunde geht. Keiner kümmert sich um die Entwicklung und Instandhaltung von Straßenzügen. In der Kasbah von Algiers reißen zusammengestürzten Wohnhäuser riesige Baulücken in das alte Straßenbild. Zunächst habe ich nicht verstanden, wieso man so untätig bleiben kann und alles verfallen lässt. Jetzt habe ich eine Theorie: Als ich neulich mit einem Bekannten die Straße runter lief, er jemanden traf und ihn begrüßte, ging das in etwa so: Erso: „Hey wie geht’s“. Der andereso: „Hey, soweit ganz gut und selber, bist Du Gesund, fühlst Du Dich wohl?“ Erso: „Ja klar muss ja. Wer bin ich das ich mich beklage. Gott sei Dank ist alles in Ordnung. Was treibst Du so?“ Der andereso: „Ach nichts, bin so unterwegs. Und Du?“ Erso: „Ja nichts Besonderes. Was macht Deine Frau?“ Der andereso: „Ach der geht’s auch gut. Was soll sie machen. Und Deiner Frau? Ist bei Ihr auch alles okey?“ Erso: Ja. Dem Gott und dem Propheten sei’s gedankt.“ Der andereso: „Ja Gott und dem Propheten sei’s gedankt.“ Und wie geht’s Deinen Nachbarn?“ Erso: „Ja, ja den geht’s auch gut.“ Der andereso: „Ja dem Himmel sei Dank, alles in bester Ordnung.“ Erso: „Okey dann bis bald. Frieden und der Segen des Propheten sei mit Dir.“ Der andereso: Der Frieden und Segen des Propheten sei mit uns allen“ Fünf Meter weiter trifft er einen anderen Kollegen und der Dialog geht in genau der Reihenfolge und dem inhaltlichem Wert, der asymptotische gegen Null läuft, von vorne los. Als wir dann an einem Kaffee vorbei kamen, ging es etwa eine dreiviertel stundenlang nicht weiter. Jeder musste begrüßt und befragt werden, ob den alles in bester Ordnung sei. Nicht das sich hier irgendjemand tatsächlich für das Wohl des anderen interessieren würde, aber man kann ja mal Frage. Für einer Strecke von 30 Meter haben wir Sage und Schreibe eineinhalb Stunden gebraucht. Klar bleibt dann keine Zeit mehr um die Fassade eines Hauses in Schuss zu bringen. Ich stelle mir vor, ich laufe über den Flur beim NDR und begrüße jeden, der mir über den Weg läuft mit der Intensität…. Trotzdem ist die Innenstadt wunderschön quirlig und maßlos lebendig nur kosmopolitisch ist’s nicht. Denn Ausländer gibt’s keinen. Naja, ich bin ja jetzt da, um die Quote zu heben und im „Ausländer sein“ bin ich professionell. Dabei versuche ich nicht aufzufallen, mich zu integrieren und einzutauchen. Das gelingt mir beizeiten so gut, dass die Leute mich auf Arabisch ansprechen und sauer sind, wenn ich dann nicht antworte. Es dauert eine gewisse Zeit bis sie checken, dass ich gar kein Arabisch kann und sie gerade nicht verarscht werden, sondern einem waschechten Türke (der irgendwie sehr Deutsch ist) gegenüber stehen. Und ich kann nur sagen „uns“ hat man hier in sehr guter Erinnerung. Zwar sprechen alle Französisch und nicht Türkisch und außerdem haben die Franzosen hier alles gebaut und Algier in einer rücksichtslosen Operation das heutige Gesicht verpasst und wir Osmanen haben gerade einmal die „große“ und die „alte“ Moschee hinterlassen. Trotzdem haben sie uns lieber als die Franzosen. Klar das hat seine Gründe. Über 1 Millionen Algerien wurde während der Kolonialzeit von den Franzosen getötet, gefoltert oder vertrieben. Kein Wunder also, dass die Algerier die Franzosen nicht mögen. Auch wenn 1,5 Millionen und damit die größte algerische Gemeinde außerhalb Algeriens in Frankreich lebt, mögen sie die Franzosen nicht. Ist ja auch logisch. Ich mag die Deutschen ja auch nicht und lebe in Deutschland. Es gibt aber auch Gruppen, die wiederum die Algerier nicht mögen. Das sind zum Beispiel die Berber. Die wiederum Mögen es nicht, dass man sie Berber (römisch: Barbaren) nennt, denn eigentlich sind es Amazir. Politisch korrekt heißt es neuerdings ja auch nicht mehr Eskimos sondern Inuit. Und so heißt es jetzt nicht mehr Berber, sondern Amazir. Unter den Amazir befinden sich die Kabylen. Die mögen das arabische Algerien nicht besonders. Darum leben sie lieber in den Bergen des Atlasgebirges und proben von Zeit zu Zeit den Aufstand und führen Krieg für ihre Unabhängigkeit oder zumindest für Autonomie. Die Tuareg gehören auch zu den Amazir, leben aber in der Wüste und mögen wiederum die Kabylen nicht. Sie meinen, dass die Kabylen sich für etwas Besseres halten. Algerier mit Malischen „Migrationshintergrund“ wiederum mögen die Tuareg nicht, weil die Tuareg erst vorige Woche in Mali ein Massaker an der dortigen Bevölkerung verübt haben. Ehemalige Gadaffi-Millizen, die sich zu den Tuareg in Mali durchgeschlagen haben und bis an die Zähne bewaffnet sind, massakrieren jetzt die Bevölkerung in der Grenzregion zwischen Algerien und Mali. Das finden selbst die Christen in Algerien doof. Aber die mag ohnehin keiner in Algerien. Ich mag auch keinen von denen. Es ist schon erstaunlich, dass man innerhalb von wenigen Tagen vom Philanthropen zum Misanthrop werden kann. Ich mag sie alle nicht. Überhaupt, mag ich im Moment niemanden. Ich finde alle doof. Vielleicht hat das aber auch was damit zu tun, dass ich nun schon seit fünf Tagen nicht mehr rauche.
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  Was das für ein Spiel gewesen sein muss, als Ägypten gegen Algerien in dem Relegationsrückspiel für die Fußballweltmeisterschaft in Südafrika im sudanesischen Karthum gespielt hatte. Man kann es kaum glauben aber es ging um Leben und Tod. Nicht auszudenken, wenn es einen gemeinsamen Grenzübergang gegeben hätte. Ob es dann tatsächlich zu kriegerischen Auseinandersetzungen gekommen wäre, wie einige Algerier übermütig behaupten? Dabei war es eigentlich nur ein Fußballspiel. Allerdings eins mit weitreichenden Folgen, die heute noch zu spüren sind. Dabei liegt das Spiel jetzt mehr als 3 Jahre zurück. Seither sind es nicht mehr die ägyptischen Fernsehserien, die all abendlich im Flimmerkasten laufen, (sondern türkische Serien) Auch ägyptische Produkte haben es auf dem algerischen Markt seither sehr schwer. Die Telekommunikationsfirma Djezzy musste schwere Umsatzeinbußen hinnehmen, die bis Heute nicht das alte Niveau erreicht haben. Auch der Außenhandel mit Ägypten ist eingebrochen. Selbst als die Revolution in Ägypten ausbrach, war man eher auf der Seite der Tunesier. „Ach ja, die Ägypter haben jetzt auch eine Revolution…Naja wir interessieren uns aber eher für die Revolution unserer Nachbarn in Tunesien.“ war die Haltung vieler Algerier auf der Straße. Was für ein Spiel muss das gewesen sein, dass Fernsehserien abgesetzt, die Außenpolitik derart beeinträchtigt wurden und Menschen sterben müssen. Algerien hatte sich zwar für die WM qualifiziert, aber in der Gruppenphase kein Spiel gewonnen. Ob es das alles Wert war? Eine ähnlich ernste Angelegenheit war mein Gespräch mit der Deutschen Botschaft in Algier. Man gab mir zu verstehen, …………. (der Rest ist etwas heikel und kann daher lediglich per Anfrage und via Email versendet werden) ………….Es scheint, als wäre das eine zweite sehr ernste Angelegenheit. Nicht das es am Ende um Leben und Tod geht und die bilateralen Beziehungen zwischen Algerien und Deutschland gestört werden
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  Jeden Tag bin ich in Algiers und Umgebung unterwegs um irgendetwas zu erleben, um irgendetwas zu entdecken, um irgendwas zum Schreiben zu finden. Das schöne ist, es gibt keine Vorgabe, keine Ziele und keine Grenzen. Naja… Grenzen vielleicht schon. Also es hört da auf, wo die Polizei, Jandarmerie oder Militär ins Spiel kommt. Das heißt, keine Brücken zu fotografieren. Keine Polizei- oder Militärstationen bzw. Kasernen oder offizielle Gebäude, wie Post, Krankenhäuser oder Rathäuser usw… weil die oft Angriffsziele für Terroristen darstellen. Auch die Verkehrskontrollen, von denen es hier zahllose gibt. So viele, dass man sich irgendwie schon wundert, dass der Verkehr überhaupt noch fließt. Und interessant ist auch, dass es bei den Straßenkontrollen jetzt Wünschelruten gibt. Damit soll man angeblich Sprengstoff aufspüren können. Wahrscheinlich jedoch meistens zu spät. Auf jeden Fall gibt es zahlreiche Grenzen. Vor drei Jahren, war ich in der Kabylei im Gefängnis, weil ich die Moschee neben einer Polizeistation fotografiert hatte. Auch Frauen, langbärtige Muslimisten, Moscheen, Läden oder Wände vor denen Stühle mit zwei Beinen stehen oder sonst irgendjemand der sich irgendwie gestört fühlen könnte. Also wenn ich jetzt so darüber nachdenke, darf ich eigentlich überhaupt nichts und niemanden fotografieren. Naja Blumen gehen vielleicht noch. Aber erst nach dem ich sie gefragt habe, ob sie nichts dagegen haben. Mimosen wollen in der Regel nicht fotografiert werden. Ach und Steine darf ich auch fotografieren. Die haben sich bisher noch nicht beschwert. Besonders schwere Steine beschweren sich in der Regel nie. Auch völlig problemlos lassen sich sind Nonnen fotografieren. Davon gibt es hier verschiedene. Katholische, Evangelikale und andere. Als ich gefragt habe, welche es den noch gibt, hieß es: „Mäträze?“ Was??? Das kann unmöglich sein!!! „Wie bitte??? „Mer Treize“ Und ich dachte mir…hm, was für ein eigenartiger Orden. „Dreizehntes Meer“ Orden… vielleicht wegen dem Mittelmeer… hab ich ja noch nie was von gehört. Bis ich Schwester Jesual mit ihren weißen Kopftuch mit blauen Streifen sah. Plötzlich ratterte es heftig in meiner Birne. Mère Teresa heißt es auf französisch und bedeutet „Mutter Theresa“ auf Deutsch. Doch… denn Orden kenne ich. Nur hätte ich ihn jetzt nicht in Algiers erwartet. Tja, so kann man sich irren. Gefühlt war es so, als hätte ich irgendwo im Amazonas eine Moschee gefunden. Sovonwegen, „Hey, was macht ihr denn hier?“ Und die Antwort lag auf der Hand oder Schwester Jesual aus Albanien im Mund. „Den ärmsten der Armen helfen.“ Und diese sympatische Frau sagt das mit einer Überzeugung und mit einer Gutmütigkeit, die jeden Zweifel in mir, wie eine Tsunamiewelle weggeschwemmt hat. War ich eben noch überheblich und habe mich gewundert und gefrag; was wollen „die“ denn hier, war es mir nun plötzlich klar und es machte absolut Sinn. „Na klar sind die hier. Wenn nicht hier, wo dann und wenn nicht die, wer dann?“ Erstaunlich, wie die Augen einer gutmütigen Frau meine Arroganz so schnell wegwischen und mein Herz eroberen kann. Ich schöre es… Ich hatte überhaubt keine Chance. Soviel steht fest. Die 37 Jährige widmet sich gegenüber der katholischen Basilika „Notre Dame de Africa“ in einem Kindergarten der Erziehung muslimischer Kindern aus armen Verhältnissen. Mit fließendem arabisch, mit ägyptischen Dialekt, betreut sie mit ihren 4 anderen Ordensschwestern die 27 Kinder im Alter zwischen vier und 14 Jahren. Dies macht sie nun schon seit 8 Jahren in Algiers und vorher tat sie dies in Ägypten, was ihren Dialekt erklärt. „Ist es nicht auch hart, so ein Leben zu führen“, wollte ich wissen. Schließlich besitzt sie außer ihrer Kleidung in zweifacher Ausführung nichts und nicht einmal die gehört ihr. Und sie antwortet mit einem glückseligen Lachen, dass mich fast umhaut: „ja klar ist es das manchmal. Aber es ist so schön. Wir lieben es!“ und ich denke mir: Ja, genau… was braucht der Mensch außer Wasser, Luft, etwas zu Essen und bedingungslose Liebe um glücklich zu sein, und sie fügt hinzu: „Es ist eine persönliche Reise auf der wir uns befinden, der uns Jesus und Gott näher bringt. Wir haben das verinnerlicht und über unsere eigene materielle Armut verstanden, dass es darauf nicht ankommt. Es sind nicht die matteriellen Dinge, die jemanden glücklich machen. Das ist unsere tiefste Überzeugung.“ Und ich denke mir, diese Frauist vielleicht arm und hat keinen Cent aber ihr Herz ist so reich an Liebe, was will man mehr. „Klar ist es manchmal hart“, fährt sie fort, „aber es ist so schön und wir lieben es. Wir fühlen uns grenzenlos frei und sind absolut glücklich dabei.“ Baaammm. Da hast Du’s. Du nach Sicherheit-strebendes-Wohlstands-verwöhntes-europäisches-Konsum-Mistkind-aus-Hamburg-City. Noch fragen? Die Grenzen der Glückseligkeit sind im Kopf!!!!
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Ein christlicher König zog mit seinem Gefolge durch ein muslimisches Land. Der Muezzin, also derjenige, der die Arschkarte gezogen hat und fünf mal am Tag auf die Spitze des Minaretts steigen muss, um die Gläubigen zum Gebet zu rufen und sich dabei die Seele aus dem Leib schreien darf, tat dies so talentiert, dass selbst Dieter Bohlen bei Deutschland sucht den Superstar (Wobei es in diesem Fall eher heißen müsste „Deuschland sucht den Super Muezzin“) beeindruckt gewesen wäre. Als der König dann aber an einem anderem Dorf vorbeikam und der Muezzin die Gläubigen mit einer Stimme zum Gebet rief, dass dazu einlud sofort zu flüchten und das Weite zu suchen, beauftragte der christliche König seinen Knappen ein Beutelchen Dukaten an den Muezzin mit der Krähenstimme zu bringen. Der Knappe war irritiert, weil das Goldkehlchen doch eine viel schönere Stimme hatte als die Krähenstimme. Der König aber meinte: „Ja, aber wegen dem Goldkehle, wäre ich fast konvertiert“ So ähnlich erging es mir, als ich heute zum zweiten Mal in der Basilika Notre Dame d’Afrique war. Dieses mal wollte ich die Schwester, die aus der Schweiz kam, treffen. Prinzipiell habe ich ja sehr viel Sympathie für die katholische Kirche und ich habe schon zahlreiche Disputationen geführt, um die Theologie, speziell die Scholastik des Thomas von Aquin, zu verteidigen. Aber der Lektor der Basilika… Als ich eigentlich mit Schwester Gertrude das Interview führen wollte und mein Diktiergerät mit Mikrofon rausholte, fragte mich Lektor Bernard zugleich, was ich damit wolle: „Alter, was kann man alles mit einem Mikrofon machen?“ wollte ich ihn fragen, habe aber gesagt: „Ich möchte unser Gespräch aufzeichnen, damit ich mir alles merken kann, was wir so reden.“ Nach einem kurzem hin und her hat er dann eingewilligt. Dann führe ich ein vorbereitendes Gespräch für das Interview mit ihm, mache das Mikrofon an und halte es im unter die Nase. Er war ganz verwundert, als hätten wir vorher, in dem Vorbereitungsgespräch, über das Rezept für eine Brokkolisuppe gesprochen. Irgendwann stelle ich also meine Fragen: „Können sie mir etwas über diese Kirche und ihre Funktion in dieser Kirche erzählen?“ Erso, winkt ab, deutet auf mein Mikrofon und meint damit, dass ich es bitte ausschalten möge. Er wieder total verwundert, dass ich mit ihm ein Interview führen möchte. „Digga, checkst Du eigentlich warum ich hier bin und ein Mikrofon in der Hand halte? Von meiner Spiegelreflexkamera, dass ich um die Schulter geschnallt habe, mal ganz abgesehen.“ wollte ich sagen, habe aber gesagt… Irgendwann wende ich mich Schwester Gertrude zu: „Wann sind nach Algerien gekommen“ Sieso: „Oh ich bin schon über 50 Jahre in Algerien. Ich bin 1959 als Schneiderin in zu den Schwestern dazu gekommen.“ Ich so, wauw: „Sie sind vor 50 Jahren hergekommen, dass heißt ja noch vor dem Unabhängigkeitskrieg…“ Zack war Lektor Bernard wieder im Spiel, winkt wild mit den Händen und will, dass ich mein Mikrofon ausschalte. Erso: „Keine politischen Fragen, bitte.“ Ichso, „Waaas? Das war doch keine politische Frage Digggga! Vielleicht eine historische…“ wollte ich sagen, habe aber die Klappe gehalten. Whatever: „Schwester Gertrude. Können sie mir den Unterschied zwischen den Schwestern des Mutter Theresa Ordens und den Nonnen der katholischen Kirche erklären.“ Zack… wieder Lecktor Bernard mit seinen wildgewordenen Händen…. Erso: „Es gibt keinen Unterschied… bla bla bla.“ Ich so: „Okey, dann kann sie es mir doch einfach sagen, dass es keinen Unterschied gibt“ ganz zu schweigen davon, dass es natürlich einen himmelweiten Unterschied gibt, aber was soll’s.“ wollte ich sage, habe aber gesagt… Lektor Bernardso: „Sie müssen die Frage anders stellen“ Ichso: „Äh…ja…okey…, könne sie mir die Gemeinsamkeiten zwischen ihrem und dem Orden der Mutter The…“ Lektor Bernard schägt wieder mit seinen Händen Alarm als wäre er ein Fluglotse (Digga ich sitze neben dir und ahne was du willst und ich mache das Scheiß Micro aus. Nur hör endlich auf mit deinen Scheiß Händen zu winken) Erso: „Nein sie müssen die Frage anders stellen.“ Ich so: „Digga, scheiß auf die scheiß Frage, dann erzähl mir doch einfach was du mir erzählen willst, auch wenn ich eigentlich mit Schwester Gertrude sprechen wollte, aber egal.“ Wollte ich sage, habe aber… Ich halte ihm das Mikrofon unter die Nase: „Bitte“ Erso verwirrt. „Ja“ Ichso: „Bitte, dann erklären sie es mir einfach. Vergessen sie die Frage“ Und Lektor Bernard zunächst etwas irritiert und verwirrt, legt dann aber los und erzählt irgendeine Scheiße. Ich so: „Ja ja ja super total interessant, vielen dank und tschüß.“ Wäre ich noch gestern wegen dem Sprit und dem Charisma der Schwester Jesual des Mutter Theresa Ordens konvertiert, bleibe ich wegen Lektor Bernhard lieber da wo ich bin. Übrigens sind die Muezzin hier sooo schlecht, dass man das Gefühl bekommt, ich will flüchten, Ohropax in meinen Ohren stecken oder den Muezzin erschießen. Was sie aber auf gar keinen Fall schaffen ist. dass mich das gejaule der Muezzin in Algerien dazu bekommen in die Moschee zu locken.
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Bislang war es relativ einfach an Themen zu kommen und Leute zu treffen, weil es keine sozialkritischen Themen waren. Doch anders verhält es sich mit Themen, die es gar nicht gibt. Darin sind die Araber in der Regel ohnehin sehr gut. Nicht ohne Grund hat der Begriff „Mafia“ einen arabischen Migrationshintergrund und heißt „Ma-fi-ha“ und bedeutet „(Das,) was es nicht gibt.“ Schon den Begriff sollte es nicht geben, weil die italienische Mafia, sich eigentlich „Cosa Nostra“ nennt, was wiederum „unsere Angelegenheit“ bedeutet. Was die Frage aufwirft, warum sich arabische Begriffe da einmischen? Wesentlich leichter ist es über Themen zu sprechen, die es gibt, auch wenn es sie nicht gibt. Wie zum Beispiel über Terroristen. Die gibt es natürlich in Algerien, auch wenn keiner welche gesehen haben will. Als ich heute so um 13:30 auf die Straße gegangen war und die Grillen zirpen hörte und wirklich kein Mensch auf der Straße war, hatte ich ganz kurz das Gefühl; habe ich irgendetwas verpasst??? Bis mir auffiel; jaaa, das hast Du! Und zwar das Freitagsgebet. Also dann mal rasch in die Moschee mit Dir, Du Ungläubiger. Und in der Tat, dort warteten auch schon über 200 Männer auf mich. Ich kam gerade rechtzeitig zu spät zur Predigt, die ich ehe nicht verstanden hätte und kurz vor dem eigentlichen Gebet, dass keine 5 Minuten gedauert hat. Bärtig, wie ich im Augenblick aussehe, habe ich offenbar schnell vertrauen ausgestrahlt. Jeder zweite, der selber eine Bart trägt, als wäre er, wie Robinson Cruso die letzten 10 Jahre auf einer einsamen Insel gewesen, begrüßen mich mit einem ausgedehnten: „As-salamu alaykum wa rahmat-ullahu wa baraka(tu)“ (Möge, der Frieden, die Gnade und der Segen Gottes mit Dir/Euch sein) Yeah man. Dein Wort in Gottes Ohr, denke ich mir. Und kaum habe ich den Gedanken ausgedacht, stellte mich meine Begleitung als Islamwissenschaftler vor. Von da an habe ich weitergedacht und dachte mir; Oh nein!!! Die Männerso: „Subhanallah… Maschallah… Allah Akbar.“ Irgendwie war ich von diesen Männern inspiriert und dachte mir, dass ist der perfekte Ort, um mal danach zu fragen, ob es in Algerien Prostituierte gibt. (Wenn wir schon mal so unter uns Männer sind) Aber schon alleine die Frage danach führt bei den meisten Bärtigen zu großen Irritation, die meine Begleitung mit größter Mühe bereinigen konnte. Erso: „Ich denke du bist verheiratet“ Ichso: „neee, schon lange nicht mehr“ und grinse und merke gar nicht, das er das grinsen völlig falsch versteht. Es war kein grinsen, sovonwegen: Ich bin frei, ich gehe manchmal gerne zu Prostituierten, sondern ein grinsen, sovonwegen: Ich bin schon lange geschieden, weiß Du das denn noch nicht? Das hat sich offenbar in Algerien noch nicht herumgesprochen. Dabei hätte ich gedacht, dass alle Welt das jetzt inzwischen mitbekommen hat. Offenbar noch nicht. Auf jeden Fall merke ich erst relativ spät, dass er mein grinsen eben anders gedeutet hat, als ich es gemein habe. Erso: „In Algerien gibt es keine Prostitution.“ Ichso: „Muah hah ah“ kann mich vor lachen kaum halte, weil er das tatsächlich ernst meinte. Erso: „nein wirklich, dass gibt es hier nicht.“ Ichso, konnte nicht mehr lachen, weil ich das Gefühl hatte, dass ich ihn nun aufklären muss: „Habibi (mein Freund) nur weil Du nichts davon weißt, heißt es nicht, dass es in Algerien keine Prostitution gibt.“ Erso, immer noch überzeugt davon: „Nein, das gibt es hier wirklich nicht.“ Ichso, inzwischen weiser als früher, wo ich versucht hätte ihn auf biegen und brechen davon zu überzeugen, dass er sich irrt. Heuteso, lass ich ihm seinen Glauben und frage eben jemanden anderes. Und sieh da… Ein andererso: „Na klar gibt’s das. Ist aber nicht so offiziell, wie bei Euch in Europa. (In dem Augenblick, fand ich interessant, dass er mich zu Europa zählt), sondern die Mädchen gehen auf private Partys und werden dort vermittelt, als würden sie sich dort gerade kennenlernen.“ „Ah, okey“ dachte ichso: „Kann ich eines der Mädchen mal kennenlernen“ Erso: „Klar, ist aber nicht billig“ Ichso: „Neee, nicht so mäßig, ich möchte mit ihr reden. So journalistisch“ Erso, etwas irritiert und etwas beängstigt: „Nee auf keinen Fall.“ Ichso, etwas enttäuscht und ebenso irritiert, dachte mir; mit ihr ins Bett springen, „kein Problem“; mit ihr reden, „auf keinen Fall“. Schon irgendwie komisch aber naja, ichso, natürlich nicht lockerlassend: „Ich will auf eine Party mitkommen“ Erso: „Das können wir machen, aber keine Kamera“ Ichso: „Ja, ja ich weiß, kein Mensch in Algerien mag meine Kamera“ und grinse so. Erso: „Neee, dort sind Leute, die sich eben nicht in so einem Umfeld fotografieren lassen wollen.“ Was soll ich sagen, das war das erste Mal, dass ich Verständnis hatte, mein Fotoapparat unerwünscht ist. Sovonwegen: „Fotoapparate müssen draußen bleiben“ (Aber ich nehme natürlich mein Hääändy mit Wenn wir schon bei Dingen sind, die es nicht gibt, würde ich mich auch gerne mal mit Homosexuellen unterhalten. Ich würde gerne wissen, wie es sich als Homosexueller in einem muslimischen Land leben lässt. Der andereso: „Klar gibt es Homosexuelle in Algerien. Die Männer sind meistens mit Frauen verheiratet und haben Kinder.“ Einen Augenblick, dachte ich… hm, der versteht gerade nicht, was ich meine, bis mir dann klar wurde, dass ein verheirateter Mann mit Kindern natürlich die beste Tarnung ist und die Münder von vielen Lästermäulern sofort stopft. Ichso: „Ich will mit einem von den Sprechen“ Erso: „Mal sehen“. Na dann mal sehen!!! Manche Dinge in Algerien gibt nicht, auch wenn es sie gibt. Andere Dinge gibt es, auch wenn keiner weiß, wo und dann gibt es Dinge, die gibt es auf alle Fälle im Überfluss. Zum einen sind das Muslimisten in muslimistischen Tempeln und Satellitenschüsseln an Häuserwänden.
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In der Moschee von Bus'ada

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Es ist genau 50 Jahren her, da wurde im französischen Evian-les-Bains am 18.03.1962 der Waffenstillstand zwischen Frankreich und Algerien unterzeichnet. Am 19.03.1962 trat er in Kraft und markierte das offizielle Ende eines Krieges, den Frankreich erst 1999 als Krieg anerkannte. Über sieben Jahre dauerte dieser Krieg und war einer der blutigsten und brutalsten Unabhängigkeitskriege auf dem afrikanischen Kontinent. Er kostete mehr als einer halben Millionen Menschen das Leben. von Özgür Uludag „Ich war froh als der Waffenstillstand unterschrieben wurde. Mir war jedoch klar, dass das nicht das Ende, sondern der Anfang eines langen Weges sein würde“, sagt Idir Ben Khider, ein ehemaliger Moudjahidine, wie die Unabhänigkeitskämpfer der FLN, der Front de Libération National, genannt werden. Und er sollte Recht behalten. Noch lange nach der Unterzeichnung des Waffenstillstandsvertrages, dem „Accords d’Évian“, gab es blutige Auseinandersetzungen, Rachefeldzüge und Vergeltungsschläge auf beiden Seiten. Es muss dem damaligen Präsidenten Frankreichs, Charles de Gaulle, klar gewesen sein, dass Algerien, dass bereits 1830 gegen die Osmanen erobert wurde, viel Blut kosten würde, um es halten zu könnten. Bereits im Januar 1960 probten französisch-nationalistische Offiziere in dem als „Barrikadenputsch“ bekannt gewordenen Aufstand gegen den eigenen Staat und mussten später kapitulieren. Am 22. April 1961 putschten vier hochrangigen Generälen und warfen de Gaulle „Verrat“ vor, weil er bereit war Algerien in die Unabhängigkeit zu entlassen. Doch nach dem zweiten Weltkrieg und den verlustreichen Schlachten in Indochina, speziell in Dien-Bien-Phu, war die Strapazierfähigkeit der Armee und der Bevölkerung in Frankreich ausgereizt und viele Kolonien mussten in der Folge bereits in die Unabhängigkeit entlassen werden. Über Jahrhunderte gebaut und in Minuten zerstört Dies sollte jedoch mit Algerien, dass aus der französischen Perspektive eben keine Kolonie darstellte, sondern eine Erweiterung des europäischen Mutterlandes war, nicht passieren. Mehr als ein jahrhundertlang wurden abertausende Araber und Berber vertrieben und das fruchtbare Land an der Küste und in den Bergen den französischen Siedlern zugewiesen. Das sollte mit Beginn der Unabhängigkeitsbestrebung der Algerier sein Ende finden. Viele Generationen kämpften bereits für diese Unabhängigkeit und gegen die Unterdrückung. Auch Ben Khidir wollte dafür kämpfen: „Wir hatten genug von dieser Unterdrückung und wollten uns wehren.“ Der Kabyle hatte miterlebt, wie sein Dorf von Kampfflugzeugen zerstört wurde. „Über Jahrhunderte wurde unser Dorf aufgebaut und dann von den Franzosen innerhalb von wenigen Minuten zerstört.“ Obwohl am Rande von Algier in dem Fischerdorf Rais Hamidou sich in einer unscheinbaren Gasse die damaligen sechs Anführer der FLN versammelten und beschlossen fortan dem militärisch, organisatorisch und finanziell weit überlegenen Gegner gemeinsam entgegenzutreten, waren die Chancen zwar nicht viel aussichtsreicher als zu vor, aber dafür entschlossener und etwas besser organisiert. Hier wurde beschlossen, dass der Kampf zu den Franzosen getragen werden sollte, was bedeutete, dass die Auseinandersetzungen nicht mehr nur auf dem Land, sondern auch in den Städten und vor allem in der Altstadt, der Kasbah, Algiers ausgetragen werden sollte. Den „Pieds-Noirs“ und den „Harkis“ drohte Mord und Totschlag Obwohl die Franzosen militärisch überlegen waren, hatten sie es nicht leicht. Die Französische Siedler wurden Opfer von Anschlägen und Rachefeldzügen des bewaffneten Arm der FLN, der sich ALN (Armée de Libération Nationale) nannte. Viele Franzosen kannten das europäische Frankreich gar nicht. Die „pieds-noirs“ genannten algerischen Franzosen lebten bereits seit Generationen in Algerien und sollten nun das Land, Hof und Häuser wieder den Arabern und Berbern zurückzugeben. Für sie bedeutete es alles aufzugeben und in Frankreich neu anzufangen, denn in Algerien drohte ihnen Mord und Totschlag. Auch den algerischen Helfer in der französischen Armee, den „Harkis“ erging es nicht besser. Sie wurden zunächst von der französischen Armee entwaffnet und sich selber überlassen. Auch ihnen drohte in dem „neuen“ Algerien als Verräter und Kollaborateure der Tod. Viele von ihnen haben versucht sich nach Frankreich durchzuschlagen. Aber die Siedler waren nicht der Hauptgrund, weswegen Algerien ein besonders schmerzvoller Verlust für die Franzosen darstellte. Noch am 20. Mai 1961 hatte de Gaulle versucht am Verhandlungstisch in Evian die Kontrolle über Gebiete in der Sahara zu behalten, weil dort große Rohstoffreserven vermutet wurden. Außerdem gab es dort Testanlagen für die atomare Bewaffnung. Zunächst wurden die Gespräche ohne Ergebnis abgebrochen. Später dann erkannte de Gaulle die Sahara als algerisches Territorium an, konnte dafür aber die Nutzung der Atombombentestanlage ebenso wie einige Marinestützpunkte unter anderem Mers-el-Kebir Frankreich für 5 weitere Jahre sichern. Mehr war für die Franzosen ohne Blutvergießen nicht drin. „die Angelegenheit liegt ein halbes Jahrhundert zurück.“ „Es ist inzwischen ein halbes Jahrhundert her und ich hege kein Groll mehr gegenüber den Franzosen“, sagt Idir Khidir. Der alte Kriegsveteran lebt im Atlas-Gebirgen in der großen Kablyai. „Wir haben andere Probleme, als uns um Angelegenheiten zu kümmern, die ein halbes Jahrhundert zurück liegen.“ Das sehen der französische Präsident Nikolas Sarkozy, der sich im Augenblick im Wahlkampf befindet und die Stimmen der „Pieds-Noirs“ braucht, aber auch der algerische Präsident Abdelaziz Bouteflika, der ohne ein Schuldeingeständnis der Franzosen, sein Gesicht verlieren würde, ganz anders und das wird sich in absehbarer Zeit auch nicht so schnell ändern. Auch 50 Jahre nach dem Waffenstillstandsabkommen bleiben die Fronten verhärtet.

Ein Gedicht, vorgetragen von einem Veteranen

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Langsam wünsche ich mir, dass ich mal ein Tag entspannen kann. Aber heute war das nicht machbar. Dafür hatte ich einfach zu viele Termine. Zunächst war heute Morgen der Minister für Fischerei in unserem Hafen. Erstens… ja es gibt einen Minister für Fischerei und zweitens… ja es ist unser Hafen. „La Plage Ali la Pointe!“ Und ich voll so krass VJ(Videojournalisim)-mäßig unterwegs. Kam der „Chef de la Securite“ auf mich zu. Ichso: Psssst.“ und zeige auf meine Kamera, die gerade aufnimmt. Der Chef de la Securiteso, voll so angepisst, weil ich voll so nicht akkreditiert war. Mirso voll egal. Und das hat nur funktioniert, weil der Bürgermeister von Rais Hamidou Bescheid wusste. Der Minister kam, er sah und ging. Das war’s. Er hörte sich kurz an, was der Bürgermeister von Rais Hamidou so für den Hafen und die Fischerei getan hat. Dafür wurde die Umgebung etwas aufgefrischt. Wände haben ein bisschen Farbe bekommen. Der allgegenwärtige Müll wurde weitestgehend beseitigt und eine Armada von Polizisten wurde vorausgeschickt, damit sie die chronisch verstopften Straßen räumen. Als „le Ministre“ sich dann ein Bild von der Situation vor Ort gemacht hat, machte er sich auch schon auf den Weg. Doch plötzlich wurde er von einem Aktivisten der „Association de Envoirment“ aufgehalten und er wies den Minister daraufhin, dass an vielen Stellen, dass Abwasser der Haushalte ungeklärt ins Meer geleitet wird und so weiter. Der Ministerso: „hmmm. Okey“ stieg in sein Auto und ließ sich davon fahren. Als der Mann der „Association de Envoriment“ in meine Kamera sagte, worum es ging, bildete sich ruck zuck eine Traube um uns. Als ich dann fertig war mit meinen Fragen und ging, musste sich der Mann der „Association de Envoirment“ noch minutenlang rechtfertigen.
Soweit ich es verstanden hatte, fand ich seine Forderungen berechtigt. Doch das schien hier den meisten irgendwie Fremd zu sein. Überhaupt kann man hier nicht gerade sagen, dass man etwas von Umweltschutz versteht. Als ich irgendwann in den letzten Tagen versucht habe, den Leuten hier klar zu machen, dass Sie ihren Kaffee nicht irgendwo kaufen dürfen, weil sie damit Sklaverei unterstützen, haben die mich ausgelacht. Dieso: „Was gehen uns irgendwelche Afrikaner an.“ Ichso: „Der meiste Kaffee kommt aus Süd-Amerika“. Dieso: „Die interessieren uns noch weniger.“ Und lachen mich noch mehr aus. Ich habe gar nicht erst versucht, klar zu machen, dass es auch bei Thunfisch, Schokolade und vielen anderen Produkten ähnlich sei. Hier lassen sie die Autos auch gerne mal stundenlang laufen, weil sie vergessen haben den Motor auszuschalten. Ich dachte er würde gleich weiterfahren und nur kurz etwas aus dem Café holen. Aber nein, er setzt sich hin und bestellt sich ein Kaffee. Ichso: „Digga, der Motor läuft noch“ Erso: „Echt, achso. Okey“ und macht ihn aus.“ Das Bewusstsein für Umweltschutz und der Notwenigkeit sich gesund zu ernähren, geht asymptotisch gegen Null. Wenn sich hier jemand gesund ernährt, dann passiert dass zufällig. Nach meinem Termin an unserem Hafen, bin ich in den Bus gestiegen und wollte zu meinem zweiten Termin in einem Bidonville, was in der Türkei Gecekondu heißt und „Über-Nacht-gebaut“ bedeutet. Der Busfahrer steckt sich entspannt eine Zigarette an und raucht während der Fahrt easy seine Zippe. Ich so, seit ich „Nichtraucher“ bin, voll so irgendwie schockiert. Eine stämmige Frau mit Kopftuchso, sagt irgendwas auf arabisch, sovonwegen: „Ey…Zigarette hier voll so nicht erlaubt undso oder so ähnlich“ der Busfahrerso, auf arabisch antworten. Sovonwegen: „Scheiß auf Dich und Deine Meinung.“ Die Frauso, fängt jetzt erst so richtig an sich zu streiten und die Leute mischen sich mit ein, bis der bekackte Busfahrer seine Zippe, die halb zu Ende geraucht war, aus seinem Fenster schmiss. Also mit der Frau hätte ich mich auch nicht anlegen wollen. Feststeht aber, diese Frau mit Kopftuch wird mal so von überhaupt niemanden unterdrückt. Da kann sich Alice Schwarzer noch die nächsten 50 Jahre die Kehle aus ihrem Hals diskutieren und versuchen gegen das Kopftuch zu kämpfen. Diese Frau im Bus, wird das wohl nicht brauche. Ich finde sowieso, dass diese Schwarzer fundamentalistischer ist als jeder andere Extremist. Aber egal… In dem Bidonville angekommen mache ich mir plötzlich heftig sorgen, ob es wirklich eine gute Idee war hier her zukommen. Schließlich habe ich Equipment dabei, dass mehrere tausend Euro kostet und kein Arsch hier weiß, dass ich derbe der Wong-Fei-Hong Karate-Killer mit einem Messer in der Tasche bin. Die „Hetist“, wie die Jugendlichen, die die Wände festhalten und aufpassen, dass sie nicht umfallen, schauen auch schon neugierig. Wie so Geier die warten bis ihr nächste Mahl verreckt. Die schauen sovonwegen: „Wer ist der Spinner mit der derben Kamera und was wagt der es hier in unsere Viertel zu kommen.“ Und sie haben Recht. Ich hätte es in der Tat nicht gewagt, wenn ich hier nicht jemanden kennen würde, der mich protegiert und auf dessen Schutz ich mich verlassen kann. Ich gebe zu, ich bin naiv und leichtsinnig, aber nicht so doof und planlos. Als ich bei meinem Gast angekommen bin und sehe, wie bescheiden sie mit mehreren Personen in so einer Hütte leben müssen, die ständig nach starken Regenfällen durch herunterstürzende Schlammmassen weggespült werden, habe ich irgendwie ein schlechtes Gewissen. Wie kann ich mir nur ein Objektiv für 2000 Euro kaufen, wie kann ich mir nur Schuhe für fast 100 Euro kaufen, wie kann ich mir nur eine Uhr für 1000 Euro kaufen…. Wie kann ich so viel Geld für so viel Scheiße ausgeben, während Menschen mit 100 Euro im Monat eine Familie ernähren müssen. Das Equipment dass ich in meinem Rucksack mit mir schleppe würde hier eine Familie für 5 Jahre über die Runden bringen. Ich kann es nicht fassen, dass ich so viel Geld ausgebe, um hier herzukommen und mir anzusehen, dass die kein Geld haben. Als hätte ich das nicht alles auch vorher schon gewusst. Ich komme mir mit meinem Scheiß-Equipment vor als wäre ich im Zoo und ich habe nicht mal Eintritt bezahlt. Jedes Foto, dass ich hier mache erzeugt bei mir schlechtes Gewissen, weil ich weiß, dass ich gleich nach Hause fahren werde und mich entspannt in mein drei Zimmer-Appartment legen werde und mir den Wanz voll stopfen werde. Gerechtigkeit ist irgendwie etwas anderes.
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Ich bin selber neugierig, wie lange ich es noch durchhalte und wirklich jeden Tag ein Blog schreibe. Doch so lange ich hier etwas erleben, von dem ich mir denke, dass will ich einfach aufschreiben, so lange schreibe ich es einfach auf. Und auch heute als ich im Café saß, dachte ich mir, dass musst Du nachher aufschreiben. Und jetzt sitze ich mal wieder bis spät in die Nacht und schreibe es auf, denn was ich erlebt habe, kann man eigentlich nicht aufschreiben Man hätte es miterleben müssen. Aber der Reihe nach… Ich habe neulich die Algerien-Reportage von Annkathrin Lammers aus dem ARD-Studio Madrid, dass für den Maghreb zuständig ist, gesehen und dachte mir, wer diese Reportage sieht, der muss denken, dass Algerien ein Gefängnis ist. Passenderweisen heißt die Reportage auch „Gefängnis der Angst“. Irgendwie dachte ich mir; Vielleicht hat sie ja recht. Der Friedenspreisträger und Berlinale Jurymitglied Boualam Sansal ist immerhin Hauptankläger und roter Faden in der Reportage. Zwar kommt auch nur der Ankläger zu Wort und keine Gegenmeinung, was nicht gerade für journalistische Objektivität spricht, aber ich weiß ja, dass es schwierig ist hier jemanden dazu zu bewegen irgendetwas in die Kamera zu sagen und sei es einfach nur „Hallo“. Aber ich dachte mir, wenn ich dann schon mal hier bin, habe ich ja die Chance die Thesen und Aussagen in der Reportage auf Herz und Nieren zu prüfen. (Um die Thesen geht es hier jetzt aber nicht im Einzelenden. Die werde ich irgendwann mal gesondert behandeln) Also dachte ich mir, gehe ich mal in ein Café und zettel eine heftige Diskussion an, weil ich die Erfahrung gemacht habe, das in solchen Café’s im Orient die Diskussionskultur noch sehr viel ausgeprägter ist als bei uns. Also ab ins Café und direkt mit der These eine Blutgrätsche wagen. Ichso, in die Runde: „Euer Land ist ein Gefängnis!!!“ Und die Antwort ließ auch nicht lange auf sich warten: „Was??? Wieee??? Gefängnis?? Wer bist Du???“ Meine Begleitung, die bereits häufiger in die Bresche springen mussteso: „Ah, dass der Besuch von dem Bruder von unserem Abu Jamal. Sein Bonfrere aus Deuschland.“ Ichso: Phu… gerade noch mal gut gegangen. Aber gleich noch mal schnell Öl ins Feuer gießen, bevor die erste Empörung vorüber istso: „…und was ist jetzt mit Euerm Land?“ Die ersten zarghaften Äußerungen werden mir von meiner Begleitung übersetzt: „Nein, ach was“…“wieso Gefängnis?“ Ichso, gleich weiter mit so’ner derbe steilen These: „Naja Eurer Bouteflika ist ein Diktator und ihr seit nicht frei.“ Und alleso im Chor, dass man auch ja niemanden wirklich versteht: „Waas? …gar nicht wahr. …alles westliche Propaganda usw…“ Ichso mit der Narrenfreiheit eines Ausländers, der es nicht besser weiß und ja nur fragt, weil es es wissen will, geschickt provozierend: „Okey,, wenn Eurer Land frei ist, dann darf ich mich hier hinstellen und laut schreien: Bouteflika ist SCHEIßE!!!“ Aber offenbar habe ich den Nerv getroffen. Denn nun fangen die Leute zu diskutieren. Nur leider nicht mit mir. Ich verstehe zwar nur die Hälfte, bzw. eigentlich nur ein Drittel und manchmal auch nur zwei/fünftel oder weniger, auf alle Fälle eben nur ein Bruchteil, von dem, was dort so diskutiert wird und mein Dolmetscher dolmetscht auch nicht mehr, sondern diskutiert mit. Ichso: „äh… hallo… ich bin auch noch da??? …“ Naja… ich bin ja auch gar nicht so wichtig. Ich merke aber es geht offenbar um die These, dass ich sagen können muss, was ich will, was es sich um ein freies Land handelt. Irgendwann kommt man zu dem Schluss, dass es zwar kein freies Land ist, aber es so auch besser ist, weil man sich hier sonst wieder, wie in den neunziger Jahren, selber zerfleischen würde. Dafür braucht man inzwischen nicht mal mehr die Franzosen. Zu der These war auch Sansal in der Reportage von Frau Lammers gekommen, als es im Text hieß, dass man hier nicht die Wahl zwischen Krieg und Frieden hätte, sondern zwischen Krieg und Krieg. … also ich finde diese These steiler als meine vorhin aufgeworfene These. …wenn es um den Irak oder Afghanistan gehen würde… dann würde ich vermutlich nicht widersprechen, aber ob das für Algerien auch so gültig ist…. da habe ich irgendwie meine Zweifel. Meines Erachtens geht es hier nicht um Krieg sondern um Terror, was natürlich irgendwie nicht viel besser ist, aber dennoch ein Unterschied ist, weil der Grad der Zerstörung, wie beispielsweise in Bosnien in einem Krieg erheblich höher ist. Was hier passiert, bzw. passiert ist, ist dass viele verschiedene Gruppen gegen andere Gruppen oder den Staat kämpfen indem sie über viele Jahrzehnte Anschläge verüben und damit ein ganzes Land terrorisieren und in Angst und Schrecken versetzt. Soweit stimmt der Titel der Reportage eigentlich, aber ob es sich dabei auch um ein „Freiluft Gefängnis“ (Zitat: Sansal) handelt? Auf jeden Fall haben die Machthaber von Houari Boumedienne bis Abdelaziz Bouteflika mit harter Hand versucht das Land zu befrieden in dem sie es bekriegen. So zumindest war am Ende der Diskussion der Konsens. „Wir brauchen diese harte Hand. Mit Freiheit und Demokratie können wir nichts anfangen. Das führt hier nur zu Krieg. Was sollen wir mit einer Demokratie, wenn sie uns nur Krieg bringt. Dann lieber Diktatur, aber dafür Frieden. Das ist besser so.“ Das wiederum ist eine steile Thesen von den Leuten im Café und klingt im ersten Augenblick etwas masochistisch. Aber vielleicht haben sie nicht ganz unrecht, wenn man sich nun die Entwicklung in Tunesien wo die islamistische Ennahda-Bewegung die Wahlen gewonnen hat, oder in Ägypten, wo das Militär noch an den Schaltstellen des Staates sitzen und die Bevölkerung die Muslim Bruderschaft gewählt hat und das Land jetzt vor einer Zerreißprobe steht, vor der Algerien schon vor Jahren stand und zerrissen wurde. Vor diesem Hintergrund ist die Frage, ob man lieber Demokratie haben will oder nicht, gar nicht mehr so einfach zu beantworten. Auf jeden Fall kennt mich jetzt jeder in Rais Hamidou. Ich bin der verrückte mit der Kamera und den steilen Thesen. Jetzt wollen mir alle beweisen, das ihr Land frei ist, schön und gastfreundlich ist. Was ich zwar nie bezweifelt habe, aber jetzt ein Problem für mich ist, weil jeder mich einladen will und das mit schrecklich süßem Gebäck und Pfefferminztee. Dabei hatte ich mir vorgenommen etwas abzunehmen…
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Es gibt viele Dinge, die ich beherrsche. Einige Dinge von denen ich glaube sie zu können und dann wiederum gibt es Dinge, von denen ich weiß, dass wird niemals meine Stärke werden. Darunter gehört sicher die Geduld. Ich kann es nicht lassen 10 Dinge gleichzeitig zu planen, zu wollen und dann auch zu machen, und zwar sofort!!! Das Problem dem ich dann manchmal gegenüberstehe ist, dass es auf Biegen und Brechen nicht klappt und ich aber will, dass es klappt und ich ungeduldig werde, weil ich will das es klappt usw. Ich werde dann manchmal unheimlich verbissen!!!. Das hat bisher leider häufig gut funktioniert und ich habe damit viele Dinge gleichzeitig machen können, verlorene Zeit aufgeholt und viel Erreicht. Leider!!! Das ist ein Mechanismus der bei mir eben oft funktioniert hat. Eigenartig ist dabei, dass ich dann in meiner Verbissenheit sehr geduldig bin. Man könnte auch sagen ich sei stur! Es hat mich aber bisher häufig weiter gebracht… immer nach dem Prinzip niemals aufgeben!!! Wenn ich es jetzt aber mit algerischen Behörden zu tun habe, dann habe ich es nun mit einem System zu tun, der mindestens so stur ist wie ich, denn ich warte schon seit Tagen auf die Gelegenheit meine Drehgenehmigung zu erwirken. Das System weiß jedoch nichts von seiner Sturheit und kann nicht daran arbeiten. Im Gegensatz zu mir. Außerdem geht so was nicht mal in Deutschland schnell, was mir aber scheißegal ist!!! Ich will meine Drehgenehmigung, sonst gehe ich los und Drehe einfach!!! Und wenn das wie eine Drohung klingt… Ja es ist eine. Ich hole meine berühmt gewordene Kalaschnikow Marke Canon 60D mit meinem 70-200mm 2,8 IS USM Objektiv raus und dann heißt es „…seit 5:45 wird jetzt zurückgedreht“…. Aahhhh…. Okey ganz ruhig bleiben… tief Luft holen, auf einen Berg steigen, entspannen und die Ruhe genießen. Auf diesen verwegen Gedanken bin ich gekommen, weil mir der Ratschlag einer sehr guten Freundin einfiel, die da meinte: „Lieber Özgür, Guck Dir die Welt nicht nur durch die Kamera an.“ (Danke an der Stelle für den Ratschlag) Also rauf auf den Hügel und die Zeit genießen. (Ich gebe zu ganz ohne Foto konnte ich dann nicht, aber nach diesem Selbstporträt habe ich die Kamera ausgeschaltet und mich mehrere Stunden entspannt und mir Gedanken gemacht) Das dumme nur ist, dass mich die Gedanke auch nicht glücklich machen. Im Gegenteil. Mir geht’s irgendwie schlecht. Ich kann es kaum ertragen mal nichts zu tun und einfach nur auf das Meer zu schauen. Ich bin jetzt seit 12 Tagen hier und habe, dass, was ich machen wollte noch nicht machen können, was mich eben sehr ungeduldig und unruhig macht. Nun heißt es warten… und dieses Warten macht mich wahnsinnig. Es geht nicht darum, zwei oder drei Stunden auf irgendetwas zu warte. Das sitze ich locker auf einer Arschbacke ab. Ich war ja Taxifahrer. Ich habe also professionell gewartet. Aber dieses tagelange Warten, ist nicht meine Stärke. Und stundenlanges nichts tun auch nicht. Ich muss immer etwas tun. Und sei es, wie auf den Berg, dass ich aus lauter Langweile angefangen habe, Steine zu sortieren. Das klingt voll krank, aber es war der armselige Versuch, die Langeweile zu ertragen. Ich empfehle jedem den selbst versuch. Setzen sie sich mal an einen See und machen stundenlang Nichts!!! Also ich kann das nicht. Dabei ist Geduld eine Tugend, die man im Orient im allgemeinen haben sollte. Und nun kenne ich die Art der Arbeit hier ja aus der Türkei und ist mir daher prinzipiell nicht Fremd. Und es gibt Momente in denen ich für Augenblicke sehr Geduldig bin. Das funktioniert auch für ein paar Minuten, Stunden aber eben nicht für Tage. Da werde ich nervös und ungeduldig. Als ich mein Blick aber etwas abwende, sehe ich drüben ein Bidonville und denke mir, wenn die von meiner Ungeduld wüssten, würden die mich vermutlich auslachen. Was für Probleme man sich machen und einreden kann. Als gäbe es nichts schlimmeres als mal nichts zu tun. Ist alles schon irgendwie krank und nicht normal. So habe ich an diesem Tag mal nichts gemacht als zu warten… nachzudenken…entspannen…. Am Ende des Tages hat es auch funktioniert. Es war diese gefühlte unendliche Weite, die mich verrückt gemacht hat. Da oben auf dem Berg. Von da oben, kann man wahrscheinlich kilometerweit auf das Meer sehen und man kann keine Details erkennen. Während unten an „unserem“ Hafen es trotz des unruhigen Wellengangs sehr viel Entspannter ist, als da oben auf dem Berg. Hier kann ich die einzelnen Wellen sehen und beobachten, wie sie sich sammeln, auftürmen und brechen. Das entspannt mich. Das Nichts tun, macht mich wahnsinnig. Ich muss etwas tun. Und sei es nur den Wellen beim brechen zu zuschauen. Was für eine unterschätze hohe Kunst es doch ist, Nichts zu tun und dabei auch noch entspannen zu können. Manchmal beneide ich Leute, die das können.
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Ich war schon auf den heftigsten Partys. Drogenpartys, Privatpartys, Großveranstaltungen, VIP-Partys, Sylvesterpartys oder einfach nur Geburtstagspartys. Aber die heutige Party wird mir ewig in Erinnerung bleiben, weil es eine Party an einem besondererm Ort ist mit besonderen Menschen war. Ich bin in der Kabylei. Hoch oben im Atlasgebirge. Der wohl unbekannte Teil Algeriens. Die grüne von Bergen und Tälern zerklüftete Landschaft ist seit jeher eine unruhige Gegend mit einem kämpferischen Volk. Es sind keine Araber, sondern Berber die hier leben. Besser gesagt. Es handelt sich um Kabylen vom Volk der Amazir. Auch die Tuareg sind Amazir. Die leben aber in der Wüste, während die Kabylen in den Berge leben. Der Blick auf den Gebirgszug Gurgura mit seinen Schneebedeckten Gipfeln erinnert mich sehr an die Alpen. Überhaupt erinnert mich die Kabylei sehr an Österreich oder die Schweiz. Manchmal ist es schwer zu glauben, dass man sich in Algerien befindet. Die neue Autobahn, die von Tunesien bis Marroko hier durchführt, erweckt auch den Eindruck, als wäre man in Europa. Das einzige, was etwas irritiert, sind die Wachtürme, die auf fast jedem wichtigen Hügel in der Gegenstehen. Schon wenn man der Kabylei näher kommt, vermitteln diese Türme den Eindruck, dass es hier selten friedlich zugeht. Es gibt in ganz Algerien Straßenkontrollen, aber die in der Kabylei sind besonders stark befestigt. Wachtürme, Straßenkrallen und Betontonnen, die im Slalom umfahren werden müssen, machen klar; dies ist ein Gebiet in dem immer noch der Ausnahmezustand herscht. Es herscht eine trügerische idyle, ähnlich wie 1991 in Bosnien. Auch Bosnien ist ein von Bergen und Tälern geprägte Landschaft, mit gastfreudlichen Menschen. Bis der Krieg ausbrach. Da war es dann vorbei mit der Idyle. Zumindest aus menschlicher Sicht. Die Natur blieb natürlich Idylisch. Das ist manchmal seltsam. Die Vögel hören ja nicht auf zu zwitschern und das Wasser hört nicht auf zu plätschern und die Blumen hören nicht auf ihre Blüten zu zeigen, nur weil 10 meter weiter 30 Menschen auf übelsteweise massakriert werden. Die Kabylei war schon während der „Kolonialherschaft“ der Franzosen -dass hören die Franzosen sicher nicht so gerne, den für sie war Algerien nie eine Kolonie, sondern Mutterland- ein stetiger Herd der Unruhe und ein schwer zu kontrolierendes Gebiet. Die lange Tradition der Kämpfe in der Kablyei lässt sich auch in der Stadtarchitekur ablesen. Während in Österreich und Bosnien oder anderswo die Dorfer im wesentlich fruchtbareren Tal angesiedelt sind, wurden die Dörfer hier seit je her auf die Berg- und Hügelrücken gebaut. Von dort oben, ließ sich eine Dorf sehr viel besser verteidigen als im Tal. Ich hatte mich schon lange auf meinen Aufenthalt in der Kabylei gefreut. Die Menschen hier sind sehr Gastfreundlich. Um nicht zu sagen übertrieben Gastfreundlich. Und eigentlich ist es für mich nicht der richtige Zeitpunkt hier herzukommen, denn ich bin auf Diät. Seit Dezember habe ich sagenhafte 13 Kilo abgenommen. Doch seit ich nicht mehr rauche (Inzwischen schon 13 Tage nicht mehr) habe ich Angst nun heftig zu zunehmen. Und die Gefahr ist in der Kabylei höher als einem Terroranschlag zu Opfer zu fallen. Denn jede Familie, die hier Besucht wird, möchte einem mit fertig stehendem Gebäck begrüßen. Als hätte sich die gesamte Kabylei abgesproche. Sovonwegen: Achtung, Achtung. Heute kommt Özgür vorbei, haltet alle süßes Gebäck bereit.“ Ich verstehe es nicht. Die können, doch nicht jeden Tag frisches Gebäck, Kuchen, Leckereien bereit halten. Dieses mal bin ich jedoch schlauer als letztes Mal. Vor drei Jahren, habe ich bei der ersten Familie gleich reingehauen. Der Trick ist es jedoch überall nur ein bisschen zu essen. Dann schafft man auch ein halbe duzend Familien zu besuchen ohne bei den letzten zu besuchenden Familien ablehen zu müssen, was eine echte Beleidigung ist. Sovonwegen: Aha, bei den Nachbar hast Du aber was gegessen und bei uns nicht??? Haben die besseres Essen???“ Ichso: „Nein, nein, aber…“ Nachdem ich zwar überall nur wenig, am Ende der Familientour aber trotzdem viel gegessen haben, habe ich beschloßen auf den nächsten Berg zu steigen. Die Leute in der Familieso: „Waaas? Neee, das geht nicht.“ Ichso: „Was? Wieso nicht?“ Die Leute in der Familieso: „Da ist noch niemand raufgestiegen.“ Und diesen Satz kenne ich aus der Türkei. Denn in Amasya, da wo meine Eltern herkommen, gibt es auch so einen Berg. Und ich wollte da immer hochsteigen und wurde mit den Worten aufgehalten, da ist noch nie jemand hochgestiegen. Diesen Sommer habe ich jedoch von einer Freundin gelernt, dass das kein Grund ist, da nicht raufzusteigen. Also los geht’s. Die Leute in der Familieso: „Neee, das ist hier nicht sicher. Da könnten Terroristen sein.“ Ichso: „Aha. Ich dachte, da ist noch nie jemand hochgestiegen???… So ihr müsst mich schon hier festketten, wenn ihr mich aufhalten wollt. So ich gehe jetzt und nehme mein Handy mit, falls was sein sollte, rufe ich an.“ Und weg war ich. Das grundlose wandern hat etwas befreiendes, von dem ich nichts wusste. Und ganz grundlos ist es dann doch wieder nicht, weil man in der Regel mit einem wunderschönen Ausblick belohnt wird. Nachdem ich den halben Tag auf dem Berg verbracht habe, waren ich und der Berg Freunde geworden. Ich wusste nur wer er war und er wusste nun wer ich war. Nachdem ich nun also den Berg als neuen Freund gewonnen hatte, galt es neue Freundschaften im Dorf zu schließen. Als ich gerade ankam, waren die Vorbereitungen für den bevorstehenden Abend schon im vollen Gange. Im Haus von Derrji haben sich heute nämlich 12 Freunde zu einem Saufgelage in der Kabylei versammelt. Keiner Jünger als 50 Jahre alt. Sie habe schon manches im Leben erlebt und ihre Biografien könnten nicht unterschiedlicher sein. Kabylen und Araber, Ärzte und Anwälte zwischen Bauern und Bauarbeitern und Künstlern und Musikern. Die Musiker des Abends haben ihre Instrumente mitgebracht. Eine Darbuka, eine Gitarre und eine Saz artige Gitarre. Ich wurde Zeuge eines 3 Stündigen privat Kotnzertes. (Profis und nicht Hobbymusiker) Die wärme und Freude dieser 12 Männer war unbeschreiblich. Sie lachten und scherzten, als wären sie noch Kinder. Und gewissermaßen waren sie es auch noch geblieben. Für kurze Augenblicke konnte ich die Kinder hinter den Gesichern mit tiefen Falten und grauen Harren sehen. Während bei uns die Männer in dem Alter in den Kegelklub gehen oder Skat spielen, versammeln diese 12 Männer sich ein mal im Monat und Trinken und Singen und erzählen sich Geschichten. Bisher habe ich es nicht als schlimm empfunden kaum Arabisch zu verstehen. Aber in den Gesichtern dieser 12 Männer habe ich die Gelassenheit gesehen, die ich selber gerne manchmal hätte. Sie haben in diesen 3 Stunden an nichts anderes Gedacht, als gerade hier zu sein. Ganz gleich, was sie im Leben noch so plagt, hier waren die Sorgen und der Kummer ausgesperrt, als hinge draußen vor dem Tor ein Schild mit der Aufschrift: „Sorgen und Kummer müssen heute leider draußen bleiben“ Eigentlich musste ich nicht viel verstehen, denn was ich gesehen habe, habe ich verstanden. Es ist scheißegal wo man sich wann befindet und welche Musik gerade läuft. Wenn man seine Freunde dabei hat, kann eine Scheune, die geilste Partylokation sein, die es auf diesem Planeten gibt.

Altherren Musiker in der Kabylei

Derweil sitze ich um 04:08 Uhr hier auf dem Hof, höre die Hunde in der Ferne bellen, spüre den lauwarmen Wind der mal etwas heftiger, mal ganz sanft über den Hof weht und schreibe diesen Blog, der erst Morgen Online gehen wird, weil es hier natürlich kein Internet gibt. Aber wer das Foto sieht, der versteht vielleicht, dass es sehr viel Spaß macht diesen Blog zu schreiben und Erlebnisse festzuhalten. Manchmal ist es eben die Romantik die mich antreibt.
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   Stolz sind sie, die Kabylen und sie bestehen darauf, dass sie nicht als Araber identifiziert werden. Denn dieser Fehler passiert oft den Europäern, so sagen sie es mir. Häufig heißt es da wohl: „Aus Algerien… Ah ein Araber.“ Nein, eben genau nicht. Es ist ein eigenes Volk, mit einer eigenen Kultur, mit einer eigenen Sprache, mit einer eigenen Schrift und einer eigenen Traditionen. Viele Künstler in Algerien kommen zufällig aus der Kabylei. Nicht nur das haben sie mit den Kurden in der Türkei gemeinsam, sondern auch den Anspruch auf Autonomie. Schließlich haben sie an der Seite der FLN (Front de Liberation National) gegen die Franzosen gekämpft und nach 1962 von den Mitgliedern der FLN versprochen bekommen, dass sie Autonomie erhalten würden. Auch das haben sie mit den Kurden gemeinsam. Auch den Kurden wurde von Atatürk versprochen, dass sie Autonomie erhalten würden, wenn die Kolonialmächte erst mal besiegt sind. Aber….Pustekuchen!!! Es mag an der Bergregion liegen oder an der Unterdrückung, der sie jahrzehntelang ausgesetzt waren. So oder so, sie sind sich ihrer Kultur bewusst und bestehen darauf, dass der Unterschied zwischen Kabylen und Arabern gemacht wird. Allerdings empfinden sich die Kabylen, die ich getroffen habe auch durchaus als Algerier. Das wieder unterscheidet sie von den Kurden in der Türkei, die teilweisen separatistischen Bestrebungen verfolgen. Von Kabylen habe ich bisher noch nicht gehört, dass man einen eigenen Staat gründen will. Auch wenn es eine Bewegung für die Autonomie der Kabylei (MAK) gibt, die vom Volkssänger Ferhat Mehenni geführt wird und in Frankreich eine Exilregierung gegründet hat, haben ich niemanden getroffen, der diese Bestrebungen unterstützen würde. Ich wüsste auch nicht, was das bringen soll. Ich stelle mir vor, dass irgendein Algerischer Präsident verrückt genug wäre, um den Kabylen Autonomie zu gewähren. Dann wäre die Kabylei eine autonomer Inselstaat innerhalb der Staatsgrenzen Algeriens. Wenn Algerien die Grenzen dann schließen würde… Es gibt in dem Fall ja keinen anderen Nachbarstaat… Naja, egal.. wird ohnehin nicht passieren. Aber man kann ja einfach mal eine Exil-Regierung gründen. Tut ja niemanden weh. Wenn ich zurück bin, werde ich auch Autonomie beantragen. Freie Republik „Kurze Straße“ mit der Exil-Regierung in…. Keine Ahnung. Das muss ich mir noch überlegen. (Vorschläge werden gerne entgegengenommen) Auf jeden Fall war der letzte richtig große Aufstand in der Kabylei im April 2001. Der Tot des 18 jährigen Massinissa Guermah war der Grund für Unruhen, die 128 weitern Jugendlichen das Leben kosteten. Massinissa, war auf einer Polizeistation von einem Polizisten erschossen worden. Es gibt außer den Auseinandersetzungen, aber auch Gemeinsamkeiten mit den Arabern. wie zum Beispiel die Religion. Allerdings gehen die Kabylen mit ihren Frauen hier etwas anders um, als die Araber. Die kabylischen Frauen, die ich persönlich als sehr hübsch empfinde sind sehr selbstbewusst und lassen sich nicht von ihren Männern unterdrücken. Das scheint den Kabylen in den Genen zu liegen. Als die Franzosen 1830 an der Küste von Sidi Feruj in der unmittelbaren Nähe von Algier landeten, kam in der Kabylei eine Freiheitskämpferin zur Welt, die an zahllosen Schlachten und Kämpfen gegen die verhassten Franzosen beteiligt war. Fatma Summer war gemeinsam mit Bou Baghla, einer der Kämpfer von Anführer der Araber im Maghreb Abelkader. Es ist wohl die einzige Frau aus der Zeit, die es bis in Facebook-Zeitalter geschafft hat. Aber auch die Frauen heute sind sehr selbstbewusst. Ob jung oder alt. Das ist den Arabern in Algerien irgendwie suspekt. Die Geschichte der Kabylen geht weit zurück bis zu den Phönizier. Seither leben die Kabylen in dieser Region und an der Küste. Also lange bevor die Araber im 10. Jahrhundert den Maghreb eroberten und Islamisierten, lebten die Berber und darunter waren eben auch die Kabylen bereits seit Jahrhunderten hier und wussten nicht mal, dass es überhaupt Araber gibt. Jetzt versuchen die Araber die Kabylen davon zu überzeugen, dass sie Araber sein. So soll erste Algerische Präsident Ben Bella wiederholt gesagt haben: „Wir sind Araber, wir sind Araber, wir sind Araber.“ Wahrscheinlich dachte er sich, dass wenn er das oft genug wiederholt, es vielleicht wahr werden könnte. Im Prinzip haben die Araber mit den Kabylen oder den Berbern im Allgemeinen dasselbe gemacht, was die Franzosen versucht haben. Nämlich einfach ihr Land besetzt und gesagt: „Das gehört jetzt uns“ Die Franzosen waren allerdings nicht lange genug im Land, damit es auch jeder glauben konnte. Überhaupt ist Frankreich, die Kolonialzeit und die Unabhängigkeit permanent Thema hier. Teilweise kann man das auch verstehen, den die Unabhängigkeit von Frankreich ist ja erst 50 Jahre her und war eine traumatisches Erlebnis. So ähnlich wie vielleicht für die Deutschen die Wiedervereinigung. Irgendwie redet man von Wiedervereinigung und während man noch darüber redet separiert man eigentlich. Eine echte „Wiedervereinigung“ wird erst dann abgeschlossen sein, wenn keiner mehr von „Wiedervereinigung“ redet. So ist’s auch mit der Integration. Aber es sind nicht nur die Deutschen, die nichts von Integration verstehen. Weder die Türken haben es geschafft die Kurden zu integrieren, noch die Algerier die Kabylen. Aber es gibt viele solcher Beispiele, wo die Bevölkerungsmehrheit die Minderheit nicht integriert. Dort heißt dieser Prozess nur eben nicht Integration, meint aber irgendwie dasselbe. Am einfachsten ist es sich weder von den Einen noch von den Anderen vereinnahmen zu lassen. So ist zum Beispiel Zinedine Zidane zwar ein Kabyle, aber er fühlt sich offenbar weder als Algerier noch als Kabyle sondern eben als Franzose. Für mich würde das bedeuten, dass ich weder Türke, noch Deutscher, sondern Schwede bin.
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 Noch bevor in Tunesien die Arabelion ihren Anfang nahm, gab es im Januar 2011 Aufstände in Algerien, weil die Preise für die Grundnahrungsmittel in die Höhe stiegen und das muss für die Algerier wirklich besonders schlimm gewesen sein.

Ausschreitungen in Algerien

Dies wurde mir erst klar, seitdem ich hier bin. Denn seitdem ich hier bin, wurde mir keine Frage häufiger gestellt als: „Hast Du Hunger?“ Essen, essen und wieder essen. Ich kann nicht mehr. Dabei habe ich, bevor ich hier hergekommen war spektakuläre 13 Kilo abgenommen. Und nun scheint es mir, als würde ich Jeden Tag 2 Kilo zunehmen, weil ich ständig gezwungen werde zu Essen. Nein, es ist wirklich so. Ich werde gezwungen. Es ist furchtbar, weil keiner zu verstehen scheint, dass es keine Beleidigung ist, nichts essen zu wollen. Jetzt „muss“ ich, morgens kräftig frühstücken, mittags satt Essen und abends natürlich königliches Menü in mich stopfen. Und natürlich zwischendurch zum Kaffee sündhaft süßes Gebäck. Dagegen ist unser Türkisches Baklava etwas für Diabetiker. Inzwischen bin ich soweit, dass ich begonnen habe mich zu wehren. Ichso, total entschlossen: „NEIN“. Dieso: „Oh, nur ein mal probieren“. Ichso: „Nein, echt nicht“ Dieso, schon etwas beleidigt: „Wieso, probiere doch mal nur ein kleines Stück. Das schmeckt echt super.“ Ichso: „Das glaube ich auch sofort und es sieht aus super lecker aus, aber ich habe schon voll viel zugenommen und mache Diät.“ Dieso: „Diä… was? Wenn Du es nicht probiert hast, dann kannst Du doch nicht wissen, wie es schmeckt. Außerdem… wenn Du zugenommen hast, ist das doch super!!! Ichso: „Nein. Das ist kein Kompliment. Ich will abnehmen, weniger wiegen undso.“ Dieso: „Wieso?“ Ichso: „Ey, meine Hosen passen mir bald nicht mehr.“ Dieso: „Dann kaufst Du Dir neue.“ Ichso: „Nein ey…. Ich will mir keine neue Hose kaufen und ich will nicht mehr soviel fressen.“ Und kaum habe ich das gesagt, habe ich auch schon eine weiter Kelle Suppe auf meinem Teller. Ichso: „Nein, wirklich. Ich werde nicht mehr weiter essen, nur weil ihr ständig meinen Teller auffüllt. Sorry. Tut mir Leid.“ Dieso, total beleidigten Gesicht: „Okey, muss Du wissen. Aber nicht das man dann in Deutschland sagt, Du hättest hier nichts zu essen bekommen.“ Ichso: „Nein, versprochen, (Auch wenn jetzt Millionen über mein Blog mitbekommen, dass ich mit Essen gequält werde…) dass wird dort keiner in Deutschland sagen. Versprochen.“ Als wenn es dann zu bilateralen Konflikten kommen würde. Sovonwegen: Ichso zu Merkel: „Ey die haben mir nichts zu essen gegeben.“ Und Merkelso: „Was für eine Frechheit. Dann verhängen wir jetzt Sanktionen.“ Aber eins muss man sagen. Das Essen ist frisch und lecker. Wenn es mit einer Sache hier mal so gar kein Problem gibt, dann ist das „Bio“. Alles ist hier Bio. Auch wenn keiner auch nur ein blassen Schimmer davon hat, was Bio eigentlich sein los. Und jetzt erkläre mal einem Algerier mit gebrochen Französisch, was eigentlich Bio ist. Ichso, etwas irritiert und selber nicht genau wissend, was jetzt eigentlich Bio sein soll: „Na Bio ist halt so…. ohne Zusätze und eben natürlich. So Biologisch eben.“ Dieso: „Ja, wozu auch Zusätze“ Ichso: „Na wegen Insekten unsoweida.“ Dieso: „Ja ja hier ist alles Bio“ und das glaube ich auch sofort. Aber dafür ist’s nicht hygienisch. Aber man kann eben nicht alles haben. Auf einem Markt in Bijaja in der kleinen Kabylei, gab es zum Beispiel frisches glückliches Huhn auf dem Markt. Naja ob es wirklich so glücklich war, kann ich nach dem was ich gesehen habe nicht mehr sagen, aber wahrscheinlich war es irgendwann einmal glücklich. Zumindest bis zu diesem Tag. Hand geschnittenes Hühner Massaker und von Maschinen gerupft. Das sah auf den ersten Blick derbe brutal aus, doch wahrscheinlich geht es jedem Mc Donald Chicken Mc Nugget tausend Mal schlimmer. Trotzdem kein Ort für Tierliebhaber, die hier wahrscheinlich gleich mit den Tieren mitgeschlachtet werden. Auf jeden Fall kann man hier der Ziege, dem Schaf oder dem Huhn noch einmal tief in die Augen schauen, bevor man es zum Verzehr mit nach Hause nimmt. Aber eins steht mit definitiver Sicherheit fest. Das Obst hier ist die Macht. Die können gar nicht verstehen, warum ich hier Kistenweise Tomaten so weg haue. Tomaten… Echte Tomaten… Wahnsinn… Ich komme mir vor, als würde ich auf der ISS Leben und nur Astronauten Futter bzw. Astronauten Tomaten essen und dann und wann eine Tomate in die Hand bekommen. Aber so ist’s. Die Tomaten hier schmecken nach Tomaten. Okey sie sehen manchmal nicht wie Tomaten aus. Aber ey…Scheißegal…die schmecken sowasvon nach Tomaten, wie keine Tomate in Deutschland die ich je angefasst habe. Wenn es diese EU-Schutzzölle zum „Schutz“ der „Binnen“ Landwirtschaft in Europa nicht gäbe, dann würden man mit Algerischen „Echten“ Tomaten den Europäischen Markt überschwemmen können. Was aber noch schlimmer ist, als die Tatsache, dass keiner Tomaten aus dem Maghreb importieren bzw. nach Europa exportieren darf, ist, dass die Europäer Ihre beschissenen Scheiß Tomaten, die nicht mal nach Tomaten schmecken auch noch nach Afrika verschiffen. Als wenn es nicht reichen würden, das wir diese Scheiße essen müssen, dürfen die Afrikaner jetzt auch noch unsere Tomaten fressen, die nicht nach Tomaten schmecken, aber trotz der Transportkosten -von dem CO²-Gepäck mal abgesehen- billiger sind als die Tomaten vor Ort, die aber tausend mal besser schmecken würden. Es lebe die afrikanische Tomate. Naja… jetzt esse ich zwar Bio aber dafür nehme ich zu. Am Ende werde ich aber sagen können. Okey ich bin dicker geworden aber Bio-Digga!!!
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   Ich hatte ja schon vor einigen Tagen geplant hier mal um die Blöcke zu ziehen und heute war es so weit. Das Ziel: “Triangel“. Ein Club in Algier-centre-ville. Ich hatte keine Ahnung, was mich erwartet. Mir wurde nur erzählt das AFN etwas besonderes sei und wenn ich Prostituierte kennenlernen will, der richtige Ort sei. Und genau so war es. Es müssen etwa 80 Prozent Prostituierte in dem Club gewesen sein. Leicht zu erkennen, an den High-like-hell-heels und der billigen Kleidung, die sie an hatten. Über ihr Aussehen will und mag ich nicht so recht urteilen, weil ja niemand etwas dafür kann, wie er aussieht und es immer auch Geschmackssache ist, aber ich hätte ja gedacht, dass in so einem Metier das Aussehen irgendwie eine Rolle spielt. Vielleicht leiden hier die Männer aber auch an Geschmacksverirrungen oder haben einfach einen anderen Geschmack… Ich habe keine Ahnung. Aber von den 80 Prozent Prostituierten hatten etwa 95 Prozent vom Essen deformierte Körper, die in viel zu enge Kleidung gezwängt wurde, die zur Umgebung passend noch aus den 80er Jahren des letzten Jahrtausend stammen und ob der enge, jeden Augenblick, wie ein Bombengürtel zu explodieren drohte. Der Laden selber war, wie gesagt, ein Überbleibsel aus den 80er Jahren. Aufgeteilt in drei Bereiche. Den orientalischen Salon, die House Tanzfläche und Jazz-Chillout Room. Der orientalische Salon sah aus, wie es auch in Ägypten, Tunesien Marokko oder sonst irgendwo aussieht. Eine Bühne auf der irgendsoein Schwuler Sänger in ein elektrisch verzerrtes Mikrofon im Wau-wau Stile singt. So dass man seine Stimme gar nicht mehr erkennen kann. Abgesehen davon, dass ich ohnehin kein Wort verstanden habe, war die Verzerrung so stark, dass er auch aus dem Telefonbuch lesen hätte könne. Ich glaube, dass hätte keinen Unterschied gemacht. Im dem Raum wo House gespielt wurde, waren an den Wänden Discokugelverspiegelungen und um die Tanzfläche die Tische, die gemietet werden müssen, ähnlich wie im Orientraum. Man kommt also nicht rein, setzt sich an einen Tisch und bestellt etwas, sondern man bestellt einen Tisch auf dem bereits eine Flasche Cola, Wasser und ein Obstsalat steht. Ja tatsächlich ein Obstsalat. Ich dachte auch ich guck nicht richtig. Als ich hörte, dass es da auch ein Jazz Raum geben würde, dachte ich mir, dass ich dort in jedem Fall gute Musik hören würde. Doch es war ein One-Men-Synthesizer-Jazz-Band, die sich als Karraokeshow entpuppte. Nix mit Jazz. Kein Bosanova, kein Swing oder Raggetime oder sonst irgendwie geartete Jazz Musik, die den Namen „Jazz“ verdient hätte. Aber okey. Ich hatte meine Erwartung ohnehin asymptotisch gegen Null abgesenkt. Zu Recht, wie sich jetzt raus stellte. Der Abend ging relativ spät erst richtig los. Gegen 01:00 trudelten die ersten Gäste ein und gegen 02:00 war der Lande relativ voll und ab 03:00 war er wirklich brechend voll. Erstaunlich bei einem Eintrittspreis von 15 Euro und einem Getränkepreis von 4 Euro und einem Tischpreis von weiteren 15 Euro. Dazu muss man wissen, dass der Durchschnittslohn hier vielleicht bei 400-600 Euro liegt. An so einem Abend 40-50 Euro liegen zu lassen, können sich wirklich nur die Reichen leisten. Oder Ausländer. Tatsächlich die ersten Ausländer, die ich hier gesehenen habe. Einer der Stammgäste war ein Chinese aus der Nähe von Bejing. Er war eigentlich nur hier um ein Mädchen mitzunehmen. Normalerweise kostet die Nacht (die ganze Nacht) etwa 80 Euro. Wenn man keine Wohnung im eigentlichem Sinne hat –Also wenn die Frau zu Hause wartet- dann sind noch mal 50 Euro für ein Hotelzimmer fällig. Allerdings kommt man nicht rein und sagt: „Hey, Du! Wie viel?“ Sondern man verbringt den Abend gemeinsam im Club, tanzt, unterhält sich und trinkt etwas. Sei es Bier, Schnaps oder Whisky. (Für ein Islamisches Land relativ ungewöhnlich, aber das gibt’s hier fast überall) Und erst später geht man gemeinsam los. Für Wen, den Chinesen, dauerte das alles zu lange dieses Mal, er war schon ziemlich Müde. Er arbeitet als Bauingenieur, wie viele Chinesen in Algerien und hatte eine anstrengende Woche hinter sich. Ich war aber noch nicht Müde, extrem neugierig und wollte mich unbedingt mit einem der Mädchen unterhalten, was aber schwierig wurde, weil die Meisten am späten Abend bereits „besetzt“ waren. Ich dachte mir was soll’s und habe meinen Abend im House-Room verbracht, also ich dort von eine Mädchen, dass mit einer Gruppe von Freunden da ein Tisch gemietet hatte, eingeladen wurde, mich an deren Tisch zu setzen. Zu nächst war ich relativ skeptisch, aber das Mädchen und ihre Freundin sahen gar nicht wie Araber aus. Sehr Modern und extrem freizügig. Sowohl in ihrer Kleidung als auch ihrem Verhalten den Jungs gegenüber. Sie will mich offenbar ansprechen und ichso, im ersten Augenblick, dachteso, sie würde mich wahrscheinlich auf Französisch ansprechen. Was ich aber auf gar keinen Fall erwartet hätte, war, dass dieses hübsche Mädchen mit europäischen Gesichtszügen plötzlich mit einem arabischen Kehlkopfüberschlag sagte: „وكنت اجلس لنا„ Ichso derbeso irritert: „Waaaas???“ Nicht nur, dass es viel zu laut ist, sondern… „Ich verstehe kein Arabisch“ Sieso: „Where are you from“ Ichso: „I’m from Turkey but I live in Germany.“ Sieso: „Ah…“ undsoweiter…. Nadija, studiert in Paris Agrarwissenschaft und hat einen algerischen Migrationshintergrund, wie Mohammed Merah der Killer aus Toulouse. Sie gehört zu den 10 Prozent Frauen in dem Club, die wohl nicht keine Prostituierte sind. Aber ich konnte nicht anders, als sie zu fragen, wie das denn so für sie als Frau so sei. Ich alsoso: „Sag mal ist das als Frau nicht komisch in einem Club zu sein in dem soviele Prostituierte sind?“ Sieso: „Naja, das sind ja nicht solche Prostituierte wie in Paris, die auf der Straße stehen und mit jedem ins Bett springen, der dort vorbeischaut, ein Zuhälter haben und teilweise zu ihrer Arbeit gezwungen werden.“ Es sein vielmehr Frauen, die sehr freizügig sind und sich das bezahlen lassen. Es gibt keine Zuhälter, keinen Zwang und keine zwingende Notwendigkeit. Die Frauen arbeiten auf eigene Rechnung und freien Stücken. Kaum zu glauben!!! Aber es ist eine Win-Win-Situation. Denn ohne diese Frauen, wären in dem dann doch irgendwie sehr religiösen Land kaum Frauen in einem Club. Man stelle sich das mal vor. Dann wären nur Männer hier, was sicher auch irgendwie Scheiße wäre. Von diesen „Prostituierten“ profitiert der Club und von dem Club wiederum diese Mädchen. Der Club ist also dank dieser Mädchen voll ausgelastet. Und noch eine Eigenart in diesem Club, die ich nicht nur jetzt nicht verstehe, sondern auch in Zukunft nicht verstehen werde. In dem Orientraum, fängt irgendwann, als die Stimmung am Siedepunkt angekommen war, der Schwule Schänger an, Namen zu verlesen. Der Schwule Sängerso: „Muhammed 1000 Dinar!!!“… Pause… „Hakim…1500“ …Pause… Muhammad: „2000 Dinar“ Ichso zu Nadja: „was geht den hier ab?“ Es ist offenbar hier üblich dem Sänger Geld zu geben (eigentlich dem Besitzer des Clubs, weil der Sänger das Geld natürlich nicht behält) damit der den Namen des Spenders aufruft. Bis jemand anderes mehr spendet und damit deutlich machen will, dass das seine Eier 500 Dinar dicker sind, als die Eier desjenigen, der gerade 500 Dinar weniger gegeben hat. Das geht gut und gerne schon mal bis mehrere hundert oder tausend Euro hoch. Mehr ist’s auch schon nicht. Für das Geld gibt’s nichts. Keine Frau, kein Getränk und auch kein einfaches Dankeschön. Man wird nicht mal in den Liedern besungen. Gar nichts. Einfach nur dicke Eier!!! Ichso: „Das sind doch nicht dicke Eier, wenn die es nötig haben, dass ihr Name verlesen wird?“ Nadjaso: „Doch so ticken die hier!“ Also ich finde ja die ticken nicht richtig Also am Anfang des Abends dachte ich mir. AFN kann schon nicht so spektakulär sein und mal sehen was das für eine Party wird. Was kann man schon von Leuten für eine Party erwarten, wo 80 Nutten rumlaufen, die Männer dicke Eier aber keine Frau haben und die Musik so schlimm ist, dass ich es unmöglich ist das Musik zu nennen. Aber ich gestehe, am Ende des Abends im war die Stimmung phänomenal. Sowohl auf der Housetanzfläche, also auch im Orientzimmer, auch wenn das nicht unbedingt etwas für mich war. Wahrscheinlich liegt es daran, dass alle, die feiern wollen hier her kommen. Viel Auswahl haben sie ja auch nicht. Die „Triangel“ ist eines von 5 Clubs in Algier. Ich kann jetzt aber sagen, dass AFN -Algiers friday nights ganz geil sind, zu mindest in dem Schuppen mit den dicken Eiern.
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Algier Nights im club "Triangel"

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Fünf Stunden hat die Rückfahrt aus der kleinen Kabylei nach Algiers gedauert. Nicht das die Strecke so lang wäre oder die Straßen so verschlungen oder schlecht wären. Es sind diese permanenten Straßenkontrollen, die immer wieder wie ein Flaschenhals oder embouteillage (so heißt der Stau auf Französisch treffend) auf den Verkehr wirkt und zu kilometerlangen Staus führt und wenn man dann stundenlang darauf wartet, dass es verdammt noch mal weitergeht, dann kann man verstehen, dass einige dabei zu Terroristen werden. Und davon gibt es hier sehr viele. So viele, dass sie sogar exportiert werden. Ein großer Exporterfolg waren ein algerisches Fernseh-Selbstmord-Team, dass am 10. September 2001 den Führer der Nordallianz in Afghanistan Ahmed Schah Massud getötet hat, weil klar war, dass sich die Amerikaner nach dem 11. September 2001 mit dem geschickten und klugen Heerführer, den in Afghanistan alle ehrfurchtsvoll „den Löwen des Panschirtals“ nannten, verbünden würden. Aber auch für den Binnenmarkt in Algerien gibt es reichlich viele Terroristen. Sie werden zur Blüte in die Wüste geschickt und kommen dann voll ausgereift wieder und verüben ihre Anschläge in den Städte. Offenbar vorzugsweise in Mülleimern und Autos. Dieser Terror verbreitet pure Angst und Schrecken. Das war nicht immer so. Denn Terror war, wie wenige wissen, etwas positives. Während der Französischen Revolution bedeutete es „Aktionismus“. Heute wird es aber überwiegend negativ konnotiert. Die Definition dessen, wer ein Terroristen ist und wer nicht, ist dabei abhängig von der Perspektive. Denn manch ein Terrorist könnte auch ein Freiheitskämpfer sein. Da sind die Übergänge fließend, wie zum Beispiel gerade in Syrien. Das Assad gerade alle Terroristen nennt, die ihn bekämpfen, ist ja klar und für uns sind diese verrückt gewordenen Menschen im eingeschlossenen Homs, das wir vor einigen Wochen nicht mal kannten, alle Freiheitskämpfer, weil sie gegen jemanden kämpfen, den wir irgendwie nicht mögen. Dabei wissen nahezu nichts über Assad und die politischen oder gesellschaftlichen Zustände in Syrien. Müssen wir aber auch nicht. Es reicht, wenn wir Assad einfach nicht mögen und weil wir in der Regel für den Underdog sind, wie wir lieber für St.Pauli sind als für Bayern München. So funktioniert das eben. Aber wenn sich diese verrückt gewordenen Opfer alda sich eines Tages gegen uns wenden, dann werden die, die wir heute noch moralisch unterstützen und bei denen wir uns überlegen, ob wir sie mit Waffen ausstatten sollten, wie einst die Mudjahidin (Übersetzt = Partizip aktiv von JaHaDa: bemühen= die, die sich bemühen = Mudjahidin) in Afghanistan, zu unseren Feinden. Das geht so schnell, so schnell kann man „Homs“ nicht mal aussprechen! Alle die mit Gewalt gegen die Staatsgewalt kämpfen sind Terroristen. Asymetrische Kriegsführung wird das heute genannt. Das galt für die RAF, IRA, ETA, PKK, Hamas, Hisbullah, Tamilischen Tiger, die AQMI, also die Al-Quaida im Maghreb oder sonst irgendwelche Wahnsinnigen. In Algerien wiederum ist etwas Eigenartiges passiert. Die FiS –Front islamique de Salut- war eigentlich keine Terrorgruppe, sondern eine Partei, die droht 1991 die Wahlen zu gewinnen. Diese Drohung nahm das Militär natürlich sehr ernst und brach die Wahlen ab. Wer in Algerien damit droht unerwartet die Wahlen zu gewinnen, der wird verjagt und bekämpft. Vom Kämpfen verstehen diese Muslimisten jedoch nichts, Sie beten lieber. Das hat bislang jedoch nicht so richtig funktioniert. Entweder machen sie es falsch oder sie erreichen immer nur den Falschen. Vielleicht ist aber auch immer besetzt. Sovonwegen: „Bin gerade in Palästina beschäftigt. Bitte hinterlassen sie eine Nachricht.“ Doch was die Muslimisten gut können, ist, sich hinter Bäumen am Straßenrand zu verstecken und Leute zu verschrecken in dem sie auf vorbeifahrende Autos schießen oder Bomben in die Mülltonne werfen. (Wenn die Algerier mal ihren Müll in die Mülltonnen schmeißen würden, statt Bomben…, das wäre vielleicht mal eine Idee…) auf alle Fälle wurden die Muslimisten unter den Augen der Weltöffentlichkeit nicht nur verjagt, sondern gleich auch noch verfolgt. Niemand sagte damals irgendetwas. Im Gegenteil, die Französische Administration unterstützt den Coup des Militärs in Algerien auch noch. Vor dem Hintergrund der Arabellion ein unfassbarer Vorgang, der heute so nicht hätte stattfinden können. Man stelle sich vor Sarkosy hätte Gaddafi unterstützt und dazu geraten die Rebellen zu massakrieren. Möglicherweise auch noch militärische Hilfe dafür zugesichert. Ein unerhörter Vorgang. Im wahrsten Sinne… Daraufhin blieb der FiS nicht anderes über als in den Untergrund zu gehen. Was eben noch überschaubar war, spaltet sich nun auf. Die einen wollten den bewaffneten Kampf und sahen nach den abgebrochenen Wahlen, keine alternative mehr und die anderen wollen das nicht. Einige in der FiS befürworten den Kampf, der ihrer Meinung nach allerdings lediglich gegen das Militär und die Staatsgewalt geführt werden dürfe. Andere weiten den Kampf gegen die Bevölkerung aus. Für einige ein Unding. „Wie kann man muslimische Glaubensbrüder töten“, fragten sie sich. Wieder andere führen den Kampf nur weil sie kämpfen wollen. Frei nach dem Prinzip: „Der kürzeste Weg ins Paradies führt über den Gihad. (Aber eben auch nach dem Prinzip: „Mir scheißegal gegen wen ich kämpfe. Her mit den Jungfrauen“) Einige Massaker wiederum werden vom Militär verübt, um sich damit die Legitimität zu geben, mit äußerster härte gegen die „Terroristen“ vorgehen zu können. Abertausende Sterben in diesem Bürgerkrieg. Gegen „Hartes“ Vorgehen, das haben die Algerier bereits im Unabhänigkeitskrieg gegen die Franzosen gelernt, hilft nur noch „härteres“ Vorgehen“ Sozusagen „Härter sein als Hart. Also super Hart.“ Die Frage, die sich stellt ist, darf man härter sein als der Staat? Ab wann also ist der Tyrannenmord legitim? Wann darf man sich erheben und wie? Wenn der Tyrann oder Leviatan all seine Macht auffährt um die Terroristen zu besiegen… dürfen die Terroristen sich wehren und wenn ja wie? Also wenn Polizisten auf die RAF schießt, darf dann, nach Meinhoff, zurückgeschossen werden? Wenn Israelis mit Millionenteuren Kampfhubschraubern aus sicherer Entfernung Häuserblöcke in Jenin oder Gaza wegballert, dürfen dann die palästinensisch Extremisten, die in Gagstermaniere ihre Bevölkerung und die der Gegenseite terrorisieren mit selbstgebauten Raketen zurückschießen und Kinder töten. Dürfen in Warschau eingepferchte Juden gegen die Nazi Herrschaft kämpfen? Generationen von Philosophen haben sich mit der Frage nach dem „gerechten Krieg“ dem „bellum iustum“ beschäftigt. Nun müsste die Fragestellung erweitert werden. Ab wann gibt es oder kann es einen „gerechten Terrorismus“ geben? Ich bin ja der Meinung; ja, es gibt einen gerechten Terrorismus. Und zwar genau dann wenn Straßensperren mir fünf Stunden meines Lebens rauben. Dann bin ich berechtigt, der Straßensperren die Existenz zu rauben und in die Luft zu sprengen. Also sozusagen Terror gegen die Straßensperren.
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Öfter schon hatte ich, wie wahrscheinlich jeder irgendwann einmal in seinem Leben, das Gefühl alles stehen und liegen lassen zu wollen und wo anderes ein neues Leben anzufangen oder zumindesten für eine gewissen Zeit abzuhauen und sich selber zu finden oder irgendetwas anderes zu finden. Die meisten trauen sich das nicht oder sie sind gefangen in einem System und es bleibt ein Traum oder ein vorübergehender Gedanke von dem man später sagt, gut das ich geblieben bin, weil sich alles wieder gefügt hat. Nur ganz ganz wenige wagen den Schritt. Und wenn sie ihn wagen ist es meist ein kontrollierter Schritt von beispielsweise Deutschland nach Kanada oder Australien oder aber auch nur Frankreich. Oder noch bescheidener von Hamburg nach München. Einen Schritt ganz anderer Art hat Muhammad aus Busa’ada gewagt. Kaum zu glauben was er erlebt hat, doch das Meiste ist belegt. Eines Tages hat er beschlossen abzuhauen. Ganz klassisch: „Ich gehe mal Zigaretten kaufen“ und weg war er. Zu allem überfluss geschah dies in den wirren des Bürgerkriegs gegen den Terror. Alle nahmen an, das Terroristen ihn getötet hätte. Große Trauer bei seiner Frau, seinen Kindern und seinen Geschwistern. Doch Muhammad, hat sich 375 Franc mit genommen und ist in Richtung Tamarassat in Süd-Algerien auf einem LKW mitgefahren. Etwa 2000 km weit von Algier entfernt. Dort hat er etwas gearbeitet und ist von dort aus mit ein paar Tuareg nach Mali aufgebrochen. Als man ihn dann beraubt hatte, war er gezwungen in Mali zu arbeiten. Zunächst arbeitete er in einem Restaurant in Mali. Später ging er mit einem Freund über Burkina Faso nach Benin. Wohl gemerkt ohnen einen Cent in der Tasche, oder damals wohl eher ohne einen Pfennig in der Tasche. Dort arbeitete er irgendwas mit Computern und als Journalist. Dann ging es weiter nach Ghana, dort arbeitete er in einem Café und lernte eine Frau kennen, heiratete sie und sie bekam Kinder. Aber manche Menschen haben offenbar Muster in ihrem Leben, denn auch diese Familie musste irgendwann den Verlust des Vaters und Ehemann hinnehmen. Sie wissen vermutlich bis heute nicht, was aus Muhammad geworden ist. Er ist nämlich weiter über die Elfenbeinküste nach Liberia. Kein gemütliches Pflaster zu jener Zeit. Eigentlich auch heute noch kein gemütliches Pflaster. Was also tun, wenn man kein Cash hat? Am besten Diamanten schmuggeln. Nur doof wenn man dann gefangen und in Gefängnis in Sierra Leone gesperrt wird und verdächtigt wird ein Spion zu sein. Das muss eine üble Erfahrung gewesen sein. Denn hier gerät Muhammad beim Erzählen ins stocken und überspringt fast unbemerkt einige Kapitel in seinem Leben. Ichso: „Halt, warte mal, wie war es denn im Gefängnis in Sierra Leone. Erzähl doch mal“ Erso mit dem bedürfnis das Kapitel überspringen zu wollen: „Ja war nicht nett.“ Ichso, trotzig: „Neee nee warte mal, was war den die Anklage und wie seit ihr da wieder rausgekommen? Was ist mit Deinem Freund passiert usw.? Erso: „Ja dann bin ich Guinea…“ Ichso: „Ey nee warte mal…“ Erso: „erzähl ich Dir später. Also in Guinea habe ich dann im Restaurant gearbeitet und wieder geheiratet und Kinder bekommen“ Klar das er auch die irgendwann einmal verlassen hat. Schließlich sitzt er mir gegenüber. In Mauretanien war er zwischendurch Journalist, als er dann an Malaria erkrankt. Nach mehr als 20 Jahren klingelt plötzlich völlig unerwartet das Telefon in Algier. Seine Schwester Aysa geht ran. Er wohlso: „Aysa? Hier ist Muhammad“ Asyaso: „Muhammad? Welcher Muhammad?“ Er wohlso: „Na dein Bruder Muhammad.“ Aysaso: „Was…. Wie….?“ fast in Ohnmacht fallend. Nach über 20 Jahren ein Lebenszeichen von ihrem Bruder. Doch das Lebenszeichen war der letzte Wunsch von Muhammad in seiner Heimat zu sterben. Was Muhammad jedoch nicht wusste, ist, dass inzwischen seine Neffen, die damals als er Algerien verließ noch zu Schule gingen inzwischen alles Ärzte geworden sind. Der Familie geht es relativ gut und sie können es sich leisten, den verloren geglaubten Onkel aus Mauretanien abzuholen und in Algier aufzupäppeln und zu heilen. Das alleine wäre schon eine Geschichte, die es wert ist erzählt zu werden. Doch damit es eine Hollywood Geschichte wird, braucht es noch ein Happyend. Während seiner Abwesenheit hat sein Vater ihm ein Haus hinterlassen, um dass sich seine Frau und sein Onkel nun stritten. Bis zu seiner Ankunft gab es darüber keine Einigung. Das Haus hat über die Jahre an einer sehr prominenten Stelle der Stadt immer mehr an Wert gewonnen. Die Immobilie liegt inzwischen bei einem Marktwert von mehr als einer halben Million Euro. Und nun ist Muhammad der durch halb West-Afrika gereist ist und überall als Journalist gearbeitet hat, mehrere Familien gegründet und verlassen hat, wegen Diamanten Schmuggel im Gefängnis saß und zum Sterben nach Algerien kommen wollte, ein gemachter Mann. Nach dem Prinzip, wenn zwei sich Streiten… Eine unfassbare unglaubliche Geschichte, die mich gelehrt hat, dass man selbstverständlich auch zu Hause bleiben kann und alles wird sich schon fügen, aber dass man eben auch aufbrechen kann um die Fügung zu suchen.
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Eine unglaubliche Story - Muhammad unterwegs in West- Afrika

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Nachdem ich nun knapp drei Wochen lang in Algiers war, dachte ich mir es wird Zeit nun mal in den Süden aufzubrechen, in die Wüste zu fahren. Und wieder einmal beginnt die Fahrt im Stau. Wir kommen stundenlang nicht mal aus Algiers raus. Schuld daran sind einzig und alleine der niedrige Benzinpreis. Im Vergleich zu Deutschland ist Algerien in Hinblick auf den Benzinpreis ein Schlaraffenland. Mir wird klar, dass in Deutschland der Preis deswegen so hoch ist, weil der Staat kräftig zu langt und die Minirealölfirmen auch noch ordentlich verdienen. Hier kostet ein voller Tank 5 Euro und die Leute beklagen sich, weil die Kosten in den letzten Jahren in die Höhe gestiegen sind. Das ich nicht lache. 5 Euro Digga!!! Das führt aber nun auch dazu, dass jeder Arsch, der sich ein Auto leisten kann, mit dem Auto hier rumfährt. Und es gib verdammt viele Autos hier. Es gibt zwar auch echt viele Schrottschüsseln und wenn ich Schrottschüsse meine, dann meine ich richtige Rostmühlen, aber etwa 90 Prozent der Autos hier sind Baujahr 2000 oder Jünger. Wahnsinn, denke ich mir. Ich dachte immer Algerier seinen im Durchschnitt arm, aber so viele neue Autos wie es hier gibt… Die können gar nicht alle arm sein bei den vielen neuen Autos. Wie können die sich dass bei dem Gehalt, der hier bezahlt wird, nämlich im Durchschnitt 500 Euro bezahlen. Okey der niedrige Benzinpreis lässt sich durch die eigenen Erdölvorkommen erklären, aber wie können die sich funkelnagelneue Autos leisten. Die Kosten hier ja genauso viel wie bei uns??? Es hat aber auch sein Gutes, dass der Benzinpreis so niedrig ist. Denn die Strecke von Algiers nach Busa’ada kostet mit einem Sammeltaxi etwa 3 Euro. Wir fahren also mit 8 Leuten in einem Renault-Van etwa 300 km. Ich bezahle für 300 km genau 3 Euros (wieso ist Euro eigentlich grammatikalisch ein Kollektiv und warum gibt es keine Mehrzahl von Euro. Also 1 Euro aber 3 Euros?), aber auch fast mit meinem Leben. Ich bin bei einem Wahnsinnigen ins Taxi gestiegen. Schon als er losgefahren ist, dachte ich mirso: „Herrgott im Himmel….“ Ich bin nun niemand der als Beifahrer sehr viel Angst hat und außerdem kann ich relativ gut abschätzen, ob es knapp wird oder noch passt…. aber dieser Typ… Auf dem Weg von Algiers nach Busa’ada muss man über das Atlas Gebirge fahren. Das bedeutet, dass man erst mal stundenlang Berge hoch und runter fährt. Und dabei ist mein Terrortaxifahrer sich auch nicht zu schade, wirklich jede Gelegenheit oder auch Nicht-Gelegenheit zu nutzen um zu überholen. Zunächst dachte ich mirso: „Meine Güte, was muss der es eilig haben.“ und kaum habe ich das gedacht, habe ich dachte ich: „das war’s.“ Ich schaute schon in den Abhang, in den es gleich gehen sollte. Sicher einige hundert Meter tief. Keine Leitplanken. Nichts. Ich bin, als ich als Taxifahrer gearbeitet habe sicher auch schon schnell gefahren. Mit Sicherheit auch schon zu schnell. Manchmal sogar wahnsinnig zu schnell und weit über die Grenzen des Verantwortbaren. Und in diesem Augenblick tat es mir für all meine Fahrgäste leid, die bei mir mitgefahren sind und um ihr Leben bangen mussten. Ich habe heute für diese Sünden bezahlt. Hiermit möchte ich mich offiziell bei allen meinen Fahrgästen entschuldigen, die bei mir mitgefahren sind und angst hatten. Es tut mir nun aufrichtig leid und ich werde, wenn ich das hier überstehe ein Taxifahrer auf dem Götteraltar des Verkehrs opfern, habe ich mir gedacht, als mein Leben so vor meinem inneren Auge vorbei lief. Das erste mal als ich die Entfernungstabelle gesehen habe stand noch 208 km drauf. Wahnsinn, dass bis hier her noch nichts passiert ist. Es lässt sich nur schwer beschreiben, wie das Terrortaxi gefahren ist. Nach dem Prinzip; oh ja ich sehe zwar, dass die Straße nur zwei Spuren hat und es rechts und links in die Tiefe geht. Und ich sehe auch, dass mir ein Auto entgegenkommt, aber warte mal, dass müsste doch irgendwie trotzdem passen. Ja es passen auch 3 Autos parallel nebeneinander auf zwei Spuren, aber wohl ist mit bei 80 km auf Serpentinen dabei nicht. Als wenn der Schock und Strafe nicht reichen würden, fuchtelt er permanent mit seinem Handy rum und hat wohl jeden in seinem Telefonbuch angerufen. Als es dann niemanden mehr zum anrufen gab, dachte er sich wohl; ah warte mal jetzt könnte ich noch derbe beschissene Arabische Musik an machen und laut und schief mitsingen. Und urplötzlich…. völlig unerwartet hielt er auf einer Raststätte irgendwo auf den Bergen an. Einfach so. Nichts mit Eile. Nichts mit Terminen. Der Spacken fährt einfach so zum Spaß wie ein verrückter die Straßen hoch. Die Autos, die wir eben noch unter Einsatz unseres kostbaren Lebens überholt haben, fahren nun gemütlich an uns vorbei. Nach einer halben Stunde ging es dann weiter und zwar als gäbe es kein Morgen und als müsste er alle die eben an uns vorbeigefahren sind wieder überholen. Selbst in uneinsichtigen Kurven überholt er ohne zu wissen, ob da gleich einer um die Kurve geschossen kommt und uns von der Fahrbahn schießt. Falls dann doch einer kommt, schiebt er sich aufdringlich zwischen die Autos. Er fährt als gelten für Ihn die Verkehrsordnung nicht. Daher fährt er in kleineren Ortschaften auch gerne mal auf der Gegenfahrbahn. Eben solange keiner kommt. Aber selbst wenn einer kommt und es wegen seiner sonderbaren Fahrweise zum Stau kommt, wird einfach weitergefahren. Das beste jedoch ist, dass nicht nur er so fährt, sondern die übrigen Sammeltaxen auch. Und wenn die sich nun mal etwas herausnehmen, fängt mein Terrortaxifahrer an zu fluchen. Ist ja auch klar. Die Straßen wurden ja auch für ihn gebaut und alle die hier so auf der Straße fahren, sind nur zu seiner Unterhaltung da, damit er sich auf leeren Straßen nicht langweilen muss. Noch 156 km. Da fiel ihm mal wieder ein, völlig hirnrissig zu überholen. An einer Stelle, die weder Sinn mach, noch überschaubar ist. Mitten in einer langgezogenen Kurve. Plötzlich kommt jemand aus einer Ausfahrt gebogen, der natürlich nicht nach rechts geschaut hat, sondern nach links. Wer erwartet auch, dass jemand auf der Gegenfahrbahn entgegenkommt? Ich dachteso: „Okey das war’s. Gott im Himmel. Ich bin auf dem Weg zu Dir“, dabei wollte ich nach Busa’ada. Aber der Terrortaxifahrer ließ sich nicht beirren und fängt an über alle anderen zu pöbeln. Nicht das er völlig irrsinnig überholt hat. Neee, ist klar. Als wenn das alles nicht reichen würde, geht auch noch sei Auspuff irgendwann kaputt und seine Kiste hört sich nun an als würden wir auf einer Harley Davidson fahren. Kein Problem, machen wir mal eben Pause und lassen alle, die wir eben überholt haben, vorbeifahren. Inzwischen haben wir die Bergregion verlassen und kommen in die Steppe, was aber mal überhaupt nichts am Fahrstile des Terroristen hinterm Steuer ändert. Wenn denn mal die Strecke etwas freier ist, fährt er auf diesen holprigen Straßen auch gerne mal 150 km. Und ich habe auch schon begonnen, dass ganze fatalistisch zu sehen. Denn bei 150 km stirbt man wenigstens schnell. Immerhin hatte ich ein schönes Leben. Aber eigentlich will ich noch nicht sterben. Ich habe noch nicht mal Kinder. Ich also, 70 km vor Busa’ada bettel den Selbstmordtaxifaherso an: „Ey bitte, mir ist schlecht, sonst kotze ich in Dein Taxi.“ Erso unbeirrt, drückt auf den Elektrischenfensterheben und das Fenster geht auf. Ichso: „neee. Ey bitte etwas langsamer. (Hallas, yani, schwei schwei min fatlak!“ Aber es hat nichts gebracht. Und irgendwie musste ich an das Spiel Bayern gegen Manchester Champions League Finale denken, als Bayern in den letzten 90 Sekunden das Finale verloren hat. Ich dachte mir; bis hier ist es ja noch gut gegangen; bis hier ist es ja noch gut gegangen; bis hier ist es ja noch gut gegangen, aber entscheident ist ja nicht, wie lange es gut geht, sondern was passiert wenn der Aufprall kommt. (In Analogie zu dem Film „la Hain“) Am Ende muss ich sagen, okey ich leben noch. Gar nicht so selbstverständlich nach dem heutigen Tag, aber bis ich hier angekommen bin, bin ich tausend Tode gestorben.
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Das Selbstmordtaxi von Algier nach Busa'ada

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Es geht schon wieder los. Essen, essen und noch mal essen. Ich habe es lange nicht kapiert, warum hier permanent und so viel gegessen wird. Jetzt habe ich eine Theorie. Es gibt hier sonst nichts, woran man sich sonst erfreuen könnte. Keine oder kaum Theater (was bei mir natürlich ganz oben steht) Kino, Bar’s oder Cafés oder Parks oder sonst irgendwie, irgendetwas von dem man sagen könnte, das ist irgendwie Freizeitgestaltung. Also wird gegessen und zwar nicht etwa so ein bisschen, von wegen so: „Ey lass uns etwas essen, damit wir satt werden“, sondern: „Ey lass uns etwas essen, als würden wir die nächsten Jahre nichts mehr zu essen zu bekommen.“ Unfassbar viel Essen. Ich könnte jetzt nicht genau sagen, was das alles war und wie das alles heißt was ich gegessen habe, aber es war super lecker. Hier war ein Spezialist am Werk. Die hohe Kunst des Kochens. Apropos… wo sind sie eigentlich die Spezialisten. Ich habe hier noch keine zu sehen bekommen. Ständig steht der Mann des Hauses auf und holt noch etwas rein und bringt das dreckige Geschirr raus. Wo sind die Frauen????? Und zack die Blutgrätscheso: „Ey, wo sind eigentlich Eure Frauen.“ Dieso: „Die essen getrennt.“ Ichso irritiert, obwohl ich weiß wo sie sind und warum sie da sind, wo sie sind: „Wo sind sie denn und warum essen sie nicht mit uns?“ Dieso: „Nein, die Frauen essen unter sich und die Männer essen unter sich.“ Ichso empört und schockiert: „Was soll das denn.“ Dieso halten mich, den Ausländern, für etwas beschränkt: „Ah das schreibt der Quran so vor. Das ist die Scharia.“ Ichso, lass nun wissen, dass ich nicht ganz so doof bin, wie man vielleicht denken könnte: „So ein Bullshit!!! Geh und erzähle das wem Du willst.“ Erso versucht sich zu verteidigen. Ich lasse ihm aber nun keine Chance mehr. Nee mein lieber die Chance hattest Du eben und jetzt hörst Du mir mal genau zu: „Kannst Du Arabisch???“ Erso: „Ja.“ Ichso: „Gut, dann lese noch mal gründlich den Quran, bevor Du hier so ein Unsinn verbreitest und weiter Deine Frau unterdrückst.“ Der Tisch mit mehreren Männern wird nun unruhig. Sovonwegen: wie??? Was??? Wir unterdrücken doch unsere Frauen nicht. Ich denke mir so: Neeee ganz sicher nicht. Na dann wollen wir mal. Da bist Du nun an den falschen geraten. Was dieses Thema angeht, bin ich gut gerüstet um es mit ihnen allen hier am Tisch aufzunehmen. Ich lasse die nun merken, dass ich Islamwissenschaften studiert haben und die mir nicht einfach irgendeinen Scheiß erzählen können. Im Gegenteil: Nach einem theologischen Diskurs über den Propheten und verschiedene Quranverse über die Rolle der Frau und den Sinn des Kopftuches und die Art ein Kopftuch zu binden, kommt der mit der Sprache raus: „Ja ich bin halt sehr eifersüchtig“ Ichso, immer wütender: „Aha, also weil Du eifersüchtig bist, muss Deine Frau nicht nur ein Kopftuch, sondern auch noch ein Gesichtsschleier tragen???“ Sag mal geht’s noch??? Haben die den Knall nicht gehört? Erso, wird nun völlig abstrus: „Ja, aber ein Schwein ist für uns Haram (Verboten), warum?“ Ichso, na das will ich mir jetzt mal von ihm erklären lassen, warum er glaubt, dass es Haram ist: „Warum?“ Erso, total überzeugt, dass er nun etwas kluges sagen wird, dass mich total überzeugt: „Na weil es nicht eifersüchtig wird, wenn ein anderes Schwein es besteigt.“ Ichso: „Ah ja, ich verstehe. Du vergleichst Dich also mit Schweinen. Und weil Du kein Schwein sein willst, bist Du eifersüchtig???“ Erso, so etwas aus der Reserve gebracht: „Nein, weil wir eben Menschen und keine Schweine sind.“ Ichso, habe eigentlich schon die Nase voll von diesem Schwein: „So so… und was hat das alles mit Deiner Frau zu tun?“ Erso, denkt das er es mir nun irgendwie erklären kann: „Bist Du nicht auf Deine Frau eifersüchtig?“ Ichso: „Nein. Und ich sage Dir jetzt auch noch warum nicht. Weil ich mir sicher bin, dass sie mich liebt. Und ich sage Dir jetzt auch noch schnell warum Du eifersüchtig bist. Weil Du Dir eben nicht sicher bist, ob sie Dich liebt. Vielleicht liebt sie Dich nur weil Du sie unterdrückst und würde aber gerne mal mit einem anderem Mann.“ So, jetzt wird’s etwas brenzlich. Die Gastfreundschaft von den Gastgebern droht zu kippen. Meine Begleitung springt ein und der Rest des Gesprächs verläuft auf Arabisch. Und ehrlich gesagt, wollte ich mit diesen Schweinen auch nicht mehr diskutieren. Der Tisch fängt an untereinander zu diskutieren, bis einer sich genötigt fühlt mir den Sachverhalt zu erklären. Einerso: „Schau, die Frauen fühlen sich wohl hier. Die wollen gar nicht hier bei uns sein“ Und ich denke mir. Klar bei Euch Schweinen. Wer will das schon sein. Da wäre ich auch lieber woanderes. Der eineso: „Die sind zufrieden mit ihrem Leben. Sie passen auf die Kinder auf, müssen nicht arbeiten und können den ganzen Tag zu Hause bleiben und sie tragen den Schleier freiwillig“ Ich nun etwas entspannter, weil ich auch nicht den Kulturimperialisten spielen will: „Ja… ey verstehe ich ja auch näää, aber wir in der Türkei machen das anders. Sind wir deswegen schlechter Muslime? Was soll das, die Frau von oben bis unten zu verschleiern nur weil er eifersüchtig sein könnte und so lange ich nicht von der Frau selber höre, dass sie mit ihrem Leben zufrieden ist, glaube ich euch kein Wort.“ Und wieder merke ich, wie ich innerlich vor Wut koche. Nein eigentlich ist es Hass. Ich hasse diese Leute. Und auf die Frauen bin ich wütend, weil ich weiß, dass er irgendwie auch recht hat und dass hier viele Frauen rumrennen, die das tatsächlich alles freiwillig machen. Die tragen freiwillig den Schleier, wollen gar nicht zur Schule. Für sie ist es das einfachste zu heiraten, Kinder zu bekommen, sie groß zu ziehen, einmal zur Haddj nach Mekka zu fahren und damit haben sie den Sinn ihres Leben erfüllt und sind glücklich. Und genau das nervt mich unglaublich. Ich will nicht, dass er recht hat. Ich will das er sich irrt. Wenn es nach mir geht, gehören diese Männer ins Gefängnis und die Frauen gehören für diese Haltung ausgepeitscht. (Warum gibt es eigentlich immer nur politische Revolutionen. Warum gibt es keine Geschlechter Revolution. Nachdem Prinzip: Ihr unterdrücken Frauen in der Welt, vereinigt Euch und steht auf) Weil wenn eine unter ihnen ist, die mehr aus ihrem Leben machen will als dieses null-acht-fufzen Leben, dann hat sie eben kaum eine Chance dazu und das macht mich wüüüüüüüütendet. Ich hasse diese Menschen hier für ihre Lebenart. Oder nein Ich hasse sie dafür, was sie mit meinem Islam machen. Aber auch wenn ich vor Wut koche, kochen können die hier.
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Um genau zu sein, stehe ich in der Regel diesen Muslimisten feindlich gegenüber. Sie vertreten in der Regel Gedanken, Ansichten und Regeln, die noch aus der Zeit der „Jahiliya“ (Vorislamische Zeit = Zeit der Unkenntnis/Dummheit) stammen und ihre Regeln in der Regel auch nur wenig mit dem Islam gemein haben. Dennoch kann ich nicht anders als sie regelmäßig zu verteidigen, wenn sie von Außen angegriffen werden, weil der Angriff in der Regel von jemanden kommt, der mit dem Angriff in der Regel auch mich trifft. In der Regel lasse ich nur den Angriff aus den eigenen Reihen zu. Was ziemlich doof von mir ist, weil es kaum jemanden gibt, der an meiner Seite steht, um mit mir den Aufstand gegen diese Mehrheit zu wagen. Das ist die Regel. Daher dachte ich mir, ich wage den Frontalangriff und gehe in eine der bekanntesten und angesehensten Koranschulen in Algerien. In Al-Hamel werden bereits seit vielen Jahrhunderten Schüler ausgebildet. Es ist für mich eine unglaubliche Herausforderung mit diesen Schülern die Messer zu wetzen und zu sehen, was sie über meinen Islam wissen. Das ist etwa so, als hätte ich in Deutschland Karate gelernt und gehe nun in ein Shaolinkloster um mich mit den Shaolinmönchen zu messen. Etwas naiv, wie sich am Ende herausgestellt hat. Eigentlich hätte ich es besser wissen müssen. Was hier betrieben wird ist schließlich nicht Islamwissenschaft oder schon gar nicht islamische Philosophie. Man weiß hier so gut wie nichts über die Giganten der islamischen Philosophie. Höchsten die Namen sind bekannt. Aber welche Theorien Al-Kindi, Al-Farabi, Ibn-Sina, Ibn-Ruschd oder Al-Ghazali und viele sehr wichtige und kluge Männer (Von Frauen ist mir leider nichts bekannt) vertreten, wussten sie nichts.
Al-Farabi: Alles Seiende ist entweder „Notwendig“(muss existieren) oder „Möglich“(könnte existieren)– eine dritte Alternative kann es logisch konsequent nicht geben!!! Da nun alles „Mögliche“ zur seiner Verwirklichung eine Ursache voraussetzt, die Reihe der Ursachen aber nicht in das Unendliche (Infiniter Regress) gehen kann, ist ein „selbst unverursachter Verursacher“ oder nach Aristoteles „selbst unbewegter Beweger“ (prima causa) „Notwendig“. Farabi nennt diesen Notwendigkeit „Gott“. Höchste und reinste aller Substanzen, die die Einheit alles Seienden verkörpert und absolut Notwendig ist. Das einzige was hier betrieben wird, ist Tafsir, also Quran Interpretation und Rezitation. Keine Geschichte des Islam. Keine Kultur des Islam. Keine Auseinandersetzung mit den übrigen Rechtsschulen, die es noch so gibt. Und über Tafsir, lässt sich irgendwie nur bedingt diskutieren und schon gar nicht mit meinem gebrochenen Französisch. Ganz zu schweigen davon, dass deren französisch vielleicht noch gebrochener ist als meins. Wir haben also beide nur Bruchstücke von dem Gesagten verstanden, was irgendwie witzlos war. Und das will eine Quranschule sein. Naja mein Frontalangriff ging also voll ins Leere. Super, habe ich mir gedacht, weil es danach nicht mehr viel zu diskutieren gabt. Ich habe dann aber noch einige Fragen zur aktuellen politischen Entwicklung in Algerien gefragt, denn drei islamischen Parteien in Algerien haben sich zu den Parlamentschaftswahlen am 8. Mai zugetan. Die gesellschaftlich Bewegung für den Frieden (MSP), die Ennahda und die El Islah haben sich zur „Allianz des grünen Algerien“ zusammengeschlossen. Zwar sind sich alle sicher, dass es nicht zur Mehrheit für diese Allianz kommen wird, weil Algerien das Trauma der FiS noch nicht verarbeitet hat, aber wenn es doch so kommen sollte, dass diese Allianz die Mehrheit im Parlament gewinnt, dann wird es für den Präsidenten Abdelaziz Bouteflika schwieriger zu regieren und vor dem Hintergrund der Wahlerfolge in Tunesien und Ägypten für die internationale Gemeinschaft aber auch für das Militär in Algerien unmöglich die Wahlen wieder abzubrechen, wie damals 1991. Neben den Islamischen Parteien gibt es noch die FLN (Front de Liberation National), welche die Unabhängigkeit von Frankreich erkämpf hatte und die RCD. Eine Berberpartei, die überwiegen von den Kabylen gewählt wird. Eigentlich eine drei Parteienlandschaft. (Wobei eine Umweltpartei hier viel viel wichtiger wäre als alle drei Parteien zusammen) Für solche weltlichen Vorgänge interessieren sich die Quranschüler aus Al-Hamel aber ohnehin nicht. Sie haben keine dezidierte Meinung dazu, aber klar ist, dass sie die „grüne Allianz“ wählen werden. Schon jetzt geht unter den Anhänger dieser Allianz in Anlehnung an das Fussballspiel gegen Ägypten der Spruch um. „Allez les verts“
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Bei den Muslimisten von Busa'da

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:  Ich kann einfach nicht meine Klappe halten. Darin war ich noch nie wirklich gut. Besonders dann nicht, wenn ich das Gefühl habe, dass hier gerade Unrecht geschieht. Was will man machen, wenn die Frau des Hauses geschlagen wird. Okey es war nicht heftig, aber mir ging es ums Prinzip. Also habe ich mich mit dem Hausherren angelegt und der hat mich rausgeschmissen. Ichso, nach der Ohrfeige ins Gesicht: „Hey Uha ohhhh hey hey hey, was’n hier los?“ Erso, sehr rüde: „ehhh das geht Dich nichts an“ und wird auch mir gegenüber hangreiflich und versucht mich ins Wohnzimmer zurückzudrängen. Ich aberso, inzwischen voll so fett geworden. Gar nicht so einfach ein Kolos von 115 kg einfach so weg zu schieben. Ich alsoso: „Hey versuch doch mal mich zu schlagen, wenn Du so mutig bist.“ Was soll ich sagen, da war er wohl der Meinung, dass es da nicht viel Mut bedarf und schlägt los.“ Wie gesagt… alles keine gute Idee.“ Ichso, kein Kind von Traurigkeit, weiß mich zu wehren. Doch am Ende des Tages, auch wenn es nur wenige Minuten gedauert hat, schnappe ich mir meine Tasche, meine Jacke und mein Fotoapparat und raus auf die Straße. Der Typ schreit und ruft mir noch so auf Arabisch tausend Flüche hinterher. Gut das ich keinen Wort verstehe. Einige Nachbarn näher sich und erzählen mir, dass der Typ ohnehin verrückt sei und nicht mehr alle Tassen im Schrank hätte, sie auch ständig Probleme mit ihm hätten. Was soll’s… Jetzt sitze ich hier in Busa’ada auf der am Ufer des Wadi (Ein kleiner Bach, der durch die Oase fließt) und plane meine Weiterfahrt nach Gardaya) Wahrscheinlich habe ich der Frau damit nicht unbedingt geholfen. Aber ich sitze hier lieber am Wadi, als in einem Haus zu wohnen in dem Frauen geschlagen werden. Unfassbar. Einige Tage vorher erzählt er mir noch, dass seine Frau es gut hat und sie alles freiwillig mach und so weiter. Jetzt weiß ich, was dieser Bastard mit „gut hat“ meint. Leider gibt es hier nicht die Möglichkeit, dass zu Anzeige zu bringen, sonst hätte ich das gemacht. Außerdem bin ich hier ein Fremder und sollte mich vielleicht nicht allzu sehr in die Angelegenheiten anderer einmischen. Aber wenn eine Frau geschlagen wird…. Was will man da machen. Zusehen??? Vielleicht wäre es klüger gewesen… Aber manchmal bin ich eben nicht klug und will es dann eben auch irgendwie nicht sein. Außerdem gibt es in so kleinen Orten andere Mittel, die auch nicht zu verachten sind, um den Bastard in Verruf zu bringen. Ich erzähle hier jetzt jedem dem ich begegne, dass er einen GAST rausgeschmissen hat und seine Frau schlägt. Egal wie anachronistische sie hier Leben. Das kommt selbst hier nicht gut an. Jetzt geht es auf nach Gardaya und man hat mir schon in Algier versucht zu erklären, dass es vielleicht keine gute Idee ist, mit meinem Equipment da runter zu reisen. Es gibt Banditen, Polizisten und Terroristen, die es sicher witzig fänden, wenn sie mir mein Zeug abnehmen könnten. Keine Ahnung was Terroristen, die jedes Fotos für eine Sünde halten mit meinem Fotoapparat machen wollen. Aber okey… irgendwie war ich mir schon in Hamburg über die Gefahr bewusst. Ich meine, wer in die Grenzregion zu Mali fährt, wo das Militär gerade die Regierung geputscht hat, um den Aufstand der Tuareg niederzuschlagen, und Libyen, dass gerade eine Revolution hinter beziehungsweise vor sich hat und die Gaddafi treuen Tuareg nun in diese Region flüchten und dem Niger, wo die Armut auch um sich schlägt und im Süden Algeriens die AQMI (Alquaida im Maghreb) Anschläge verübt und das Militär dort besonders präsent ist, wenn man also in so eine Region fährt, dann darf man sich keine Illusionenen machen, dass man dort mit so einem Equipment sehr willkommen ist. Also das Equipment ist sicher willkommen, nur man selber ist’s wahrscheinlich nicht. Aber was soll’s. Das war der Plan und jetzt wird er umgesetzt. Außerdem habe ich in Gardaya noch einen Bekannten. Omar ist Clanführer der Mozabiten. Ein weiterer Berberstamm, der anders als die anderen Stämme extrem isoliert lebt. Das ich da hin darf grenzt an ein Wundern. Aber noch bin ich nicht da. Also abwarten und schauen. Denn die Mozabiten sind Ibaditen (Rechtsschule im Islam) und damit noch konservativer als die Muslimisten in Busa’ada. Während hier die Frauen, wenn auch komplett verschleiert, die Frauen auf der Straße rum rennen, sind sie in Gardaya wohl eingesperrt. Aber ich werde sehen, wie es ist. (Mich würde mal eine Statistik an dieser Stelle interessieren: Wie hoch wohl die häusliche Gewaltrate hier ist) Ich bin nun aber in Algerien und nicht in Deutschland und nicht mal in der Türkei. Zu allem Überfluss wird’s jetzt hier echt Scheiße heiß. Das Gepäck, dass ich dabei habe ich Scheiße schwer. Die Sonne scheint Scheiße hell. Aber auch das war mir schon vorher klar. Umso weiter ich in den Süden in Richtung Sahara komme, desto heißer wird es. Auch da darf man sich keine Illusionen machen. Inzwischen habe ich mich von meinem Rauswurf aus der Wohnung erholt und sitze an einem Wadi (Oasen Bach) Die Vögel zwitschern wie verrückt und eine leichte Brise weht durch das Wadi, mein Akku hält, die Frisur sitzt und der Bart ist noch dran. Bleibt auch dran. Der nächste Blog kommt sicher.
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Es gab Zeiten da hatte ich Freunde… ich hatte viele Freunde…. einige hielt ich für gute Freunde… Bei einigen musste ich feststellen, dass „gute“ Freunde doch irgendwie etwas anderes sind. Einige Freundschaften haben die Zeit überdauert. Selbst Forest Gump weiß, dass man gute Freunde nicht an jeder Straßenecke finden kann und auch ich bin mir darüber bewusst. Und dann aber passiert es, dass man sie doch an Straßenecken oder Orten findet, an denen man es nicht für möglich gehalten hätte dort neue Freunde zu finden. Mit einigem Erstaunen stelle ich bei mir fest, dass ich außerhalb von Hamburg schneller Menschen kennenlernen kann. Irgendwie komisch. Es ist eigenartigerweise so, dass nicht nur ich sie schneller ohne Hemmungen ins Herz schließe, sondern ich habe das Gefühl, dass auch sie mich offenbar mögen. Ich habe in Algiers, in der Kabylei aber auch in Busa’ada Freunde gefunden, von denen ich behaupten würde, dass sie meine Freunde sind, ohne das Wort „Freundschaft“ überstrapazieren zu wollen. Es sind Menschen, dir mir etwas Wert sind. Für die ich mich ohne Zögern einsetzen würde. Für die ich „da“ wäre, wenn sie meine Hilfe bräuchten. Denen ich privates anvertrauen oder um Rat fragen würde. Auch sie haben das für mich hier gemacht, ohne zu fragen wer ich bin, was ich will und was sie dafür bekommen. Meistens hat es gereicht, dass man einmal gemeinsam gelacht hat. Manchmal geht das eben sehr schnell. (Eigentlich Schade, dass es nicht immer so ist, denn ich liebe solche Momente und Freundschaften) Vor etwa zwei Jahren habe ich in Paris in der Flugschule Omar Zaid kennengelernt. Ein Cooler Typ mit dem ich sofort auf einer Wellenlänge war. Ein halbes Jahr später war er bei mir in Hamburg und jetzt bin ich bei ihm in Gardaya. Was haben wir uns amüsiert. Ich habe alles Mögliche gemacht, damit er sich als Gast bei mir wohlfühlt. Das mache ich in der Regel mit jedem, der als Gast bei mir ist. Mir bedeutet das irgendwie noch irgendetwas. Die meisten, die bei mir waren, werden das hoffentlich bestätigen können, aber was es bedeutet bei Omar ein Gast zu sein, ist vielleicht noch etwas anderes. Er hatte mir nichts davon erzählt, dass er ein Hotel, eine Fabrik und ein Logistik Unternehmen hier hat. Jetzt bin ich nicht nur sein Freund, sondern auch noch Ehrengast in seinem Land, seiner Stadt und seinem Hotel. Erso: „Sag mir was du brauchst und du bekommst es.“ Ichso: „Ähhh, was ich brauche…“ und grinste ihnso an: „nein aber mal ganz im Ernst. Ich möchte hier mit ein paar Mozabiten über die Ibaditen sprechen und später nach Tamarrassat (Süd-Algerien an der Grenze zu Mali, Niger und Libyen) fahren. Kennst Du da jemanden.“ Erso, irgendwie froh, dass er das Gefühl hat mir helfen zu können: „t’inquette pas“ (mach dir keine Sorgen). Ichso etwas beschämt: „Echt meinst Du das geht klar.“ Erso etwas jovial: „Eyyy…“ Das schöne ist, dass er sich freut mir helfen zu können. Das ist wie ich finde die schönste Form der Hilfe, die ich kenne. Wenn man sich freut helfen zu können oder zu dürfen. Das habe ich auch sehr häufig. Aber das gilt nicht nur für Omar, sondern auch für Yucef und seine Freunde in Busa’ada oder für Hmimi in der Kabylei. Freunde bei denen ich mir sicher fühle, weil ich weiß, dass sie für mich direkt durchs Feuer gehen würden. Hmimi hat mich zum Beispiel vor drei Jahren aus dem Gefängnis in der Kabylei geholt, als wäre es ein Spaziergang gewesen. Sie alle haben mir hier häufig den Rücken freigehalten und mich aus der Schussbahn gezogen. Auch weil ich manchmal einfach etwas barsch und manchmal bewusst auch provozierend bin. Dennoch setzen sie sich für mich ein und dabei haben wir nie wirklich viel Zeit miteinander verbracht. Aber es spielt manchmal eben keine Rolle wie lange man sich kennt. Hauptsache man mag sich. In Busa’ada zum Beispiel haben mich die Freunde von Yucef mich sofort aufgenommen, als gehörte ich schon immer zu ihnen. Sie schimpfen mit mir, wenn ich etwas mache, was nicht geht, helfen mir, wenn ich in der Klemme stecke und stehen an meiner Seite, wenn es eng wird. Freundschaft zeigt sich auch dann, wenn man selbst Langeweile miteinander ertragen kann. Ich behaupte mit Stolz geschwellter Brust, dass ich in Busa’ada jetzt einen großen Freundeskreis habe. Einige waren am Anfang mir gegenüber voreingenommen und skeptisch, was sich aber über die Zeit nun geändert hat und ich im Nachhinein als Aufrichtigkeit wahrnehme. Ohne sie hätte ich hier nicht einfach durch die Stadt laufen können und mit meinem Teleobjektiv Leute abfotografieren können, wie ich es gemacht habe. Der Schutz geht so weit, dass ich inzwischen ganz alleine mitten in der Nacht um die Blöcke ziehen kann um Fotos in der Nacht zu machen. Ein enorm gutes Gefühl sich so sicher zu fühlen und zu wissen, dass mir hier nichts passieren kann. Das ist hier nicht unbedingt selbstverständlich. Weder in der Kasbah, dem Bab-al-oued in Algier, noch in Tizi-Ouzu, Mishlit in der Kabylei oder in Busa’ada, Gardaya in der Wüste. Diese Leute wachsen mir sehr schnell ans Herz. Ich habe es nicht so häufig, dass ich den Tränen nahe bin, wenn ich weiß dass ich Menschen nun für einige Zeit nicht wiedersehe. Aber hier passiert mir dies nun schon häufiger. Ich habe hier Freunde die ich jederzeit anrufen kann, jederzeit besuchen kann, die mir jederzeit zur Hilfe eilen würden und jederzeit an meiner Seite stehen und es wundert mich, dass ich das in Deutschland so nicht habe. Was für ein schönes Gefühl es ist Freunde zu haben. Jeder der Freunde hat, von denen er behaupten würde, dass es gute Freunde sind, sollte sich darüber bewusst werden, dass es etwas ganz Besonderes ist, dass man Freunde hat. Häufig geht man damit doch irgendwie zu selbstverständlich um.
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:  Ich war bisher immer auf der Suche nach irgendeiner Geschichte. Und dabei meine ich nichts Historisches, denn das kann man bei Wikipedia nachlesen, sondern etwas was es Wert ist zu erzählen oder was mir einfach nur aufgefallen ist. Die letzten Tage kam ich auf den verwegenen Gedanken; Ach vielleicht könntest Du Dich mal entspannen. Manchmal muss man einfach auch mal gut-sein-lassen und die Zeit genießen. Zumal das Hotel in dem ich (dank Omar auch noch kostenlos) wohne auch noch seeeehr komfortabel ist und bietet sich zum Entspannen an. An dem Morgen, nach dem ich meinem Luxus Hotel in der Oase bei Gardaya ankam, saß ich alleine mit zwei Mädels am Pool und habe gefrühstückt. Als eines der beiden Mädels mich ansprach und wissen wollte wo ich herkomme. Naja… die Antwort ist ja bekannt. Daraus entwickelten sich herrlich schöne Tage, die meine Nachlässigkeit bezüglich meines Blog erklären können. Alleine Tourist sein ist irgendwie doof. Überhaut ist alleine sein doof. Also dann doch lieber mit diesen beiden Mädels… Nicht nur das Luxus Hotel ist ein Luxus für mich, sondern auch die beiden kabylischen Mädels sind ein Luxus für mich, weil mit ihnen unterwegs zu sein, bedeutet zwei charmante Dolmetscher dabei zu haben. Außerdem sind die beiden eine wunderbare Tarnung für mich, weil mit den Beiden an meiner Seite aussehe, wie ein Tourist auch wenn ich mit ein Stativ und einer 200mm Objektiv rumrenne, schöpft irgendwie keiner Verdacht. (Tollle Aufnahmen habe ich gemacht. Und wenn ich meine tolle Aufnahmen, dann meine ich nicht; ach das geht schon irgendwie, sondern dann meine ich tolle Aufnahmen!!!) Obwohl es wirklich viele Touristische Orte hier gibt, ist es alles etwas widersprüchlich hier. Also man darf zwar Fotos machen, aber wehe eine Geist springt ins Bild, dann ist die Hölle los. Dieso: „Ey wieso machst du ein Foto von meiner Frau“ Ichso, tuso als wüsste ich von nichts: „Was, welche Frau. Die ist mir ins Bild gesprungen, da kann ich doch nichts für!!!“ Dieso, sehr bestimmt: „Lösche es sofort.“ Ichso: „ja logisch!“ Voll verrückt das ganze. Schließlich sieht man doch ehe nichts außer einen Augenschlitz. Voll albern, dass die sich so übertrieben anstellen. Zudem sind es überwiegend alte Omas, die hier so rumrennen. Ich frage mich; wo sind eigentlich die jüngeren Frauen. Ach eigentlich frage ich mich das nicht. Was für ein Himmel weiter unterschied zwischen den beiden Kabylischen aus dem Atlas-Gebirge und den Mozabitischen Frauen hier an der nördlichen Grenze zur Sahara. Beides Berberstämme in Algerien, doch was die Behandlung und das Selbstverständnis der Frauen an geht, liegen Welten, nein Universen dazwischen. Wahnsinn. Aber nicht nur die Frauen, darf man nicht Fotografieren, sondern eigentlich muss man jeden Fragen. Also wenn man sich hier die Horden von Touristen vorstellen würden, die täglich durch Istanbul gejagt werden… und man stelle sich vor, dass die Touristen in Istanbul ständig und jeden fragen würden, ob sie nun ein Foto machen dürfen… das wäre ein Bild. Das schlimme ist, dass die hier denken, dass dieses widerliche Wüsten Klischee wäre irgendwie schön. Ich finde es eher alles andere als schön. Ich finde eher alles andere schön. Eigentlich finde ich alles nicht-schöne Schön. Also alles was nicht auf Schön gemacht ist, sondern noch irgendwie authentisch schön ist. Davon gibt es hier sehr viel. Angefangen von den Gerüchen, dem Aussehen der Menschen, den heruntergekommen und dreckig dunklen Gassen. Das alles finde ich schön und das alles wird es eines Tages nicht mehr geben, wenn erst mal die Horden von Touristen hier durch gejagt werden. Also wenn irgendjemand Interesse an einer ursprünglichen nord-Saharaischen Atmosphäre, dann ist man hier richtig. Es ist zu meinem Erstaunen auch sicher. Also nicht das man Sicherheit sehen könnte, aber man kann es fühlen und ich fühle mich hier sicher und dass obwohl ich hier nicht mit Omar oder sonst einer männlichen Begleitung unterwegs bin, sondern mit diesen Beiden Mädels mit denen ich auffallen, als würden wir vom Mars kommen. Aber ich liebe nun mal Orte, an denen ich der einzige Tourist bin und ich hasse Orte wo es nur so von Touristen wimmelt. Insofern bin ich hier richtig
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Einfach mal Tourist sein

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Wüstenzeit 109.883.092. Wir befinden uns in einer fernen Vergangenheit. Der Abenteurer Özgür Uludag ist auf einer Reise am Rande der Zivilisation um Fremde Welten, Unbekannte Lebensformen und neue Zivilisationen zu entdecken. Er dringt dabei in Gebiete vor die nie ein Europäer zuvor gesehen hat. Genauso ist es eben nicht. Internet, Touristen, High-Tech und Umweltverschmutzung halten Einzug in jedes bekackte Dorf. Und ist man noch so weit weg. Überall sind die Zeichen der modernen Zivilisation zu entdecken. Was nicht unbedingt ein gutes Zeichen ist wie ich finde. Außerdem ist das Klischee von unendlichen weiten Wüsten eben auch nur ein Klischee. Es gibt diese Dünengebiete. Aber die Sahara besteht eben nicht nur aus Wüste, sondern aus Geröllstein. So muss es auf dem Mars wahrscheinlich auch aussehen. Es ist nur ein kleiner Teil der Sahara, wirklich Sahara, wie ich es mir vorgestellt habe. Man muss sich das so vorstellen. Natürlich gibt es in Hamburg den Hafen. Und es gibt auch diese riesigen Containerterminals. Der Großteil des Hamburger Hafens hat aber mit Containern nichts zu tun und ist für die meisten auch nicht als Hafen zu erkennen. Das meiste, was Besucher zu sehen bekommen, liegt gegenüber den Landungsbrücken. So ist’s mit der Wüste hier eben auch. Es gibt die Wüste irgendwo da draußen. Doch man muss sie suchen und hinfahren. Das meiste hier ist aber eben keine Wüste. Außerdem Leben die Menschen hier eben nicht in Zelten oder in Lehmhäusern, was sie aber lieber tun sollten, den die kühlen besser als diese Betongebäude, die sich im Sommer derbe aufheizen. Und Kamele gibt es hier auch nicht. Dafür unendlich viele Autos. Und auch die Oasen und Wasserstellen, sind nicht etwa einsame zufällig zu findende Wasserstellen, sondern entweder große Dörfer, wo ein vom Müll völlig verdreckter Wadi durchfließt oder ganze vermüllte Städte wie Ghardaya. Okey es gib Kamele und auch Oasen, aber Kamel gibt’s auch in Hagenbeckstierpark. Kein Mensch hier braucht Kamele. Nix mit Wüstenschiffen, die Tage und Wochenlang auf den Transsahara-highways Waren von Timbuktu nach Marrakesch transportieren. Nichts davon stimmt. Alles gelogen. Glaubt mir!!! Einzig Ben Isguen hat sich ein gewissen originalen Charme erhalten, die heilige Stadt der Mozabiten (Noch so ein Berberstamm). Hier werden tatsächlich abends ab 18 Uhr die Tore geschlossen. Es gibt lediglich eine einzige Straße in der Stadt, die Läden hat. Hier wird nicht künstlich renoviert, so das es für Touristen schön aussieht, sondern hier wird pragmatisch renoviert, so wie es den Einwohnern der Stadt passt. Das ist im Zweifel nicht immer schön, aber dafür authentisch, wie ich finde. Absolut zeitgemäß ist außerdem, dass absolute Rauchverbot in der ganzen Stadt. Und wirklich jeder hält sich daran. Das liegt nicht etwa daran, dass man hier so derbe fortschrittlich wäre, sondern genau das Gegenteil ist der Fall. Es hat einfach religiöse Gründe. Es ist für die Ibaditen (Islamische Rechtsschule) einfach „Haram“, also eine Sünde und Verboten, wie beispielsweise Schweinefleisch. Wie kann das sein, mögen sich nun manche fragen. Naja, der Islam ist manchmal ja pragmatischer als viele glauben und vieles im Islam ist eben auch Auslegungssache. Zwischen „Haram“ (Verboten) und „Halal“ (Erlaubt) gibt es nämlich noch „Mukruf“ (Weder verboten, noch erlaubt). Während viele Muslime nun meinen Zigaretten sein eben „Mukruf“, sagen sich die Ibaditen, alles was dem Körper schadet „Haram“ sein, ganz einfach, weil der Körper eine Leihgabe Gottes ist und der Mensch damit sorgsam umgehen muss, bis er ihn am Tag des Jüngsten Gerichts zurückgeben muss. (Wohlgemerkt gebraucht und nicht wiederverwertbar) Es gibt aber noch Errungenschaften aus den letzten Jahrhundert, die die Zeit überdauert hat. Wie zum Beispiel der Sklavenhandel. Überhaupt sind die Mozabiten hier im M’zab, wie die nördliche Region der Sahara in Algerien genannt wird, so reich geworden und konnten prächtige Städte bauen, weil sie vom Transsaharahandel profitiert haben. Damals wurden eben auch Sklaven gehandelt. Heute hat man es da sogar noch komfortabler, den die Sklaven kommen von ganz alleine. Auf dem Weg nach Europa liegt nämlich immer noch das Gebiet der M’zab. Hier kommen also die Arbeitswilligen aus Mali, Niger oder Mauretanien usw. an und schuften hier für die über die Maßen faulen Algerier. Zwar haben sie keine Arbeitserlaubnis, aber wer soll sich den auch noch darum kümmern. Neben, Terrorismus und Kriminalität haben die Bullen hier einfach kein Bock sich auch noch um diese dreckigen Nigger zu kümmern. Traditioneller Rassismus. Hier weit verbreitet. Kaum zu erklären, weil der Islam eigentlich kein Rassismus kennt. Schon einer der Prophetengefährten, Bilal, war ein Schwarzafrikaner. Aber den Arabern das zu erklären ist ähnlich schwer, wie ihnen zu erklären, dass man Müll nicht einfach auf die Straße und schon gar nicht in die Wüste schmeißt. Einstein meinte zu Entwicklung der Atombombe zu Hoppenheimer; manch ein Fortschritt sein ein Rückschritt. Das heißt übersetzt, dass manch ein Rückschritt ein Fortschritt ist. Doch manchmal bin ich froh, dass sich Dinge ändern und nicht so bleiben wie vor 100 Jahren. Ich will nicht das Menschen ausbeuten werden und ich will nicht davon profitieren. (Auch wenn ich in einem Hotel wohne, dass sehr wahrscheinlich von diesen Sklaven gebaut worden ist. Da darf ich mir keine Illusionen machen) Und noch während ich das schreiben fällt mir auf, dass ich auch ein Ausbeuter bin, weil ich Suliman und seinen Bruder ausgebeutet habe. Ich schäme mich!!!
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Falsche Vorstellungen - Gardaia in Algerien

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Oft schon habe ich von der Masse von Menschen gesprochen, die weltweit weniger als 1 Euro am Tag zum Überleben hat. Okey meine neuen Freunde Suliman, Abubakar und Muslimi usw. haben etwa 5 Euro am Tag, die sie sparen, um in Mali eine Kuh, ein Ochsen oder einen Büffel zu kaufen und sich damit eine Existenzgrundlage zu erwirtschaften. Die 5 Euro haben sie auch nur, weil sie wie Ochsen arbeiten. 5 Euro, die wir jeden Tag für eine Schachtel Zigaretten raushauen, als wäre es nichts. 5 Euro, mit denen wir uns vergiften und für die andere einen ganzen fucking langen und harten Tag arbeiten. 5 Euro, die uns fast nichts wert sind. Für 5 Euro reißen die sich hier den ganzen Tag lang den Arsch auf. Fünf Euro!!! Freiwillig sind sie jedoch nicht hier. Also es hat sie zwar keiner gezwungen, aber sie wäre lieber bei ihren Kindern und ihren Frauen in Bamako. Die finanzielle Not trieb sie hier her und jetzt hängen sie hier wegen den Tuareg, die den Norden Malis erobert fest und können nicht mehr zurück. Wenn ich mir nun also mein Leben im Vergleich zu dem Leben von Abubakar, Suliman und Muslimi anschauen… plötzlich relativiert sich alles. Mein Leben scheint aus einer anderen Welt. Einer Traumwelt. Es ist plötzlich so surreal und auch irgendwie so sinnlos. Ich verstehe plötzlich nicht, warum ich mir jemals irgendwelche Sorgen gemacht habe. Selbst in meinen dunkelsten Stunden ging es mir nie schlechter als einen von den Jungs hier in Ghardaia und dabei geht es ihnen sogar noch richtig gut. Umso weiter man in den Süden fährt, desto schlechter geht es den Menschen. Doch die wichtigste Erkenntnis ist, dass diese Jungs deswegen nicht wirklich unglücklicher sind als ich. Im Gegenteil. Ich habe das Gefühl, dass sie mit einer gewissen Zuversicht in die Zukunft schauen. Einer Zuversicht, die mir manchmal irgendwie fehlt und die ich mir dann immer wieder einreden muss. Ob sie dabei wirklich glücklich sind, kann ich nach den paar Tagen, die ich mit den Jungs verbracht habe, natürlich nicht sagen. Aber ich habe schon lange nicht mehr so viel und so intensiv gelacht, wie mit denen hier. Das letzte Mal habe ich letzten Sommer in der Türkei einen solchen Lachflash gehabt. Die Art, wie sie miteinander spaßen, auf einander aufpassen oder helfen… Sie sind einen kleine Familie. Das wirkt auf mich irgendwie glücklich. Ich verstehe mal wieder nicht alles. Nicht etwa weil arabisch gesprochen wird, weil das können die auch nicht, sondern weil sie Bamare sprechen. Aber auch hier gilt wieder, dass man nicht jedes Wort verstehen muss um zu verstehen, wie sie miteinander umgehen. Non-verbale-kommunikation. Mich überkommt schon wieder schlechtes Gewissen. Nicht das ich für deren Armut direkt verantwortlich fühle. Aber das Unrecht und die ungleiche Verteilung von Gütern und Kapital machen mich rasend vor Wut. Warum ist’s so? Ich kann und selbst wenn ich könnte, ich will es nicht verstehen. Das ist ungerecht und fertig. Punkt. Aus. Ich will nicht, dass mir jemand die Gründe aufzählt, warum es so ist wie es ist, sondern Lösungen, wie man dieses Unrecht beseitigen kann. Ich will das es sich ändert. Und noch während ich das schreibe, merke ich wie scheinheilig das alles von mir ist. Da sitze ich in meinem Luxushotel mit Swimmingpool und super Luxus Komfort keine 500 Meter Luftlinie entfernt von meinen neuen „Freunden“ in der Baracke. Ich wohne hier alleine in einem Raum, der doppelt so groß ist, wie die Baracke in der sie mit sieben Leuten wohnen. Das Gehäuse meiner Kamera ist mehr Wert, als der gesamte Besitzen von allen sieben Bewohner der Baracke, samt der Baracke. Nichts als Scheinheiligkeit von mir. Das macht bei mir ungeheuer schlechte Laune. Wo wir wieder beim Thema wären. Wir leben im super krassen super Luxus und haben deswegen teilweise schlechtes Gewissen. Deswegen kaufen wir uns von Zeit zu Zeit Fair-Trade-Kaffee. Fahren mit dem Fahrrad zur Arbeit und Spenden einmal im Jahr etwas Geld. Moderner Ablasshandel, den wir da betreiben. Nicht das die Kirche uns zwingen würde, sondern dieses Mal ist es unser Gewissen das uns dazu treibt. Dabei ist es fast so Sinn- und Zwecklos, wie der Ablasshandel von Johann Tetzel zur Zeit der Reformation. Nach dem Motto: „Wenn die Münze im auf dem Konto einer NGO klingt, deine Seele aus dem Höllenfeuer des schlechten Gewissen springt“ Wir leben in unserer Festung Europa und schauen aus sicherem Abstand, wie der Rest der Welt vor die Hunde geht. Dabei beuten wir den Rest der Welt auch noch für seine Güter aus. 70 Prozent des weltweiten Außenhandels wird von den Industrie und Schwellenländern dominiert, die 30 Prozent der Weltbevölkerung darstellen. Auch anders gesagt, 30 Prozent der Weltbevölkerung dominiert 70 Prozent des weltweiten Außenhandels. WIR SIND DIE 30 PROZENT. Ergo: 70 Prozent der Weltbevölkerung produziert nur 30 Prozent des Außenhandels. Wobei von den 30 Prozent Außenhandel, die diese 70 Prozent der Weltbevölkerung produziert, wieder um die Hälfte also 50 Prozent in Industrienationen und Schwellenländer geliefert werden. Damit bleibt 70 der Weltbevölkerung gerade einmal 15 Prozent aller Güter die Weltweit hergestellt werden und uns den 30 Prozent kommen die 85 Prozent Güter zu. WO IST HIER DIE GERECHTIGKEIT??? WAS SOLL DAS??? Das ist alles so unfair. Das macht mich im ersten Schritt wütend und im zweiten Schritt ohnmächtig. Ich kann mich einfach nicht in einem Luxushotel wohlfühlen, wenn gegenüber die Jungs in einer Baracke wohnen. Das geht einfach nicht. Ich fahre heute weiter. Ich bin unglücklich!!! Übrigens wurden der Blog aus Sicherheitsgründen vorübergehen von mir Offline genommen. Jeder der auf dem Laufenden bleiben möchte, den muss ich nun bitten, mir eine Mail zu schicken, damit ich über den Emailverteiler (weniger Öffentlich) weiter berichten kann. Über den Blog geht es gerade nicht mehr!!!!
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Der Perspektivwechsel in Gardaia - Flüchtlinge aus Mali

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:  Bisher war es noch ganz witzig, doch nun hört der Spaß auf. Mir ist’s gar nicht aufgefallen, bis neulich mir jemandso schrieb: „Hey Özgür. Am Anfang war die Blog noch irgendwie witzig, doch es wird immer ernster.“ Ja das stimmt. Ist mir tatsächlich nicht aufgefallen. Ich werde immer wütender. Und inzwischen mache ich mir Sorgen. Eigentlich bin ich tiefenentspannt, doch meine Umgebung versucht mir einzureden, dass alles irgendwie gefährlich sein. Ständig höre ich Warnungen sovonwegen: „Sei bloß vorsichtig / Fahr da nicht hin / Terroristen / Banditen / Entführungen/ Kriesengebiet“ Von der Reisewarnung des Auswertigenamtes mal ganz abgesehen. Dringende Sicherheitshinweise – Gefahr von Entführungen und Anschlägen In den nordafrikanischen und den südlich an die Sahara grenzenden Ländern wächst die Gefahr des islamistischen Terrorismus und krimineller Übergriffe. Sowohl kriminelle Banden als auch Al-Qaida im Maghreb (AQM) suchen derzeit gezielt nach Ausländern zum Zwecke der Entführung; in Algerien, Niger, Mali und Mauretanien kam es auch in jüngster Zeit zu Entführungen. Wirksame Gegenmaßnahmen gegen diese Terrorgruppe zeichnen sich nicht ab.
Das Auswärtige Amt rät von Reisen in entlegene, nicht hinreichend durch wirksame Polizei- oder Militärpräsenz gesicherte Gebiete der Sahara und ihrer Randbereiche eindringlich ab.
Vor allem in den Saharagebieten Südalgeriens – weiterhin die Gefahr von Entführungen. Al-Qaida im Maghreb (AQM) sucht derzeit (u.a. in der Umgebung der Städte Tamanrasset und Djanet) gezielt nach Deutschen zum Zwecke der Entführung.

Von Reisen in die Gebiete südlich der Städte Béchar, Ghardaia, Touggourt und El-Oued rät das Auswärtige Amt ab. Auch von nicht notwendigen Reisen in die Kabylei wird abgeraten. Vor Reisen in die Grenzregionen zu Mauretanien, Mali und Niger sowie die südöstliche Landesgrenze zu Libyen wird ausdrücklich gewarnt. 03.03.2012 um 16:55 Uhr Anschlag auf Wüstenstadt in Algerien: 23 Verletzte Bei einem Selbstmordanschlag gegen Sicherheitskräfte in der Sahara-Region Algeriens sind am Samstag 23 Menschen verletzt worden. Der Attentäter fuhr einen mit Sprengstoff beladenen Wagen auf das Gelände einer Gendarmen-Basis in der Stadt Tamanrasset, rund 2.000 Kilometer südlich der Hauptstadt Algier, berichteten einheimische Medien und Behörden. Zu den Verletzten gehören nach Behördenangaben 15 Gendarmen, fünf weitere Angehörige der Sicherheitskräfte, sowie drei Zivilisten, die an dem Gelände vorbeigingen. Es handelte sich um die erste solche Attacke in Tamanrasset, in der Algerien und drei Nachbarstaaten im Jahr 2010 ein gemeinsames Militärhauptquartier zur Bekämpfung von Terroristen in der Sahararegion stationiert hatten.
In der durch den Libyen-Konflikte zuletzt destabilisierten Region operiert auch eine Splittergruppe der Al-Kaida, die Terrororganisation Al-Kaida im Islamischen Maghreb. Die größte Sorge, die mich allerdings begleitet ist mein Status. Ich bin zwar ein Tourist, aber ich arbeite eben sonst als Journalist. Das ist für mich etwas ungewöhnlich, weil ich diesen Status eben auch erst seit knapp zwei Jahren habe. Ich mache jetzt nichts anderes als ich sonst auch gemacht hätte. Immer „wenn ich mal wieder unterwegs bin, dann…“ frage, fotografiere und unterhalte ich mich. Ich war immer auf der Suche nach Dingen, Geschichten und Abenteuern und wollte immer irgendetwas erleben. Sei es auf dem Weg in die Türkei, in Bosnien oder sogar auf den Seychellen. Einfach auf der faulen Haut rumliegen, passt nicht zu mir. Da langweile ich mich spätestens nach einem Tag. Ich muss los, Menschen, Orte und Geschichten suchen und kennenlernen. So also auch in Algerien. Nur habe ich inzwischen einen Presseausweis, aber keine Arbeitserlaubnis. Das ist ein Problem hier. „Die stecken Dich ins Gefängnis und dann bis zu erst mal weg“ heißt es hier schon mal gerne. Und das eben nur von einer Person, sondern aus vielen Mündern, was mir eben inzwischen Sorgen macht. Dazu kommt, dass Leute in das Hotel gekommen sind, die mir zu verstehen gegeben haben, dass ich nicht unbeobachtet bin und mein Blog verfolgt wird. Ichso nun doch etwas besorgter. Okeeey…. Darum habe ich sofort mein Blog offline genommen und bin geflohen. Eigentlich hatte ich einen Flug reserviert, aber nun dachte ich mir es sei sinnvoller und etwas unauffälliger, wenn ich mit einem Reisebus fahre. Tja was soll ich sagen… Scheiß Idee…   1500 km in einem Reisebus quer durch die Sahara. Alter wenn ich eins nicht noch mal mache, dann ist das so ein Höllentrip. Das muss man sich so vorstellen. Hamburg-Rom…und wenn man aus dem Fenster schaut, nichts als Wüste, Geröllstein und Felsen u.s.w. Außerdem fährt der Busfahrer, wie alle hier, wie der letzte Henker auf dem Weg zum Teufel (Algerien hat die vierthöchste Unfallstatistik mit Todesfolge in der Welt), sondern wir kommen auch an zahlreichen Polizeikontrollen. Ich dachte mir, naiv wie ich bin, wenn ich in einem Bus sitze, dann winken die den Bus einfach durch und ich rutsche so auch einfach durch. Das stimmte auch… zumindest bin Ain-Sallah. Die Jandarmarie kam in den Bus und schaute sich jeden genau an. Als er bei mir war, meinte erso auf Arabisch: „Ausweis“ Nix bitte, oder mit einem Lächeln. Einfach nur „Ausweis“. Ich so zeige ihm meinen Deutschen Pass mit Türkischer Hülle. Dann nahm er mein Pass mit und ging raus. Das letzte Mal, dass ich so ein Gefühl hatte, war auf einer Klassenreise. Damals war ich auch der einzige, der aus dem Bus geholt wurde und bei dem geprüft wurde, ob ich tatsächlich einreisen darf. Ein Scheiß Gefühl, wenn man der Grund für die Verzögerung ist. Und die Verzögerung sollte sich hinziehen, denn ich wurde nun rausgebeten. Es war abends, es war kühl und es war windig und weil es mitten im Nirgendwo war, war es auch ziemlich dunkel. Dieso: „are you speak inglish?“ Ich spreche zwar auch französisch, aber ja. Klar ich spreche auch Inglish. “yes ofcause”, Dieso: “Why are you here” Okey ich kann auch wieder gehen, dachte ich mir!!! „Well, to spend my holidays here?” Dieso: “Where are you going?” Ichso, etwas verwirrt wegen der Frage, weil zwischen Ain-Sallah und Tamanrasset wirklich nichts liegt außer der Wüste. Also gut und gerne 400 km nichts. Wie gesagt, nichts außer Wüste, Geröllstein und Felsen u.s.w. Wo also könnte ich hin wollen, wenn nicht nach Tamanrasset? Ich alsoso: „Tamanrasset?“ Erso: „Tasche öffnen“ wieder kein bitte, kein freundliches lächeln. Nichts! Und in dem Augenblick fing mein Herz an schneller zu schlagen. Nicht etwa, weil der Mann so unglaublich attraktiv war sondern, weil ich ahnte was jetzt kommen würde. Ich öffne also meine Tasche und zeige ihm bewusst meine Klamotten. Eine Hose, mehrere Socken und Unterwäsche. Ein paar T-Shirts, Zahnbürste, Schlafsack usw, Als er auch den unteren Teil der Tasche sehen wollte, dachte ich okey. Scheiße… Ein Mikrofon mit Windpuschel, Eine Funkstrecke, Ein Diktiergerät, eine Canon 60D mit Batteriegriff, ein Objektiv 24-70 und ein ein Teleobjektiv 70-200mm, Blitz, und LED-Beleuchtung, mehrere Speicherkarten, eine Festplatte, ein Laptop usw Außerdem hing außen dran noch ein Stativ und ein Einbein. Tja jetzt erkläre dem Typen mal, dass das alles normale Tourismus Ausrüstung sei!!! Erso sehr bestimmt: „Was wollen sie damit hier?“ Und ich dachte mirso; nun bloß keine doofe Antwort geben, aber auch bloß nicht die Wahrheit sagen. „Äh ja also… Naja ich habe gehört das Tamanrasset echt super schön sein soll und da wollte ich dann unbedingt hin und tolle Aufnahmen machen. Ich meine, wann werde ich noch mal die Gelegenheit bekommen. Und wenn ich dann schon mal in Algerien bin, dann….“ Erso, zeigt auf das Senheiser-Mikrofon mit Puschel und die Funkstrecke mit Anstreckmikro: „Das habe ich in Algiers gekauft. War echt billig. Hätte nicht gedacht, dass ich das hier für so wenig Geld bekomme“ und grinse ihn überglücklich an. Scheiße, dachte ich mir. Ob er es wohl geschluckt hat? Der Bus wartet. Alle schauen aus den Fenstern. Die schauen natürlich jeder für sich, doch ich sehe wie alle Augen in dem Bus auf mich gerichtet sind. Ich kann deren Getuschel durch die Fensterscheiben hören. Ich muss es nicht wirklich hören, weil Sehen reicht mir schon. Der Typ verschwindet mit meinem Pass irgendwo auf der anderen Seite des Buses und lässt mich mit fünf bis an die Zähne bewaffneten Soldaten zurück. Voll übertrieben denke ich mir und was wohl Rambo jetzt machen würde. (Kleine Theorie: Er würde den Ersten mit der Canon 60D erschlagen und währenddessen noch ein Foto von ihm machen und dabei die Kalaschnikow erobern. Den zweiten mit dieser Kalaschnikow erschießen, aber nicht ohne vorher noch mit dem Puschelmikro ein Interview mit ihm geführt zu haben. Und den Dritten mit der Funkstrecke quälen während der vierte, der bereits flüchtet mit dem Stativ, das er wie ein Speer ihm hinterher schmeißt erschlagen. Der fünfte ergibt sich sofort und wird dann interviewt. Der Bus applaudiert) Er kehrt nach einer Weile wieder zurück. „Zu wem wollen sie In Tamanrasset“ Ichso: „Zu einem Freund“ und dachte mir; danke für die Frage, weil genau den rufen wir jetzt an. Wie naiv von mir zu glauben, dass es mitten im nirgendwo Handyempfang gibt. Aber die Jandarmarie hat Gott sei dank ein Telefon und rufen bei Muhammad an. (Falls irgendjemand das das Gefühl hat; ey die heißen ja alle irgendwie Muhammad, Omar und Yucef. genau so ist’s. Ich meine die Deutschen heißen ja auch alle Hans, Michael oder Christian) Ich habe keine Ahnung was Muhammad ihnen gesagt hat, aber es hat gewirkt. Nach dem Anruf durfte ich meine auf dem Boden ausgebreiteten Sachen (Damit auch ja jeder in dem Bus sieht, was ich alles in meinem Rucksack habe) wieder einpacken. Wenn ich vorher Angst hatte, dass mich irgendein Polizist festnehmen würde, hatte ich nun Angst, dass ich bei meiner Ankunft von irgendeinem Mitreisenden ausgenommen werde. Noch etwa fünf Mal wurde der Bus auf der Weiterfahrt nach Tamanrasset angehalten und jedes Mal wurde ich aufgefordert meinen Pass zu zeigen. Doch meine Tasche wollte die anderen Gott sei Dank nicht noch mal sehen. Jetzt bin ich in Tamanrasset. Sehr schön und scheiße heiß hier sage ich Euch. Eigentlich wollte ich ein Interview mit der Tuareg-Band Turaiwen führen und ein paar Tage mit einigen Tuareg in der Wüste verbringen bzw in der Stadt um den Mythos Tuareg zu entmystifizieren. Doch seit den jüngsten Entwicklungen in Nord-Mali kann keiner mit mir sprechen. Nicht das die nicht sprechen können sondern sie dürfen nicht, wenn sie kein Ärger bekommen wollen. Etwas eigenartig, weil auf der anderen Seite jeder hier behauptet, dass sie hier sagen können, was sie wollen. Ich alsoso empört mäßig: „Ja dann kannst Du doch wohl auch mit mir sprechen.“ Erso neunmalklug: „Ja kann ich auch und ich würde auch, nur du hast keine Autorisation hier als Journalist zu arbeiten. Das bringt mir, Dir und unserem Freund Muhammad nur ärger. Warum unterhalten wir uns nicht über die Türkei“ Ichso: „Häää…“
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Augen auf bei der Berufswahl

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Ich hatte schon heftig geflucht als ich auf den Weg nach Tamanrasset war, weil es 24 Stunden gedauert hat und 1500 km nur Steine und Sand zu sehen gab. Und nun habe ich mich dazu entschlossen, dass ich mich mal auf den Weg in die scheiß Wildnis mache. Jedes mal wenn ich das mache, denke ich mir; verdammt, da habe ich nichts zu suchen. Ich bin ein Stadtkind. Doch es gibt in Tamanrasset selber so gut wie fast überhaupt nichts zu sehen. Wobei ich mit einem gewissen erstaunen festgestellt habe, dass Tamanrasset wohl die internationalste Stadt in Algerien ist. Es gibt Malier, Niger, Mauretanier, Beniner, Burkina Fasoer, Libyer usw. Türken gibt’s hier jedoch nicht. Naja, bislang nicht. Jetzt bin ich ja da! Und alles wird besser werden. Es bleibt mir also nichts anderes über, als raus zu fahren und das, obwohl ich das eigentlich wegen den Reisewarnungen nicht machen wollte. Aber 7 Tage bei Muhammad zusitzen und zu warten… Ich… und nichts tun??? Neeee…. Also dann lieber raus zu den Islamisten… Aber leider ist Muhammad, der früher Metreologe in Tamanrasset war, beschäftigt. Er muss einen liegen gebliebenen LKW von Omar, der bei SONATRACH, dem staatlichen Erdöl- und Gasunternehmen für die Logistik zustänig ist, aushelfen. (kein Wunder das der so viel Cash hat) Was für mich heißt; ich bin erstmals in Algerien auf mich alleine gestellt und das ausgerechnet hier. Naja nicht ganz alleine. Ein Freund von Muhammad hat sich meiner angenommen. Mustafa, der Tuareg wird mich nun also drei Tage durch die Wüste fahren. Wobei, es gibt hier überhaupt keine Wüste zu sehen. Dafür bekomme ich über hunderttausende Millionen von Steinen zu sehen. Große, kleine, runde, eckige. lange, dünne usw. Ich bin sicher, dass ich jetzt jede Form von Steinen gesehen habe. Ich bin so was von genervt von diesen fucking Steinen. Was alle hier für eine schöne Aussicht halten, ist für mich nichts als Langeweile. Mustafaso:„Willst Du das nicht fotografieren?“ Ichso: „Was denn? Die Steine? Neee.“ Steine habe ich schon mal fotografieren, als ich Nevada im Nationalpark Monument Vally war. Damals habe ich drei Filme voll von Steinen fotografieren und später nie wieder angesehen. Seither fotografiere ich Menschen. Die finde ich auch nach Jahren noch interessant. Aber Steine…. Ich bin doch kein Geologe. Ich bin Philantroph. Nach dem ersten Tag Buckelpiste war ich komplett durchgeschüttelt. Also nichtso; Oh das war aber wackelig, sondern so richtig stundenlange Wackel- und Buckelpisten. Das eine Straße zu nennen ist eine Beleidigung für jede Straße, die ich bisher befahren durfte. Über diese Schotterpisten fährt man Richtung Assekrem, dem höchsten Berg des Hoggars mit 2780 m. Irgendwann Mustafaso: „Hey wir fahren auf einen Berg auf dem ein Kloster steht, um von da den Sonnenuntergang zu beobachten Ichso, derbe begeistert: „yiha, sehr cool.“ Ich wusste nur nicht, dass ich da hoch klettern muss, da dachte ich mirso: „Was? Fuck off!!!“ Das habe ich einmal am Mosesberg gemacht und ich hatte mir damals geschworen das niemals wieder zu machen. Nie nie wieder. Und ich habe angefangen zu fluchen und zu schimpfen. Und als ich damit fertig war, habe ich von vorne begonnen und geflucht und geschimpft. Ich hatte jedoch letzten Sommer gelernt, dass es nicht immer so schlimm sein muss, wie auf dem Mosesberg und es sich auch lohnen kann. Als ich dann oben ankam, dachte ich mirso: „Waw…. coooool.“ Ich wurde von Pater des Klosters begrüßt. Ich hatte ja keine Ahnung, dass dort tatsächlich Menschen wohnen. Geschweige denn, dass ich gedacht hätte in den Bergen um Tamanrasset in Algerien einen katholischen Pater zu begegnen, der auf dem Berg mit drei weiteren Brüdern, wie ein Eremit lebt. Ungeahnt alter. Ich betone! In den Bergen um Tamanrasset in Algerien unweit der Sahara, leben drei Brüder. Ein Spanier, ein Pole und ein Franzose des Foucauld Orden auf der Spitze des Berges Assekrem. Ich so: „Ey was’n hier los?“ Erso: „Herzlich willkommen“ und drückt mir erst mal Wasser in die Hand, dass ich unten im Auto vergessen hatte. „Ruhe Dich erst mal aus“ Ichso super krass übertrieben erstaunt:„Okey. Vielen Dank.“ und hole erst mal minutenlang Luft. Dann irgendwann: „Was machen Sie denn hier“ Erso, mindestens so erstaunt, ob der Frage, wie ich, ob seiner Anwesenheit und seiner kleinen Hütte: „Ich wohne hier.“ Ichso, sehe,dass er hier wohnt, will es aber nicht glauben: „Wieso in Gottes Namen?“ Erso:„Naja in Gottes Namen eben und für den Erhalt des Klostern von Foucauld.“ Ah ja, dachte ich mir okey. Er erzählt mir alles, was man über das Kloster und Foucauld wissen muss, was ich hier nicht machen möchte, weil es dafür Wikipedia gibt. Ich unterhalte mich ja grundsätzlich gerne über Religion. Dabei beschränke ich mich eher auf das Christentum und den Islam. Und da war ich hier genau Richtig. Aber es ging um viel viel mehr als nur um Religion. Es ging vor allem auch darum, warum man sein Leben, wie führt und was am Ende dabei rauskommen soll. Bei Sonnenuntergang auf einem Berg in der Sahara mit einem Pater über Gott, die Welt und den Sinn des Lebens zureden… Es gibt nicht viele solcher besonderer Momente im Leben. Dieser Augenblick war mit Sicherheit ein sehr besonderer. Ich kann unmöglich alle Einzelheiten über das Gesprächs wiedergeben und ich möchte es auch nicht, aber ich kann sagen, dass ich es als unglaublich bereichernd empfunden habe. Ich habe auf dieser Reise bereits viel gelernt; über Menschen, Ihre Lebensart aber vor allem über mich selber. Aber diesen Abend mit dem Pater des Foucauld Ordens auf dem Berg Assekrem in Algerien, werde ich bestimmt mein lebenlang nicht vergessen. Alleine dieser Abend, das Gespräch, der Sonnenuntergang und die Atmosphäre, war alle Qualen, jede Buckelpiste und den anstrengenden Aufstieg auf den Berg wert. Ich glaube, ich würde für so einen Abend um den halben Planeten reisen. Das wäre es mir wert. Ich würde das jederzeit nochmal machen.
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l'Assekrem du Hoggar chez les petit frère de Charles de Foucauld

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: „Mythos Tuareg“ Wenn ich eins hasse wie die Pest, dann sind das Touristen und Orte für Touristen. Okey es gibt etwas, dass ich noch mehr hasse als Touristen und das sind Mücken. Es gibt überhaupt keinen Zweifel, dass Mücken eine absolut überflüssige Schöpfung Gottes sind. Ich glaube, dass es wirklich keinen einzigen sinnvollen Grund gibt, warum es Mücken geben muss. Das Problem mit ihnen ist, dass sie mich finden wie einen Cruise-Missiles. Egal wo ich bin und wie gut ich mich versteckt habe, mich finden sie. Auch wenn es viele andere in meiner Umgebung gibt, die sie gar nicht erst versuchen anzugreifen, mich greifen sie an. Sie haben mir persönlich den Krieg erklärt. Selbst wenn ich ihnen ein Glas Blut anbieten würde, sie würden es bevorzugen mich zu stechen. Soviel steht fest. Ich wurde schon über hunderttausend Mal von ihnen zerstochen. Mein ganzer Körper zeugt von zahlreichen Schlachten, die über die Jahrzehnte dort ausgetragen wurden. Es gibt auch keine Hoffnung auf Frieden. Dieser Krieg wird nie enden. Zudem sind sie so unfair wie Terroristen. Sie verstecken sich. Meistens kommen sie dann in der Dunkelheit der Nacht im Geschwader und greifen rücksichts- und erbarmungslos an. Vor Gericht wäre das ein arglistig hinterhältiger und vorsätzlicher Angriff, der von mir meist mit dem Tode bestraft wird. Ich hasse Mücken über alles in der Welt. Okey, aber ich hasse auch Touristen, denn Touristen sind wie Mücken. Sie kommen in Scharen, wollen nur das eine. Sie saugen das Land, die Menschen und die Kultur aus, bis nur noch eine künstliche Reizbeule dessen überbleibt, was einmal authentisch und natürlich war und dann hauen sie ab, als sei nichts gewesen. Dabei verhalten sie sich, als wäre es das selbstverständlichste der Welt, dass sie das jetzt mal dürfen. Schließlich haben sie „bezahlt“. Deswegen hasse ich Touristen. Nicht ganz so sehr wie Mücken aber fast. Und auch Orte die Extra für diese abgefuckten (wieso bietet mir Word eigentlich kein Synonym für „abgefuckt“ an) Touristen hergerichtet sind. Das schlimmste, dass ich in dem Zusammenhang je gesehen habe, war Port-el-Kantaoui in Tunesien. Wenn’s nach mir gehen würde, dann könnte man das gleich wieder abreißen. Als mich Mustafa dann auch noch zu so einem touristisches Touareg-Camp gefahren hat, wollte ich sofort wieder weg. Ichso, voll enttäuscht, noch im Auto sitzend und nicht aussteigen wollend: „Neeee… lass uns gleich weiterfahren. Hier habe ich nichts verloren.“ Und weg waren wir. Ich habe zwar keine Ahnung, wie ein Tuarag-Camp aussehen sollte, aber das hier war so sauber und so organisiert, geordnet und eingezäunt und spätestens als ich die Snowboards an der Hütte gesehen hatte, war mir klar, dass ich ganz ganz schnell wieder weg muss. Es hat etwas gedauert bis ich Mustapha erklären konnte, was ich eigentlich sehen will bzw erleben will. Nämlich; Ich will Tuareg in freier Wildbahn erleben. (Wahrscheinlich bin ich mit dieser Einstellung schlimmer als jeder Pauschaltourist. Das ist mir aber Scheißegal. Wenn ich keine echten Tuareg in mit ihrer echten Lebensweise kennenlernen kann, dann kann ich auch in Tamanrasset bleiben. Künstliche Tuareg will ich auf keinen Fall sehen) Mustapha hat es aber wohl verstanden und hat mich querfeldein zu einem Camp gefahren, wo tatsächlich nur echte Tuareg leben. Alles seine Freunde, mit denen er aufgewachsen ist. Für gewöhnlich, wollen die paar Touristen, die es Trotz aller Reisewarnung hier her verschlagt nicht die echten, sondern die künstlichen Tuareg, die „l’hommes blue“ sehen. Die, die sie aus dem Fernsehen oder Romanen kennen. Sie wollen in 5 Sterne Tuareg-Camps fahren. Wildnis und Komfort. Ich hingegen will eigentlich keine Wildnis, aber auch kein Komfort. Dachte ich… Tja jetzt hatte ich den Salat. Kein Strom, kein fließendes Wasser, kein leckeres Essen, kein Bett. Eigentlich kein gar nichts. Naja dachte ich mir; Jetzt darfst du dich nicht beklagen. Du hast es dir schließlich so ausgesucht. Bitteschön. Viel von Romantik hat das Leben hier nicht. Es ist eher ein hartes, raues Leben. Okey sie leben teilweise inzwischen in Häusern, die vom Staatfinanziert werden, aber sie leben teilweise eben auch noch in Zelten und wandern durch die Wüste. Aber auch in bin nicht frei von Vorurteilen und musste lernen, dass es „den“ Tuareg nicht gibt. Es gibt welche, die Leben in Algerien. Die sprechen zwar die gleiche Sprache und haben ähnliche Bräuche, wie die in Niger, Mali, Libyen oder Mauretanien, aber die sehen ganz anders aus und haben ein ganz anderes Selbstverständnis. Wie anderes das Selbstverständnis der Tuareg in unterschiedlichen Regionen sein kann, zeigt sich gerade in Mali oder Ex-Mali und zukünftiges Azawad. Um sich das mal etwas vorzustellen. Das ist in etwa vielleicht so, als würde man sagen, dass alle der lateinischen Sprachgruppe angehörenden Länder, also Portugal, Spanien, Frankreich, Italien und sogar Rumänien sei ein Volk, die alle dasselbe denken und alle die selbe Kultur hätten. Kurz gesagt: Es gibt nicht „den“ Tuareg. Eigentlich hätte ich das wissen müssen. Es gibt nämlich auch nicht „den“ Türken und schon gar nicht „den“ Islam. Naja, dies weg sein und diese Abgelegenheit fühlt sich eigentlich ganz gut an. Das doofe ist jetzt nur, dass der Akku von meinem Laptop alle ist. Meine Batterien für mein Fotoapparat ist fast leer und mein Handy ist schon aus. Alles was ich so mit mir rum schleppe, ist nun nach drei Tagen aus. Und keine Steckdose im Umkreis von 100 km. Ich hab nicht mal einen Stift und die Tuareg auch nicht. Ich konnte mich irgendwann nicht mehr ablenken. Kein Laptop, Handy oder Fotoapparat nicht mal ein Stift. Was macht man dann??? Und auch hier habe ich wieder gelernt. Das man das alles gar nicht braucht. Überhaupt braucht man nicht viel um glücklich zu sein. Seit Algiers zeigt es sich, dass die Menschen immer weniger besitzen, aber deswegen nicht weniger glücklich sind. Es ist inzwischen eine Reise geworden, die das unter Beweis stellt, was man eigentlich theoretisch irgendwie weiß aber nicht praktiziert. Es fing an mit der Schwester Jesual vom Mutter Teresa Orden. Weiter mit den Jungs aus Mali in Ghardaya und jetzt sind es der Pater auf dem Berg Assekrem und nun die Tuareg. Alle haben eines gemeinsam. Sie haben alle nicht viel Geld, um nicht zu sagen, sie haben eigentlich gar kein Geld. Sie haben alle auch nicht viel Besitz und wenig von dem was wir Perspektive nennen würden. Doch sie sind alle irgendwie zufrieden. Vielleicht sind sie sogar Glücklich. Manchmal denke ich auch darüber nach, ob ich nicht einfach alles gut-sein-lassen sollte und meine Sachen packe und in die Türkei in unser Dorf ziehe. Was brauche ich schon im Leben. Wobei es würde mir vermutlich schon reichen, wenn es einfach keine Mücken mehr geben würde. Ich glaube viel mehr brauche ich nicht um glücklich zu sein.
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Ein Dorf in der Sahara bei den Tuareg

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Als ich in Hamburg losgefahren bin, war mir klar, dass ich auf der Suche nach etwas sein würde. Ich wollte auch weg um irgendwie alles hinter mir zu lassen, weil ich schon lange nicht mehr zufrieden und glücklich war. Es sollte eine Art Neustart werden, was überhaupt nicht so geklappt hat, wie ich es mir naiver Weise gedacht habe. Ich habe aber etwas anderes gelernt. Ich kann nicht sagen wie lange diese Erkenntnis anhält, aber ich bilde mir im Moment ein es verstanden zu haben, warum ich losgefahren bin. Es geht um das glücklich Sein. Wie wird man glücklich? Die Stoastiker meinen, dass man sich von allen Dingen, die man selber nicht beeinflussen kann, befreien muss. Da bleibt dann bis auf die eigene Einstellung zu Dingen nichts über. So oder so ähnlich sehen es die Buddhisten auch. Befreie dich von allem materiellen Dingen des Lebens. Da bleiben dann die Gefühle. Nicht ganz unerheblich, wie ich finde. Aristoteles dazu: Ein tugendhaftes Leben führt zur Eudämonie, die nur sich selber zum Selbstzweck hat und damit Ziel aller Handlungen ist. Im Moment leben wir im Westen aber eher nach dem Prinzip des Hedonismus. Genießen um glücklich zu sein. Dabei ist die Glückseligkeit doch eher ein biochemischer Zustand wie das verliebt Sein. Um diesem biochemischen Zustand auf die Sprünge zu helfen, nehmen so viele Menschen Drogen oder hauen sich jedes Wochenende oder öfter die Birne mit Alkohol zu. Es geht am Ende immer irgendwie um das glücklich Sein. Was ich jedoch hier festgestellt habe, ist, dass das glücklich Sein nichts mit Besitz zu tun hat. Weder beruflich noch privat und noch viel weniger materiell. Okey dafür muss man nicht erst in die Sahara fahren, um sich darüber bewusst zu werden, aber hier hat es mich tiefgründiger bewegt, als es das wohl möglich in Hamburg getan hätte. Ich meine wir haben auch in Hamburg in der Billstraße Asylanten aus Mali, Niger, Kenia, oder sonst irgendwo aus Afrika, die für einen Sklavenlohn Elektronikzeug in einen Container stopfen oder in Küchen Geschirr spülen, während wir draußen lecker im Garten eines Restaurants essen. Man muss nicht hier her kommen, um solche Ungerechtigkeit zu entdecken. Wir haben auch Nonnen und Klöster in Deutschland, in denen die Schwestern und Brüder sehr spartanisch leben und glücklich zu sein scheinen. Das was ich hier erlebt und gesehen habe, gibt es alles auch bei uns und trotzdem hat es mich hier irgendwie alles bewegt und verändert. Das ist mir heute besonders klar geworden, als ich Muhammad in seinem Garten besucht habe. Am Rande von Tamanrasset und damit auch am Rand der Wüste, hat er nämlich einen eignen Garten. Für Araber und Muslime schon seit Jahrhunderten etwas sehr besonderes. Eine Garten Eden zu besitzen, bringt sie auf Erden dem Paradies etwas näher (sozusagen ein biologischer Jihad) um soll ein Vorgeschmack auf den zu erwartenden Lohn im Jenseits zu erhaschen. Auch deswegen waren die Gärten in Bagdad zu Zeiten von Harun al-Rashid im 800 Jahrhundert so legendär. Auch die Gärten in Andalusien im 11 Jahrhundert waren Sagenumwoben. Und auch die Osmanen in Istanbul im 15. und 16. Jahrhundert, ließen sich dahingehend nicht lumpen und bauten riesige Gartenanlagen. Nach 35 Jahren Arbeit ist Muhammad bis auf seine kleine Rente und dieser Garten nicht viel geblieben. Aber er braucht auch nicht viel mehr. Wenn man die Leidenschaft sieht, mit der er hier jeden Tag schuftet. Mit welcher Liebe er die Blumen streichelt… als wäre es eine Frau. Er kennt jede einzelne Pflanze und jede einzelne Blume in seinem Garten (oder soll ich sagen Harem) und freut sich wie ein Kind, wenn er eine Blüte entdeckt, die sich gerade blüht. Er ist zwar schon 70 Jahre alt und müsste sich das alles nicht antun, aber es geht um Beschäftigung und es geht darum etwas zu schaffen, was Seins ist. Etwas zu haben, dass er mit Liebe, Leidenschaft und Energie aufgebaut hat. Es geht um Schöpfung und Bewegung. Außerdem ist es unglaublich befreiend, sagt er. „Freiheit pur.“ Und das ist etwas, dass ich sofort verstehen kann. Viele halten mich mit meiner Leidenschaft für VW T3 Syncro 16“ Campingbus für verrückt. Aber was viele eben nicht verstehen ist, dass es nicht darum geht einen Bus zu haben, der irgendwie funktioniert. Wenn das das Ziel wäre, dann würde ich mir einfach einen VW T4 Baujahr 2001 kaufen und fertig. Es geht um mehr. Es geht darum seinen Kopf in den Motorraum zu stecken und Stunden über Stunden darüber nachzudenken, welche Schraube man nun, wie, am besten löst, um an die darunterliegende Schraube zu kommen. In dem Augenblick ist diese Frage das essentielle auf der Welt. Darum ist es so befreiend. Weil man in dem Augenblick an nichts anderes denkt, als an diese 13er Schraube und das Drehmoment. Alles andere wird unwichtig. Probleme verschwinden aus dem Kopf. Übersetzt heißt das, dass die 13er Schraube Freiheit bedeutet!!! Das muss man erst mal verstehen. Außerdem ist es Liebe und die kann man nicht erklären, darum versuche ich es gar nicht erst. Es ist also egal, wie oft mich dieses Auto im Stich lassen wird, wie viele Stunden ich unter dem Bus oder im Motorraum oder sonst irgendwie mit dem Bus beschäftigt sein werde. Ich weiß jetzt schon, dass es nie sein Ende finden wird und das ist auch gut so, denn so werde ich immer etwas an dem Bus zu tun haben. Wenn ich eines Tages sterben werde, dann werde ich diesen Bus immer noch haben und bis dahin 13er Schrauben lösen und befestigen. Ich vermisse mein Bus. Ich wünschte er wäre hier mit mir und würde mit mir diese Wüste durchqueren. Mir würde es an nichts fehlen. Ich wäre wie zu Hause. Es ist diese Form des glücklich Seins nach der ich mich sehne. Es geht nicht um Geld, Erfolg, Ruhm oder Ehre. Es ist viel einfacher. Es geht um Liebe, das ist alles und das reicht auch schon.
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Tamanrasset in Algierien

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: Manchmal lernt man aus seinen Fehlern und manchmal, um Miles Davis zu zitieren, gibt es keine Fehler. Alles hat irgendwie seinen Sinn. Auch Fehler sind da um aus ihnen zu lernen. Dieses mal dachte ich mirso; okey ich fahre nicht noch mal mit dem Bus, sondern nehme dieses mal das Flugzeug in das 700 km entfernte Djanet an der Libyschen Grenze. Der Flug sollte um 2:30 in der Nacht gehen. Also war ich bereits um 00:30 da. Am Flughafen ging dann die Befragung wie gewohnt fort. „Was machen sie hier / was wollen sie hier / sind sie ein Journalist usw.“ Dabei ist inzwischen alles protokolliert. Denn speziell im Süden Algeriens, aber auch im Norden müssen Gastgeber sich bei der Polizei melden, wenn ein Ausländer bei ihnen wohnt. Das ist so als wenn ich jedes mal zu der Polizeiwache in der Kaiser-Willhelm-Str. rennen würde, weil irgendein Freund aus Spanien, Frankreich oder der Türkei bei mir wohnen würde. Das muss man sich mal vorstellen. So hat also Muhammad der Polizei gemeldet, dass ich bei ihm wohnen würde. Am Flughafen wurde ich dann befragt, wo ich alles gewesen sein. Ichso zähle auf: „Ah ich war in Algiers, Bijaja, Busa’ada, Ghardaya und Tamanrasset.“ Der Polizist so: „Das war’s?“ Ichso: „Ja!“ Erso: „Sind sie sicher?“ Ichso: „Ja!“ Erso, schaut in seinen Computer: „In meinen Unterlagen steht, dass sie noch in Ain-Sallah waren.“ Ichso, derbe erstaunt, dass sie selbst das protokolliert hatten. „Äh ja stimmt da war ich auch.“ Erso, so extrem zufrieden mit sich selber tippt irgendwelche Sachen in seinen Computer. Ichso, erstaunt, erschrocken über das Protokoll, dass man hier über mich führt und gleichzeitig genervt: „Wenn sie doch wissen, wo ich alles schon gewesen bin, warum fragen sie mich dann.“ Erso: „Formalität.“ Ahja, naja ich habe da eher eine andere Theorie. Ich denke mir eher so, die haben nichts anderes zu tun als harmlose Touristen zu belästigen. Das alles hatte mich schon heftig genervt, aber ich bin ja sehr geduldig. Doch auch meine Geduld hat irgendwann sein Ende. Als ich nun 2 Stunden am kleinen Flughafen in Tamanrasset auf meinen Flug gewartet hatte und der plötzlich abgesagt wurde, weil ein Reifen des Flugzeugs nicht in Ordnung war, war meine Geduld eigentlich am Ende. Dennoch dachte ich mir; Gut, dass die nich mit beschädigten Reifen abheben. Also cool bleiben. Doch der nächste Flieger geht erst in 24 Stunden. Scheiße. Für die übrigen Fluggäste übrigens auch nicht gerade lustig. Doch Air-Algerie hat uns allen angeboten die Nacht und den Tag in einem Hotel in Tamanrasset zu verbringen. Ichso: „klar, warum nicht. Immerhin.“ Die Busse fuhren vor und alles stiegen ein. Doch ich und ein paar andere Ausländer wurden wieder aus dem Bus geholt. Wir mussten in einen Van einsteigen, der von der Polizei begleitet wurde. „Sicherheitshalber“. Um 3 Uhr waren wir im Hotel. Erst sollte ich mir das Hotelzimmer mit jemanden Teilen. Ichso: „neeeee auf keinen Fall“ Also bekam ich ein eigenes Zimmer. Nobles Hotel mit runtergerocken Zimmern. Aber sowieso egal, weil nach einer Stunde, ich war gerade erst eingeschlafen, klopfte es an der Tür. Dieso: „Madame Uludag….“ Ichso, im Halbschlaf: „Monsieurs Uludag… ja was gibt’s“ Dieso: „Der Flieger geht nun doch. Bitte packen sie ihre Sachen, wir fahren sie wieder zum Flughafen.“ Ich dachte mir so, dass muss ein Witz sein. Naja okey also Sachen packen zum Flughafen. Wieder Checkin!!! Wieder die große Befragung, (Dem Islam nach gibt es nach dem Tod die große Befragung. So werden die Engel kommen und fragen: Wer war dein Prophet, wieviele Götter gibt es? Wie heißt dein Glaube? Ich werde dann so antworten: „Hier, hier, hier“ heftig mit dem Armen wedelnd, „ich kenne die Antworten. Ich brauche auch keinen Telefonjocker!!! Muhammad, Allah und Islam. Komme ich jetzt ins Paradies?“) weil das Polizeipersonal inzwischen Schichtwechsel hatte. Ich hatte jedoch kein Schichtwechsel und war entsprechend genervt und aggressiv, was nicht so richtig klug war, weil die nun auch mir gegenüber sehr rabiat wurden und mein Stativ und Einbein nicht mit in den Flieger durften. Ichso: „Waaaaas???? Ich lasse das bestimmt nicht hier.“ Dieso: „Ja, aber in den Flieger dürfen sie das nicht mitnehmen.“ Mir war klar, dass ich das Stativ, dass mich gut und gerne 310 Euro gekostet hat und das Einbein, dass noch mal gut und gerne 120 Euro gekostet hat, also das ich die 430 Euro hier mit Sicherheit nicht liegen lassen werde. Die Schlange von wartenden beim Sicherheitscheck wurde immer länger und länger. Die Rettung war ein Fluggast, der sich meiner erbarmt hat und sich bereit erklärt hat, dass Stativ und mein Einbein in seinen Koffer zu packen und im als Gepäck mit aufzugeben. Mit der letzten mir noch über gebliebenen Geduld, habe ich mich dann auch wieder eingekriegt. Als es dann in den Flieger ging, ich dann völlig übermüdet und unausgeschlafen in Djanet ankam, fiel mir dann ein, dass ich meinem Guide vergessen hatte Bescheid zu geben, dass der Flug abgesagt wurde. Entsprechend war ich nun alleine in Djanet am Flughafen. Zum ersten Mal auf meiner Reise habe ich nun Polizeibeamte kennengelernt, die nett zu mir waren. Als sie gemerkt haben, dass ich der letzte auf dem super kleinen Flughafen in Djanet war, weder abgeholt wurde noch wusste wo hin ich gehen sollte, kamen sie auf mich zu und fragen, ob sie helfen könnten. Ich dachte mirso; hoffentlich fragen die mich nicht auch noch, ob ich ein Journalist sein. Ichso: „Naja, eigentlich sollte mich Tito (Nicht etwas der jugoslawische Staatsgründer) abholen.“ (Hätte ich aber auch super gefunden wenn mit Tito höchstpersönlich in Djanet abholt hätte) Dumm nur, dass ich auch seine Telefonnummer in Tamanrasset vergessen hatte. Diso: „kommen sie mal mit“ Dieso, führen mich in ihr Büro. Während sie versucht haben über die Einwohnermeldeamt, Freunde und Bekannte herauszufinden, wer Tito ist und wo er geblieben war, haben wir erst mal köstlich gefrühstückt und uns über Bayern und Real Madrid unterhalten. Dann bekam ich noch ein Cafe au lait und Zigaretten angeboten, die auch ausschlagen musste, weil ich ja inzwischen Nicht-Raucher bin. Aber ich habe mich sauwohl gefühlt, bei den Jungs am Flughafen in Djanet. Am Ende haben sie sogar Tito für mich gefunden. Ich wurde mit dem Polizeiwagen in die Stadt gefahren und Tito übergeben. (Irgendwie hatte das was von einem Gefangenenaustausch) Die waren sooo nett zu mir und haben sich alle Mühe gegeben, um mir das Gefühl zu geben, dass alles gut werden wird und ich mir keine Sorgen machen muss. Nur ein Foto wollten sie mich nicht machen lassen. Aber das haben sie so sympathisch abgelehnt, dass ich es ihnen nicht übel nehmen konnte.
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Mit dem Flugzeug über die Wüste

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:  Ich bin nun fast schon seit 3000 km auf der Suche nach der Wüste, so wie ich sie mir vorstelle. Inzwischen habe ich meine Erwartungen ja schon modifiziert, aber wenn ich 3000 km in die Tiefe der Sahara fahre, dann will ich verdammt noch mal auch die Wüste sehen, so wie ich sie mir vorstelle. (Schließlich habe ich dafür bezahlt Und Außerdem entspringt diese Vorstellung von der Wüste ja nicht meiner Phantasie, sondern folgt dem Bild in den Medien. Also Fernsehen und Fotos. Also muss es sie irgendwo geben und ich habe gehört, dass Djanet der richtige Ort dafür sei. Allerdings ist Djanet nun auch kein ungefährliches Pflaster (angeblich) Es liegt etwa 50 km von der Libyschen Grenze entfernt und die letzten Ausländer wurden in der Nähe von Djanet entführt. (Europäer, denn Malier, oder Nigerianer, werden in der Regel nicht entführt. Lohnt sich nicht. Türken sollten sich auch nicht lohnen) Daher habe ich mich entschlossen, oder ich wurde gezwungen einen Guide zu mieten. Schon irgendwie komisch, so einen Guide zu mieten. Wahlweise für 2 Tage mit Vollverpflegung und Hotel oder nur als Fahrer. Auf jeden Fall gibt es in Djanet, aber auch in Tamanrasset Guidepflicht, so wie bei uns Anschnallpflicht im Auto gibt. Also habe ich mich Wohl oder Übel der Pflicht unterworfen. Schließlich komme ich aus Deutschland und dort wurde man dazu erzogen, sich der Pflichten unterzuordnen. Wer bin ichm dass ich mich einer Pflicht entziehe. Also habe ich mir einen Pussy-Guide gemietet. Bisher konnte ich so eine Situation verhindern. Indem ich die Leute, die mir geholfen habe eingeladen habe und sämtliche Kosten übernommen habe. Das war für mich selbstverständlich. Oder aber es waren Freunde, wo es nicht nötig war sich darum zu kümmern. Aber jetzt jemanden dafür zu bezahlen, dass er mir Djanet zeigt… erkaufte Freundschaft… das kommt mir vor wie erkaufte Liebe…. oder Sex…. Sozusagen ein Guide-Nutte. Ich habe es am Ende aber so hingenommen und für mich umgedeutet. Ich habe ihm die 60 Euro für zwei Tage Djanet gegeben. Dafür hatte ich volle Verpflegung, ein Auto, einen Fahrer, ein Guide und ein Pension, die übrigens sehr sehr schön war, gekauft. Fairer Deal denke ich mir. (Nachdem 11/9 kam ein Reporter, Mike Littwin, von den Rocky Mountain News und wollte etwas über Hamburg schreiben. Ich war sein Guide und habe ihm 1500 DM für 3 Tage angeknüpft und mir später für das Geld eine Uhr gekauft. So habe ich vom 11/9 profitiert) Ich habe Tito, meine Pussy-Guide nun also darum gebeten mir Wüste zu zeigen, wie ich sie mir vorstelle. Auch hier in Djanet gar nicht so einfach. Aber es gibt sie hier. Also raus in die Wüste. Es ist schon irgendwie erstaunlich, dass die Jungs hier die Region wirklich gut kennen, denn sie fahren überwiegend auf Schotterpisten oder auch gerne mal knapp neben den Schotterpisten. Wie sie sich bei der immer gleichen Landschaft die Strecke merken können, bleibt mir irgendwie verborgen. Wahrscheinlich können sie sie sich auch nur so ungefähr merken und fahren eher nach Gefühl. Aber das soll mir reichen. Es war schon recht spät als wir ankamen und Tito meinte, dass wir hier jetzt übernachten müssen. Ich dachte er macht einen Witz, aber so schien es gar nicht. Naja okey, die werden schon wissen was sie tun (schließlich bezahle ich dafür) Am Lagerfeuer in der Wüste… Essen… Tuareg-Tee trinken… philosophieren… soweit alles ganz schön… aber als es dann so spät wurde, dass die Jungs, Abulkerim und Tito schlafen gingen, bin ich auf die Düne gegangen und habe einen Flash bekommen. Das war vielleicht krasseste Flash, denn ich je hatte. Ich glaube jeder der einmal in der Wüste eine Nacht verbracht hat, wird das bestätigen können. Ich hatte schon davon gehört und dacht mir ich könne ich mir schon irgendwie vorstellen, aber wenn man das nicht selber erlebt hat, ist es etwas anderes. So ist’s mit dem Sex ja auch. Man kann sich schon vorstellen, dass es etwas Schönes sein muss, aber wenn man es selber noch nicht erlebt hat, dann weiß man nicht wovon die anderen wirklich sprechen. Und genau so war es für mich nun in der Wüste. Leuchtende Sterne…brennende Sonnen…. dicht über meinem Kopf… nicht unendlich weit weg, sondern zum Greifen nahe…. Zudem kommt die absolute Stille, die man hören kann. Mir war bis heute nicht klar, dass man die Stille hören kann. Absolute Stille. Mir wurde das erst dann klar, als ich den Tinitus in meinem Kopf hörte. Ein leichtes säuselndes piepen, dass ich in der Regel nach Discobesuchen habe. So leise ist es in der Wüste, dass man überhaupt nichts hört. So ein Zustand gab es so gut wie nie in meinem Leben. Nicht nur, dass ich in Hamburg in der Neutstadt wohne, sondern in der Regel hört man selbst auf dem Land den Wind, ein Hund oder irgendwelche Bienen oder Fliegen oder sonst irgendetwas. Aber dass man absolut nichts hört…. Der Kopf kommt da nicht so recht mit, denn es ist schwierig zu erklären. Nicht nur für mich jetzt hier schriftlich, sondern auch in dem Moment in dem man das erlebt, ist es schwer zu verstehen. Man sieht die unendliche Weite der Wüste… Man sieht die unendliche Weite des Universums mit all seinen brennenden Sonnen und trotzdem fühlt man sich erdrückt und eingeengt. Man sieht das Nichts und man hört die Stille…Etwas derart extrem Paradoxes kenne ich nur wenn ich Fieber habe. Dort fühlen sich die Extreme wirklich extrem an, ohne dass ich sie sehen kann. Doch hier kann ich den Extremen zu sehen. Ich wurde von der Unendlichkeit erdrückt.   Irgendwann war das dann auch nicht mehr witzig und ich drohte zu implodieren. Mein Kopf kam nicht mehr mit. Ich hatte das Gefühl, dass ich Flashbacks habe, die sich in meinem Kopf ausbreiten. Ich bin aufgestanden und musste etwas in der Gegend rumrennen… Geräusche erzeugen… habe mein Handy rausgeholt, um dem Universum mein Handy entgegenzusetzen… oder auch etwas vertrautes zu sehen, dass ich zu verstehen glaubte… das Licht von meinem Handy dunkelte die brennenden Sonnen und das Universum etwa ab. Nach einiger Zeit hatte ich mich wieder gefangen, war ich doch eben noch mir selber entflohen. Und plötzlich wurde mir klar, warum das Judentum, das Christentum und der Islam in Wüsten entstanden waren. Es gibt durchaus beeindruckende Landschaften und ich habe auch schon einige davon gesehen. Ich war schon in Urwäldern, Geröllsteinwüsten, Ackerlandschaften und auf Bergspitzen oder Unterwasserlandschaften, aber das Gefühl, dass ich an diesem Abend in auf der Spitze einer Düne in der Sahara hatte…. Eigentlich ist es unbeschreiblich auch wenn ich mich bemüht habe es zu beschreiben.
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Das ist die Sahara

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kaum war ich in Algier gelandet, hieß esso: „Özgür… ich spiele heute im Finale Fußball. Kommst Du und machst ein paar Fotos?“ Ichso: „Logisch.“ Und weil ich während meiner eigenen Schulzeit selber häufiger in einem Finale stand, hatte ich eine gewisse Vorstellung davon, was es dem Sohn meines Gastgebers bedeuten würde. Vier mal stand ich mit der Schulmannschaft bei „Jugend trainiert für Olympia“ im Finale für Hamburg und vier mal haben wir gewonnen und sind zum Bundesfinale nach Berlin gefahren. Einmal haben wir sogar ein Finale gewonne, der uns ein 3 wöchigen Aufenthalt im Westen der USA einbrachte. Jedes dieser Finale war auf einen Rasenplatz mit Schiedsrichter und Linienrichtern. So richtig professionell. Sogar mit Tribüne und so. nur war niemand auf dieser Tribüne. Naja nur ein paar Schulfreunde, die die Gelegenheit genutzt haben um der Schulstunde fernzubleiben. Aber gejubelt haben die nicht so Richtig. Im Finale im Stadtteile Mijanmare war dagegen die Hölle los. Schon von weitem hat man die Fangesänge der Schüler gehört. Sie haben ununterbrochen Hymnen ihrer Schule gesungen. Für sie war das Fußballspiel eher Nebensache. Man hatte eher das Gefühl, dass sie froh waren endlich mal gröllen zu dürfen. Selbst als das Fußballspiel dann irgendwann begann und die ersten Tore fielen, kam der Jubel immer erst Zeitverzögert, was dafür sprach, dass die gar nicht aufgepasst haben. Hin und wieder drohte die Stimmung zu kippen. Als dann die Jugendlichen der einen Schule auf die Schüler der anderen Schule losgingen. Richtig übel wurde es, als dann die ersten Bengalos gezündet wurden. Das muss man sich mal vorstellen. Ein Schülerfußballspiel und die Schulklassen zünden Bengalos. Die Lehrer waren irgendwie ziemlich desinteressiert. Am Spielfeldrand stehen immer mehr Schüler, so dass das Spielfeld immer Kleiner wurde. Einige beginnen mit Steinen auf Spieler zu schmeißen. Es grenzt an ein Wunder, dass keine getroffen wurde. Kein Wunder das regelmäßig bei Auseinandersetzungen bei Fußballspielen Menschen sterben. Jetzt muss man sich mal vorstellen, dass bei Auseinandersetzungen zwischen St.Pauli und FC Hansa Rostock Menschen sterben…was dann bei uns los wäre. Hier nimmt man das relativ gelassen hin und sag sich, ja das passiert hier schon mal. Ich denke mirso: Ja seit ihr den Wahnsinnig? Kein Wunder also, dass bei jedem Spiel der algerischen Liga ein groß Aufgebot der Polizei bereit steht um die Auseinandersetzung einzudämmen.  Aber nicht nur bei simplen Schülerspielen ist die Stimmung immer ganz knapp davor zu kippen, sondern auch bei Benefizspielen für die Unesco bei denen Christian Karembeu (France), Alessandro Altobelli (Italie), Jean Marie Pfaff (Belgique) anwesend waren. Aber auch algerische Stars wie Rachid Mekhloufi, Lakhdar Belloumi und Aziz Bouderbala waren natürlich dabei. Der größte algerische Fußball Superstar ist aber wohl Rabah Madjer. Sie alle haben sich versammelt um ein UNESCO-Benifizspiel im Stadion „5.Juli“ zu spielen. Die meisten Tickets waren kostenlos verteilt worden. Insofern frage ich mich, wer das alles bezahlt hat und wie hoch dann schon die Einnahmen sein können. Benefizspiel hin oder her am Rande des Spieles kam es dann wie gewohnt zu Auseinandersetzungen. Es kann jedoch unmöglich wegen dem Spiel gewesen sein. Wahrscheinlich wollten sich einig mal wieder prügeln.
Schon in Tamanrassat als ich in einem Restaurante das Hinspiel von Bayern München – Real Madrid gesehen habe, kam es fast zu einer prügelei, weil irgendjemand Cristiano Ronaldo beleidigt hatte. Überhaupt, wird der hier derart angehimmelt, dass man denken könnte, der sein ein Algerier. Diesen Algerien bedeutet Fußball soviel, dass die Jugendlichen hier in der Regel jeden Tag mit Trikots und Jogginganzügen rumlaufen. Das ist hier sozusagen Alltagskleidung. Ein ganz schöner Schok für mich. gerade war ich noch in der Wüste und habe über das Leben, die Bedeutung des Lebens nachgedacht und schon werde ich mit einer Fußballmanischen Situation konfrontiert. Auch damit muss man erst mal fertig werden.
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Fussball auf algerisch mit Mahir

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Türken gibt es nicht nur in Deutschland, sondern auch in Algerien. Mit einigem Erstaunen habe ich festgestellt, dass es in Algiers mehr Türken als Deutsche gibt. Vielleicht sogar mehr als Franzosen. Und ich bin mir sicher, dass es eines Tages mehr Türken in Algiers geben wird als Algerier. Das war schon mal so. Ist zwar nun etwas mehr als 200 Jahre her, aber es wird sicher keine 200 Jahre brauche, bis wir dieses Land wieder erobert haben. Sicherlich nicht militärisch -wer ist schon so doof und würde das im 21. Jahrhundert Krieg noch machen? Außer den Amerikanern natürlich- aber sicherlich kulturell, wirtschaftlich und demografisch. (religiös müssen wir hier nicht mehr viel machen) Dafür haben wir jetzt schon angefangen unsere ersten Neutralisierungsbomben über das Fernsehen abzuschicken. Keine Fernsehserien werden häufiger und intensiver gesehen als türkische Serien (die übrigens sogar in Mali und anderen afrikanischen Staaten großen Anklang finden) Unsere Süßigkeiten kann man in jedem Kiosk finden und sogar unserer Mode ist auf dem Weg hier her. Ich bin ja schon mal da und mit mir sind es mehrere tausend Türken. Und wir sind wahnsinnig beliebt. Wenn ich sage, dass ich aus der Türkei komme, dann freuen sich die Algerier gerade zu. Okey die fangen jetzt nicht an zu jubeln und brechen in Fangesänge aus. Sovonwegen: „Wiiiiiiiir wooollllen diiiie Türken sehen, wir wollen die Türken sehen, wir wollen die Türken.. die Türken wollen wir sehen.“ Soweit ist’s noch nicht… kann ja aber noch werden. Denn immerhin, überall wo ich in diesem Land war. Die Türken waren schon da. Also nicht die alten Osmanen, sondern die neuen Türken. Egal ob in Busa’ada, Ghardaya, Tamanrasset oder Algiers. Überall sind die Türken am Start. Sie haben Fabriken, Industrien und bauen die Schienennetz aus und und und. Sie machen das, als wäre es ihre Heimat. Eigentlich bin ich wie zu Hause, aber damit ich mich richtig richtig zu Hause fühle, muss ich auch wie zu Hause essen können. Und da wo es Türken gibt, gibt es auch türkisches Essen dachte ich mir und ich dachte nicht falsch. Im Stadtteil Bab-el-Ouad gibt es ein großes türkisches Restaurant. Ich sag Euch, dass war ein Erlebnis. Mitten in Algiers plötzlich Türken zu treffen und türkisch zu sprechen. Ich liebe türkisch, Türken und alles türkische. Ich bin nirgendwo nationalistischer als im Ausland. Debei könnte zwar ohne alles Deutsche leben aber nie ohne alles Türkische. Das heißt, selbst wenn ich 1000 Jahre in Deutschland lebe, meine Seele bleibt immer türkisch. Da bin ich nun schon seit 8 Wochen hier und jetzt plötzlich entdecke ich die Türken in Algerien. Selbst ein Fremdsprachenkurs Türkisch gibt es jetzt hier. Nicht etwa weit weg, sondern direkt bei mir um die Ecke. Eigentlich würde es auch mir ganz gut tun mal ein Türkischkurs zu besuchen, weil mein türkisch schlechter ist, als es eigentlich sein dürfte. Das gilt eigentlich auch für mein Englisch, Französisch, Arabisch und Spanisch. Und wenn ich mir all die Rächtschraibfäler und Catastrofale Interpunktion! ansehe gilt, dass, eigentlich, auch; für: Deutsch. Eigentlich ein Wunder das mich überhaupt jemand versteht oder dass überhaupt jemand meinen Blog ließt. Umso erstaunter bin ich über die 979 Klicks, die dieser Blog bekommen hat. Aber wahrscheinlich lag es weniger an der überragenden Rechtschreibung und Interpunktion. Das kommt davon, wenn man in als Türke in Deutschland aufwächst und dazu gezwungen wird Englisch zu lernen, obwohl man lieber Französisch lernen möchte und einem dann Arabisch empfohlen wird.
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Die Türken Invasion in Algier

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…und plötzlich hieß esso: „Monsieur… bleiben sie bitte mal stehen… Monsieur…“, ich tu so als hörte ich nichts und fühle mich auch nicht angesproche, was natürlich nicht viel gebracht hat. Irgendwann holt mich der Typ, wer auch immer hinter mir ständig „Monsieur“ ruft, mich ein und hält mich auf. Er zeigt mir seinen Ausweis, weil er in Zivil ist. Ich glaube ihm auch sofort, dass er ein Zivilpolizist ist, weil genau so stelle ich sie mir vor. Und jetzt steht er vor mir. „Kommen sie doch bitte mal mit“ Ichso, obwohl ich eigentlich keine Wahl habe, versuche es aber trotzdem irgendwie abzuwenden und stelle ihmso ein paar fragen: „Was?? Wieso, was’n los?“ Was war passiert? Dieses mal habe ich mein Glück auf mehrfacheweise herausgefordert. Gerade gestern waren tausende Algerien auf der Strasse nachdem ein Mann in dem 360 km entfernten Jijel versucht hat sich selbstzuverbrennen, weil die Polizei seinen selbstgebauten Laden abreisen wollte. Entsprechend sensibilisiert waren die Sicherheitskräfte in Algiers. Zudem war ich heute nicht irgendwo unterwegs sondern in dem Stadtteil Bab-al-Oued. Falls eines Tages in Algerien widererwarten doch noch eine Revolution ausbrechen sollte, wird dass mit Sicherheit in diesem Stadtteil im Herzen Algiers (oder besser gesagt in diesem Pulverfass) passieren. Hier wo die Jugendlichen die Strasse kontrolieren und das sagen haben und schon mehrfach den Aufstand geprobt haben. Also auch anders gesagt, dass hier ist die Höhle des Löwen. Heute habe ich mich also mit meiner Ausrüstung offen auf die Strassen oder in diese Höhle gewagt. Doppelt doof. Zum einen hätte man mich ohne viel Mühen ausrauben können und zum anderen war klar, dass mich die Polizei irgendwann verhaften und wegsperren würden. Ich habe es oft provoziert und hatte bislang immer sehr viel Glück. Aber so naiv wie es klingt, war ich gar nicht, denn ich war nicht alleine im Bab-al-Oued. Ich war dieses mal mit Nabil und seinem Cousin Amir unterwegs. Es ist immer das klügste mit Leuten in ein Stadtteil oder eine Region zu fahren, die aus der Gegend kommen. Auch anders gesagt, wenn man schon in die Hölle des Löwen geht, dann doch möglichst mit anderen Löwen. Ich ich selber bin ja nun auch kein Kanninchen. Ich denke mir immer, wer in Horn aufgewachsen, in Mümmelmannsberg zur Schule gegangen ist und seine Jugend mit Hyänen auf der Reeperbahn verbracht hat, der weiß wie Kanninchen aussehen. Tja und es waren am Ende auch nicht die Löwen, sondern die Jäger die mich verhaftet haben. Warum eigentlich? Naja ich habe versucht mich mit den Löwen zu fratanisieren und sie vor laufender Kamera gefragt, warum es keine Revolution gegeben hat, ob sie denn alle feiglinge sein und was sie am Präsidenten Bouteflika kritisieren würden. Verdammt heißes Eisen. So heiß, dass es glüht bzw, schmiltz, wenn man solche Fragen im Bab-el-Oued stellt und Zivilplizisten in der Gegend sind und die Fragen mitbekommen…. Aber klug sind sie. Er ist nicht in die Masse gestoßen und hat mich da rausgezerrt, sondern hat abgewartet bis ich mit meiner Befragung am Ende war und wir in einer Seitengasse waren. Er verfolgte mich und Nabil bis er einige Schritte hinter mir war und es ebenso hieß: „Monsieur…“ Ich musste ihn selbstverständlich auf die Wache begleiten. Das wichtigste in so einem Augenblick ist es, so schnell wie möglich oder so lange man noch die Chance dazu hat, jemanden anzurufen um Bescheid zu sagen, was hier gerade passiert und die wenigstens wissen, wo ich bin. Denn sonst bin ich einfach weg und keiner weiß wo. Also habe ich Karim angerufen und ihm beschrieben was Sache ist. Das zweit wichtigste war es die Speicherkarte verschwinden zu lassen. Also habe ich versucht unaufällig meine zweite Speicherkarte zu finden und möglichst noch unaufälliger mit der Karte im Fotoapparat zu tauschen. Mir war klar, dass sie mir auf der Wache sonst alles löschen und was noch viel schlimmer ist, mir aus dem Material einen Strick drehen würden. Dabei bemerkte ich, dass irgendjemand versucht hat mir irgendwas aus meinem Rucksack zu klauen, weil der Rucksack war teilweise geöffnet. Ich hatte aber das meiste wertvolle an diesem Tag bewusst zu Hause gelassen (Man weiß nie, was einem in Bab-el-Oued passieren kann. Und wenn ich einen Verlust erleiden sollte, dann doch bitte nicht alles auf einmal. Auf der Wache angekommen, habe ich versucht noch mal Karim zu erreichen, damit er sofort her kommt und die Sache regelt, denn wenn der Fall erst mal schriftlich aufgenommen wird und die Militärpolizei oder die Geheimpolizei den Fall übernimmt, dann wird es schwierig mich da wieder raus zu bekommen. Das hatte ich bereits das letzte Mal gelernt, als ich in der Kabylei im Gefängnis sahs. Damals war ich total unschuldig. Nicht das ich dieses mal schuldig gewesen wäre, doch ich hatte meinen Rucksack voll mit Journalismus Scheiß. Obwohl ich einiges zu Hause gelassen hatte, wie z.B. das 200mm Objektiv, hatte ich dennoch ein Mikro dabei. Und irgendwo in den Tiefen meines Rucksacks ist außerdem noch mein Presseausweis. Ich dachte mir so; Hoffentlich filzen die mich nicht, sonst sitze ich echt in der Scheiße. Dazu kommt, dass ich in der Tasche noch ein Klappmesser habe. (Wie es sich für einen echten Türken gehört) Und die Speicherkarte mit den heiklen Aufnahmen habe ich auch noch auf Tasche. Also alles in allem wird es eine Scheiß Situation, wenn sie erst mal mit ihrer Prozedur anfangen. La Pointe, wo Kerim gewesen war, ist jedoch mehr als 20 min. von der 5. Polizeiwache im Bab-el-Oued entfernt und bis er hier ist, darf der Fall noch nicht abgewickelt sein. Soviel war mir irgendwie klar. Über Funk haben alle in der Nähe befindlichen Polizisten von einem Deutschen Touristen erfahren, der Aufnahmen macht. Wenn das jetzt noch die Militärpolizei, die Geheimpolizei oder jemand vom Kommunikationsministerium mitbekommt, dann sitze ich in der Scheiße. Ich muss vorher hier wieder raus. Doch ich konnte gerade nichts machen außer mit Smalltalk und mit Ich-verstehe-sie-nicht alles zu verzögern. Dieso: „Votre Passport“ Ichso: „Ah merci je peux passer le port. Vous etes tres gentil“. Aber nix da. Schön hier geblieben. Alle Daten wurden aufgenommen. Erst kam irgendein Polizist, der den Fall aufnahm. Dann kam ein noch wichtigerer Polizist, der dann wiederum seinem Vorgesetzen bescheid gesagt hat, der dann runter kam und sich diesen komischen türkischen Jungen aus Deutschland ansehen wollte. Und auch dem war das alles nicht geheuer und suspekt. Auch er sagte seinem Chef in der Zentrale bescheid. Und der sagte dann plötzlich, dass sie mich wieder gehen lassen sollten. Ich hatte schon fast nicht mehr damit gerechnet, aber als es so hieß, okey sie können gehen… alter ich habe nicht eine Sekunde gewartet. Nichts als eine Staubwolke von mir im Büro des Polizeipräfekten des 5. Arrondissement. Was war passiert. Karim hatte mit genau diesem Mann mit den zwei Sternen auf der Schulter gesprochen und ihm versichert, dass ich kein Journalist und auch kein Spion sein. Kein Scheiß. Der erste Typ, der mich mitgenommen hat, sollso gesagt haben: „Wer sagt mir, dass das kein Spion ist“ Alter der hat wohl zu viel James Bond gesehen. Oder auch eben zu wenig. Ich sehe doch nicht aus wie ein Spion? (Dabei kann ich natürlich auch nicht sagen, wie ein Spion aussieht) Okey ich war also weg, als Karim ankam und nach mir suchte. Ich war inzwischen in dem Türkischen Restaurant von Gestern untergetaucht, falls sie es sich doch noch anders überlegen würden. In Jogginghose und T-Shirt kam erso zu mir und schimpfte etwas mit mir: „Hast Du überhaupt eine Vorstellung von Deinem Glück. Wir sind hier nicht in Deutschland. Du denkst, du kannst hier rumlaufen und deine Fragen stellen. So läuft das hier nicht. Die sperren dich weg und dann selbst ich dich nicht mehr finden. Wir sind immer noch ein Land in der Krise. Und jetzt vor den Wahlen und so weiter…. Du kannst nicht einfach…“ Ich weiß, ich kann nicht einfach… Ich weiß das… ich bin mir darüber vollkommen im Klaren und es ist mir Scheißegal. Nicht weil ich naiv bin, sondern… weil ich im Moment das Gefühl habe nichts verlieren zu können.
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verhaftet in Bab al Ouad in Algier

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Das wäre schön, wenn man aus seinen Fehlern lernt. Manchmal gelingt es mir. Manchmal mache ich aber genau den selben Fehler noch mal, obwohl ich mir schon beim ersten Mal geschworen hatte, dass das nächste Mal anders zu machen. Naja und dieses Mal bin ich also wieder mit meinem Equipment in die Höhle des Löwen gegangen. Dieses Mal was dir Höhle das Stadtion „5.Juli“ in dem heute das Derby zwischen MCA (Moloudia Club d’Alger) und USMA (Union sportif muselman Alger) ausgetragen wurde. Am Anfang, war alles noch okey, wie eben meistens der Fall ist, doch am Ende ging die Post ab. Dieses Mal dachte ich mir jedoch, ich gehe auf Nummer sicher und nehme Karim gleich mit. Man könnte aber auch sagen, dass Karim mich mitgenommen hat, was der Wahrheit wahrscheinlich ein kleines Stück näher liegt. Ich wusste ja, dass die Fußballfans verrückt sind und es immer wieder zu Ausschreitungen kommt, aber ich habe erst heute begriffen, was hier eigentlich los ist. Die Fankultur bei Schalke, Bayern oder dem St.Pauli ist sehr ausgeprägt und für gewöhnlich auch friedlich. Und wenn man heute in Deutschland ins Stadion geht, dann findet man dort wirklich ein Durchschnitt der Gesellschaft. Es sind Männer und Frauen; Kinder, Jugendliche oder Rentner da. Sowohl Ärzte, als auch Bauarbeiter. Redakteure als auch Schüler. Alle kann man in einem Deutschen Stadion finden.Okey vielleicht nicht im Osten in der zweiten oder dritten Liga. Da sind eher die Glatzköpfe und Hohlköpfe zu finden, aber in Algerien sind es zu etwa 100 Prozent männliche Jugendliche. Wer gedacht hat, dass es schwer wäre eine Schulklasse in Wedding oder Mümmelmannsberg zu unterrichten, der sollte sich das mal hier anschauen. 30.000 Schüler und Jugendliche stehen sich gegenüber. und schreien und kreischen sich die Kehle aus dem Hals als ginge es um die Fußballweltmeisterschaft. Das Stadion, dass nur zu Hälfte gefüllt ist bebt. Die Fangesänge lösen bei mir Tinitus aus. Es ist für mich definitiv zu laut. Und wenn man so viele Jugendliche sich selber überlässt… Mark Twain sagte ein mal: „Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.“ und diese Verteidigung ist auch nötig, denn wenn die Erwachsenen sich nicht wehren, dann übernehmen diese Jugendlichen die Kontrolle und weil sie keine Regeln kennen, bricht die Anarchie aus. In dem Stadion „5. Juli“ ist es nicht Anarchie sondern Krawalle. Bei uns bekämpfen oder beleidigen sich die gegnerischen Mannschaften, mit Ausnahme auf St.Pauli. Wir kämpfen gegen die Polizei. (Was auch richtig ist) Genau so wird es hier nämlich auch gemacht. Die Fangruppen Moloudia und USMA mögen sich und sind außerordentlich friedlich miteinander. Ganz anderes geht es gegen die Polizei. Nicht selten kämpfen beide Fangruppen gegen die Polizei. Aber um das zu verstehen, muss man das gesehen haben. Und deswegen bin ich heute ins Stadion gegangen. Als ich dort ankam, hat man schon am Einlass mit der Befragung begonnen. Soweit war es aber kein Problem, weil ich mich inzwischen daran gewöhnt habe dahingehend befragt zu werden. Das ist so ähnlich wie in Deutschland die Frage nach meiner Herkunft. „Wo kommst Du her? Bist Du Türke oder Araber“ Ich dann immer so: „Ne ich bin Hamburga Jung. Ich stolpa nua nich üban spit-sen stain.“ Hier werde ich gefragt: „Sind sie Journalist?“ Ich dann immerso: „Nein, ich bin kein Journalist“ Nachdem ich dieses Frage-Antwortspiel fünf mal über mich ergehen lassen musste, bis ich mein Sitzplatz erreicht habe, war ich so genervt, dass ich gar nicht gemerkt habe, dass ich in dem Gedränge Karim verloren habe. Irgendwie konnte man niemand in dem Stadion Empfang. Das Handynetz wurde wahrscheinlich extra außer Kraft gesetzt wegen dem Spiel. Also weg war er und ich ganz auf mich alleine gestellt. Plötzlich greifen mich ein paar Jugendliche an und wollen mir meine Kamera aus der Hand reißen. Da erst wurde mir bewusst, was für ein hilfreiches Utensil ein Einbein sein kann, wenn man Leute auf Abstand halten möchte. Halb ausgefahren ist es so praktisch wie ein Schlagstock. Damit habe ich mir die 5-6 Jungs vom Hals gehalten, bis die Polizei eingriff und mich aus der Mitte der Leute zerrte. Ichso, erstmals vollso danbar : „Oh la la.. Merci Monsieur, Saha“ Erso: „Sind sie Journalist?“ Ich dachte mirso; Oh bitte bis eben warst du mir noch voll sypathisch. Bitte fange jetzt nicht damit an und antworte aus Höflichkeit und aus Dankbarkeit: „Nein, ich bin ein Tourist aus der Türkei“ und denk mir so; ey ihr mögt doch die Türken, also sei bitte freundlich zu mir. Erso: „bitte kommen sie doch mal mit zu unserem Superieur.“ Ichso, empört und endgültig die Nase voll: „Nein. Ich bewege mich hier nicht weg. Soll der doch hier her kommen. Ich bin ein Tourist verdammt noch mal. Wenn Du in die Türkei kommst… möchtest Du dann so behandelt werden? Ich bleibe hier. Ich habe ein Ticket und ich bleibe hier! Wenn er mich sprechen will, muss er herkommen“ Weil ich heftigen Stress verursacht habe, viele sich bereits um mich herum aufgebaut hatten und die Leute mitbekommen haben, dass da unten irgendwas los ist, hat mich Karim wiedergefunden und ist schnell zu mir gerannt gekommen. Was soll ich sagen… Das Glück ist eben auf meiner Seite. Von den hunderten Zivilpolizisten in dem Stadion war es ein Freund von Karim der mich festgehalten hat. Als Karim Raschid erklärt hat wer ich bin, habe die heftig angefangen zu lachen. Obwohl mir überhaupt nicht zum Lachen zu mute war, war ich dennoch froh, dass ich mich nicht mit dem Typen rumschlagen musste. Erst später in unserem Stadtteil habe ich ihr wiedergesehen und dieses mal ist er um ein Foto nicht herum gekommen. Das hier ist ein der Polizeiinspekteur von Ain-Benian und genau er hat mich im Stadion im Block 5 aufgehalten und befragt. Das Spiel ist übrigens 3:0 für USMA ausgegangen. Aber das hat selbst im Stadion niemanden Interessiert. Schließlich kommt hier keiner her um seine Mannschaft zu sehen, sondern um Dampf abzulassen.
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Fußball auf algerisch

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Eigentlich ist es verwunderlich, warum es in Algerien keinen Tourismus gibt. Immerhin gibt es Strand, Sonne und es ist billig. Im Gegensatz zu anderen islamisch-arabischen Ländern gibt es hier sogar Alkohol. (Nicht das mich das Letztere interessieren würde…) Das einzige was es hier nicht gibt sind Mädchen, die man mit nach Hause nehmen kann. Aber mit den Jungs könnte man das hier sicher machen. Das funktioniert auch in Tunesien super gut. Dort kommen auch die Frauen hin, um ein Sexurlaub zu erleben. Eigentlich verwunderlich, dass es darüber keine Reportage gibt. Aber mit dem Versprechen den Stricher mit nach Europa mitzunehmen, würde hier ziemlich viele Jungs so ziemlich alles über sich ergehen lassen. Vielleicht gar nicht so schlecht, dass es noch kein Tourismus in Algerien gibt. So bleibt das Land ursprünglich und authentisch. Ich kenne kein Land, dass durch den Tourismus an Qualität gewonnen hätte. Außerdem ist die Infrastruktur noch nicht entsprechend ausgebaut und viele haben angst vor dem Terrorismus. Auch das ist sehr eigenartig, weil diese diffuse Angst ja genau das Ziel der Terroristen ist. Damit haben die Terroristen ihr Ziel erreicht, was eigentlich ziemlich blöd ist. Wenn ich in Algerien leben würde, hätte ich weniger vor den Terroristen Angst, als vor dem Verkehr, denn schließlich sterben jedes Jahr mehrere Tausend Menschen wegen einem Verkehrsunfall. Im Vergleich dazu sind die Toten, die auf den Terrorismus zurückzuführen sind relativ gering. Es sei den man zählt die Wahnsinnigen im Verkehr zu den Terroristen, was eigentlich gerechtfertigt wäre. Außerdem haben Algerier offenbar noch mehr Angst vor dem Staat als vor Terroristen. Denn auf meiner gesamten Reise bin ich immer wieder auf Menschen gestoßen, die nicht mit mir vor der laufenden Kamera reden wollten. Allerdings haben sie mit mir ohne Kamera geredet. Der einzige, der überhaupt nicht mit mir reden wollte, war ein türkischer Bauinspektor, der für den Bau der Bahn von Algier nach Tipaza zuständig war. (Auch in der Türkei ist das Reden mit Journalisten so eine Sache. In der Rangliste der im Gefängnis befindlichen Journalisten, steht die Türkei an Nummer vier noch vor Algerien) Und wenn mal einer mit mir vor der Kamera geredet hat, dann entsprach das einfach nicht mehr der Brisanz die vorher geäußert wurde. Sovonwegen: Ohne Kamera: „dieser Scheiß Präsident, Scheiß Staat, Scheiß Militär. Und wenn das rote Licht der Kamera an ist: „Ich liebe den Präsidenten, den Staat und das Militär ist super. Ich drücke den „Gefällt mir“ Botton.   Er hat geschimpft, geflucht und sich bei mir ausgekotzt und ich dachte mirso: „Yeah Digga, sagt das alles noch mal vor der Kamera.“ Doch nichts davon ist übergeblieben, als die Kamera an war. Der ehemalige Funker bei der algerischen Marine war plötzlich aalglatt. Doch vorherso: „Seit 1995 versuche ich hier eine Hotelanlage aufzubauen und jedes mal wenn ich ein Schritt weiterkomme, legen die Behörden mein einen Stein in den Weg. Zudem machen die das auch noch so, dass man dabei zusehen muss, wie der Stein provozierend in dein Weg gelegt wird. Erst habe ich mein einen Wasseranschluss legen lassen. Dann wurde er mir abgestellt. Jetzt habe ich einen Brunnen, aber keine Genehmigung für einen Brunnen. Dann habe ich den Strandabschnitt abgesichert, bis ich aufgefordert wurde die Umzäunung zu beseitigen…usw.“ Ich sag malso: Respekt hat der Mann verdient, dass er den Behörden trotzt. Dieses Jahr will er fertig werden und wenn es fertig wird, verspricht es schön zu werden. Schon jetzt kommen die Leute aus der Gegend her und genießen den Strandabschnitt. Wer also mal in Algerien Urlaub machen will, der sollte hier mal vorbeischauen. Wobei… der letzte Terroranschlag im Norden von Algerien war genau hier in Cherchel. Vielleicht sollte man doch noch mit den Reiseplanungen nach Algerien warten. Bei der Gelegenheit ist mir aufgefallen, dass ich mich nun in zwei Monaten nicht einen Tag entspannt habe und das aber vor meiner Rückkehr unbedingt noch machen möchte. Mal sehen ob ich das noch schaffe.
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Bei Hasan in Cherchel

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Nachdem ich nun in der letzten Woche wiederholt von Zivilpolizisten angehalten, befragt und verhaftet wurde, ich aber auf alle Fälle noch in die Kasbah (die Altstadt in Algier) wollte, um dort noch ein paar Eindrücke aufzunehmen, musste ich mir nun gut überlegen, ob ich das nun noch mache und wenn ich es machen würde; wie? Ich wollte mein Glück nun nicht noch mal auf die Probe stellen. (Dazu muss man sagen, dass die Kasbah heruntergekommen und wegen den räuberischen Jugendlichen berüchtigt und gefährlich ist. Da geht man nicht alleine rein. Selbst Algerier machen das nicht) Bereits das letzte Mal, als ich in Algerien war, habe ich eine Tour durch die Kasbah unternommen. Und damals hat sich der Hafenmeister von Algier, Merzag Zargauoi als eine fantastische Begleitung erwiesen. Auch dieses Mal wollte ich mit ihm durch die Kasbah laufen. Schon seit zwei Monaten warte ich auf einen Tag an dem er sich für mich Zeit nehmen würde und heute sollte es nun also soweit sein. Nicht nur das Zargauoi der Hafenmeister von Algier ist, er in der Kasbah aufgewachsen ist, sondern sein Onkel ist auch noch einer der größten Helden des Unabhängigkeitskriegs gegen Frankreich gewesen. Zudem ist er mit dem Präsidenten Boutiflika befreundet. Also mit Ihm sollte es doch bei der Durchquerung der Kasbah keine Probleme geben. Außerdem wurde die Kasbah von den Osmanen gebaut, womit ich eigentlich ein Sonderrecht haben müsste die Kasbah zu besuchen. Doch die Jugendlichen, die hier regelmäßig jeden ausrauben, der nicht bei drei die Kasbah wieder verlassen hat, wissen nichts von Osmanen und sie wissen im Zweifel auch nicht das ich der Super-Osmane bin. Deswegen habe ich mir den Super-Algerier mitgenommen, oder besser gesagt, er hat mich mitgenommen. Und diese Entscheidung hat sich auch schon nach wenigen Minuten als extrem richtige Entscheidung erwiesen. Ein Mann -natürlich in Zivil, denn selbst Polizisten haben in der Kasbah nichts zu suchen- kommt zielstrebig auf uns zu und bitte höfflich darum die Kamera und das Mikrofon auszuschalten. Ichso, versichere ihmso, dass ich die Funkstrecke ausgeschaltet habe (was ich natürlich nicht gemacht habe!!!!) Und los ging die Befragung. Doch dieses mal hatte ich Zargaoui dabei und das ist in etwa so, als hätte ich den Präsidenten der Kasbah höchste persönlich dabei. Zargaouiso zu dem Typen in Zivil: „Ana Zargaoui“ (Ich bin Zargaoui), als wenn das bereits alles erklären würde. (Das finde ich super. Ich stell mir vor, ich gehe über den Kitz und wenn mir einer Schräg kommt, sage ich einfach „Ich bin Uludag“ und damit ist das Thema erledigt und erklärt) der Typso relativ beeindruckt: „Libarak…“ (Sei gesegnet) Das Gespräch ging noch etwas weiter, weil der Typ trotzdem eine Autorisation haben wollte, bis Zargaoui kein Bock mehr hatte, diesen ignoranten Typen davon zu überzeugen, dass er „Zargaoui“ sei und eine Autorisation nicht nötig hat. Er selber ist die Autorisation. So ging es weiter durch die Kasbah. Man kann zwar auch offizielle Führungen durch die Kasbah bekommen, aber die führen an einer geleckten und für Touristen aufgearbeiteten Strecke entlang und ich wollte die wahre Kasbah erleben und sehen. Doch schon an der nächsten Ecke stand der nächste Zivilpolizist. Er kam direkt zu mir und wollte meine Drehgenehmigung sehen und hat nicht gesehen das ich mit „Zargaoui“ da war. Als Zargaouiso intervenierte: „Der gehört zu mir“ wich der Typ sofort zurück. „Ach Zargaoui… alles kein Problem…“ fehlte nur noch das er sich bei mir für die kurze Störung entschuldigt hätte. So oder so ähnlich erging es uns noch einige Male, aber alle kannte ihn. Eine lebende Legende mit der ich hier durch die Kasbah laufe. Aber auch etwas mühsam, weil er an jeder Ecke jemanden begrüßen muss und das kann hier schon mal länger dauern. Am Ende muss ich sagen, dass ich mit der Kamera, der Funkstrecke, dem Stativ und den situativen Interviews an der Grenze des Machbaren war. In der Kasbah, wo das Spiel von Schatten und Sonne einen ständigen Ausgleich der Blende und der Belichtungszeit erfordert… dazu ständig die Schärfe nachziehen… auf den Ton achten…. dabei kluge und vorausschauende Fragen stellen… und gleichzeitig einen Blick für die Kasbah haben, um an den richtigen Stellen, dass Stativ rauszuholen und einen Schwenk wagen… Eine wahnsinnige Herausforderung, der ich am Ende nicht so richtig gewachsen war… aber ich bin an der Aufgabe gewachsenen.
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Unterwegs in der Kasbah von Algier

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Seit Wochen schon freue ich mich darauf mit Hmimmi in die Kabylei zu fahren. Er ist ein lebendes Beispiel dafür, wie sehr man sich auf den ersten Blick täuschen kann und das der erste Eindruck nicht der letzte sein sollte. Denn wenn man Hmimmi so sieht, denkt man, noch so ein Hetist, der aufpasst, dass die Wände und Mauern in Algerien nicht umfallen. Noch einer der zahllosen Algerier, die den ganzen Tag tatenlos an einer Mauer stehen und nichts tun und nichts wissen. Aber Hmimmi ist jemand ganz besonderes. Jemand ganz ganz besonderes. Er ist vielleicht mit weitem Abstand der intelligenteste Algier dem ich begegnet bin. Außerdem ist er ein echter MacGyver und ein wahrer Philantroph und Hedonist. Wenn ich eines Tages vor der Frage stehen würde, wenn ich auf eine Weltreise mitnehmen würde, dann würde meine Wahl sehr wahrscheinlich auf Hmimmi fallen. Schon bei meinem letzten Aufenthalt in Algerien war ich mit Hmimmi in der Kabylei gefahren. Als Kabyle kennt er sich nicht nur aus und spricht Tamazir (Berber Sprache der Kabylen, M’zab, Tuarag, Chabi usw), sondern bringt mich überall rein, versteht ganz genau, was ich für meine Aufnahmen brauche und holt mich im Zweifel auch wieder überall raus. Das letzte Mal habe ich eine Moschee fotografiert, die neben einer Polizeistation stand und deswegen kam ich ins Gefängnis. Damals habe die nicht lange gefackelt. Und zu allem Überfluss habe ich damals meinen Reisepass in Algier vergessen gehabt. Aber alles kein Problem, denn ich hatte Hmimmi dabei. Ich bin der festen Überzeugung, dass jeder einen Hmimmi haben sollte. Auf keinen in Algerien habe ich mich so gefreut, wie auf Hmimmi. Also sind wir losgefahren. In die Kabylei. Erst in die kleine Kabylei, dann in die große Kabylei. Ich war gut gelaunt und habe die Fahrt, den Tag und die Landschaft genossen, wie ich schon lange nicht mehr etwas genossen habe. Wenn ich in Algerien leben müsste… wenn ich Algerier wäre… ich wäre ein Kabyle und würde in der Kabylei leben. Doch dieses ausgeglichene und ausgelassene Gefühl hielt nur wenige Stunden, denn als wir in einem kleinen Dorf in der Nähe von Tizit ankamen und eine Wassermassen die Straße an einer Stelle des Dorf so sehr überspülten, dass man die Straße nicht mehr überqueren konnte, war es zu Ende mit meiner guten Laune. An sich kein Grund sich die Laune verderben zu lassen, doch ein 36 Jähriger Mann der zufällig auf der Straße stand, wurde von den Wassermassen erfasst und getötet. Nun muss man wissen, dass ich als Bestatter schon tausende von Tote gesehen habe. Alte und Junge. Frauen und Männer. Schwere Unfälle, Verbrannte, Ertrunkene oder Ermordete. Ich habe so ziemlich alle Formen von Toten gesehen, die es so gibt. Doch der 36 Jährige Mann in der Kabylei, dessen Namen ich nicht mal kenne, hat mich bewegt. Mir wurde klar, wie kostbar das Leben ist und das es von einen auf den anderen Augenblick vorbei sein kann. Als er an dem Morgen aufgestanden war, hat er sich wahrscheinlich nicht vorstellen können, dass es sein letzter Tag werden würde. Wahrscheinlich hätte er sich nie im Leben gedacht, dass er mal in den Bergen der Kabylei ertrinken würde. Als ich da so stand und über die letzten Wochen, die ich erlebt hatte so nach gedacht habe… über das Leben, über das Glück… irgendwie wurde mir in dem Augenblick klar, das ich keine Zeit zu verschenken habe, um wegen irgendwelchen Kleinigkeit unglücklich zu sein. Es wäre das schlimmste für mich, wenn ich am Ende meines Lebens, wann auch immer das sein wird, mir die Frage stelle, warum ich die ganze Zeit unglücklich war. Warum ich mir die ganze Zeit wegen Nichtigkeiten Sorgen gemacht habe. Warum ich das Leben nicht einfach genossen habe. Jeden einzelnen Augenblick, jeden Moment und jede verdammte Sekunde. Wer weiß, wie viel Zeit mir noch bleibt. Ab jetzt habe ich einfach keine Zeit mehr, um unglücklich zu sein.

Ein Gedicht auf Tamazir und auf Französchich
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In der Kabylei in Algerien unterwegs

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An meinem letzten Tag habe ich mir gedacht, dass ich mal Urlaub machen könnte. Zumindest habe ich es mir vorgenommen. Also bin ich zu unserem Hafen an den Strand gegangen, habe ein Buch mitgenommen und habe angefangen zu lesen. Als ich das in den letzten Wochen mal so zwischendurch gemacht habe, hatte ich nach relativ kurzer Zeit immer das Gefühl, dass ich Zeit verschenke. Sovonwegen: lesen kannst Du auch zu Hause. Wenn Du schon mal hier bist, dann solltest Du die Zeit nutzen, um Dinge zu erleben und Leute kennen zu lernen und nicht irgendwelche Bücher am Strand lesen.   Am Anfang habe ich mich gefragt, warum ich eigentlich so viel schreibe und versuche wirklich jeden Tag ein Blog raus zuhauen. Zwischendurch kam dann sogar mal die Frage, ob ich das für die Leute mache, die es lesen. Inzwischen weiß ich warum ich es mache. Ich schreibe den Blog, um mich selber aus zu tricksen, um mich selber zu beschäftigen. Ohne den Blog hätte ich höchstwahrscheinlich die meiste Zeit damit verbracht die 1459 Kanäle durch zu zappen, wäre jeden Tag einmal im Swimmingpool schwimmen gegangen und hätte den Rest des Tages faul herum gelegen, bis ich nach einigen Wochen Schimmel angesetzt hätte. Doch der Blog hat mir eine Aufgabe gegeben, die ich sonst hier so nicht gehabt hätte. Durch diese Aufgabe habe ich dann ganz viele Leute kennengelernt und Abenteuer erlebt. Ermutigt wurde ich aber auch durch die vielen Zuschriften und Zusprüche weiter zu schreiben. Ich war von den Emails wirklich beeindruckt. Ich hatte mit allem Möglichen gerechnete, aber dass ich soviel Zuspruch erhalten würde, hätte ich im Leben nicht geglaubt. Also habe ich es am Ende für Euch gemacht und für Euch geschrieben, aber ich bin froh, dass ich es für Euch gemacht habe, weil sonst hätte ich bei Weitem nicht soviel erlebt, wäre mit Sicherheit nicht soviel gereist und hätte sicher auch nicht nach den Geschichten gesucht. Eine klassische Win-Win Situation.   Ich habe über 33767 Fotos (Handyfotos nicht mitgezählt) geschossen. Das macht mehr als mehr als 487 GB. Dazu kommen 60 Din 4 Seiten Text und Sage und Schreibe über 24 Stunden Full High-Definition (Full-HD) Videos . Und das alles in 60 Tagen. Zum Schluss wollte ich dann aber trotzdem mal einen Tag für mich haben. Als Geschenk habe ich dann von Kerim ein Tauchgang im Hafen von La-Pointe bekommen. Und erst im Wasser wurde mir klar das ich ein verdammter Angsthase bin. Ich bin der Meinung, dass der Mensch da bleiben sollte, wo er hin gehört und er gehört mit Sicherheit nicht ins Wasser und er gehört mit Sicherheit nicht in die Luft. (Auch wenn mein Flieger in fünf Stunden abhebt) Ich habe immer Angst, wenn ich in einer Umgebung bin, wo der Mensch nicht hingehört. Ich habe aber keine Angst, wenn ich unter Menschen bin, weil da gehört der Mensch eben hin. Jetzt sitzt ich im Flugzeug und muss sagen, dass die Zeit am Ende doch sehr schnell vergangen ist und ich wieder schlechte Laune bekomme, wenn ich daran denke, dass ich jetzt wieder zurück nach Deutschland fliege. Eigentlich habe ich da nichts mehr verloren. Ich weiß gar nicht warum ich da noch hin fliege. Eigentlich könnte ich jetzt gleich wieder aussteigen. Wobei es dann am Ende doch etwas hoch ist im Augenblick, aber der Himmel sieht von oben aus wie eine weiße Wüste nnd mit Wüsten kenne ich mich doch jetzt aus. Nein im ernst. Ich werde alles, was es in Deutschland zu erledigen gibt, erledigen und dann so schnell wie nur möglich wieder weg. Sehr wahrscheinlich geht’s dieses mal (ganz banal) in die Türkei. Aber auch dann wird es wohl wieder heißen; Wenn ich mal unterwegs bin, dann…
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Der letzte Tag in Algerien

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: Jetzt bin ich also zurück in Deutschland. Kaum war ich in Hamburg angekommen. Musste ich auch schon nach Schwerin, Dortmund, Köln, Aachen, Berlin und zurück nach Hamburg. Das ist eigentlich eine beachtliche Strecke, aber irgendwie total langweilig. Keine Polizisten, die mich verhaften wollen, keiner will mich ausrauben und es will mich auch irgendwie keiner kennenlernen und ich lerne irgendwie auch keinen kennen. Alles total langweilig, Alles voller „Keiner’s“ Das einzige, dass etwas abnormal ist, sind die Fans von Dortmund, die gerade sowohl die Meisterschaft, als auch den Pokalsieg feiern. Aber selbst das ist mir hier total egal. Ich bin gleich zum Absteiger nach Köln gefahren. Dort bin ich umgestiegen zum zweiten Absteiger der zweiten Liga in Aachen. Abschließend bin ich dann beim fast Absteiger Berlin ausgestiegen. Doch so sehr ich auch auf-, um- oder absteige bewegen tut mich das alles nicht. Bewegt bin ich immer noch von den Erfahrungen, die ich während meiner 9 Wochen in Algerien erlebt haben. Ich muss immer noch sehr intensiv an meine Jungs aus Mali in Ghardaya denken. Immer noch bewegt mit das Gespräch mit der Schwester des Mutter Teresia Ordens und des Bruders des Charls Foulcout Ordens. Mein Erlebnis in der Wüste oder mein Abenteuer mit der Polizei. Alles sehr bewegend. Kaum Stillstand in meinem Leben. Doch jetzt wo ich wieder zurück bin, habe ich das Gefühl, dass hier die Zeit stehengeblieben wäre. Hier ist alles beim Alten. Nichts verändert sich hier. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich mich schneller verändert habe, als Deutschland… in der gleichen Zeit. Ich bin ein anderer Mensch als der, der vor 9 Wochen los gefahren ist. Eigentlich will ich gleich wieder weg. Ich würde am Liebsten gleich wieder abreisen. Aber am Meisten getrauert habe ich bei der Abreise, weil ich meine Familie für unbestimmte Zeit verlassen musste. Und wenn ich nun sage „Familie“ dann meine ich das auch genau so. Karim und seine Frau Karima, seine Kinder Mehdi, Fariel und Yasin sind für mich meine Familie. Ich gehöre zu ihnen, darin besteht kein Zweifel. Auch wenn es „nur“ angeheiratet ist… Es ist nun meine Familie. Und bei allen schönen Erlebnissen in Algerien, war dieses Gefühl, von zu Hause sein, dieses Gefühl von Familie haben, das wichtigste und schönste Gefühl von Allen. Vielleicht, weil es auch am längsten angehalten hat und es das schönste Gefühl war zu wissen, dass man Familie hat. Niemand sollte den Wert einer Familie unterschätzen. Apropos Familie; Meine Mutter war eher wenig begeistert, dass ich zu den Terroristen gefahren bin, wo ständig Bomben hochgehen und Özgür’s verhaftet werden. Meine Mutter wollte unbedingt, dass ich in die Türkei komme. Sieso: „Was hat Algerien, was die Türkei nicht hat.“ klingt etwas wie einen eifersüchtige Freundin. Aber meine Freundin kenne ich schon und die ist nicht mehr so aufregend und langweilt mich auch ein bisschen, während ich Algerien eben noch nicht so sehr kenne. Algerien ist irgendwie aufregender. Algerien ist fast wie Fremdgehen. Algerien ist wie eine schöne Frau. Algerien ist eine femme fatal. Aufregend zu entdecken und jedes Mal, wenn man denkt, jetzt kenne ich sie, kommt eine Ecke, eine Seite, eine Fassette, die ich noch nicht kannte und nicht mal erahnt habe und nicht mal gedacht hätte, dass es diese Seite geben könnte. Der erste Eindruck täuscht, wie gewöhnlich und wenn man dann mehrere Fassetten kennengelernt hat, verändert sie sich plötzlich. Der Blick verändert sich. Gerade wenn man denkt ich liebe sie, tritt sie dir in die Eier. Aber auch das macht sie mit Liebe. Ich hasse so manch eine Eigenart und Liebe sie als Ganzes. Algerien ist ein Abenteuer, eine Liaison Fatal und ein nicht fassbarer Traum, der einen an Orte führt, die in keinem Zusammenhang zueinander stehen. Sicher ist, dass ich den Traum eines Tages wieder träumen werde…. die Frage ist nur, wann…
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