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Islamische Bestattungen in Deutschland

Islamische Bestattungen in Deutschland

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Islamische Bestattungen in Deutschland

Dass der Islam mit den Musliminnen und Muslimen zu Deutschland gehört und ein sichtbarer Teil der Gesellschaft darstellt, lässt sich seit Jahren auch auf den Friedhöfen erkennen. Mehr als 300 Grabfelder gibt es mittlerweile auf denen verstorbene Musliminnen und Muslime beerdigt werden. Der Platzbedarf für islamische Beerdigungen steigt, womit immer öfter Fragen im angemessenen und korrekten Umgang mit verstorbenen Musliminnen und Muslimen im Raum stehen.
Diese Internetseite richtet sich an alle Interessierten und Involvierten, die sich mit dem Thema „Islamische Bestattungen in Deutschland“ beschäftigen. "Was passiert eigentlich, wenn eine Muslimin oder ein Muslim stirbt?“, „Welche Bedeutung hat das Sterben“ und der „Tod im Islam?“ sowie „die Jenseitsvorstellungen im Islam“. Grundlagen, die zum Verständnis im Umgang mit verstorbenen Musliminnen und Muslimen dienen.

Stirbt eine Musliminnen oder ein Muslim, werden sie nach einer rituellen Reinigung, ohne unnötige Verzögerung, nach einem Totengebet, auf dem nächstgelegenen islamischen Friedhof, auf die rechte Schulter geneigt, mit Blick gen Mekka in mehreren ungesäumten und ungefärbten Leinentüchern gewickelt, beerdigt.

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Einführung

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Im neuen Datteltäter Podcast „ Migranten der Tafelrunde“ sprechen wir mit Özgür Uludag über das Thema Tod und Bestattung bei Muslimen. In welcher Heimat findet man seine Ruhestätte? Was sind die islamischen Rituale nachdem ein Muslim stirbt? Und was passiert mit Freunden oder Verwandten, die nicht muslimisch sind?
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Videopodcast mit Dr. Özgür Uludag

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Wo lassen sich in Deutschland verstorbene Muslime und Musliminnen beerdigen? Seit dem Anwerbeabkommen zwischen Deutschland und der Türkei 1961 wurden die allermeisten Muslime und Musliminnen mit türkischen Wurzeln, die in Deutschland verstarben, in die Türkei überführt und dort beerdigt. Nach sunnitischer Lehrmeinung sollten verstorbene Muslime und Musliminnen aber dort beerdigt werden, wo der Tod eintritt. Wie kommt es dazu, dass diese theologische Vorgabe kaum beachtet wurde? Welche Gründe sind für eine Beerdigung in Deutschland oder der Türkei ausschlaggebend? Wer lässt sich eher in die Türkei überführen und wer wird eher in Deutschland beerdigt? Umfänglich werden in dieser Arbeit die verschiedenen Aspekte einer islamischen Bestattung beschrieben. Dazu gehört das Jenseits im Islam, der Ablauf einer islamischen Bestattung vom Eintritt des Todes, über die rituelle Waschung bis hin zum Transport und Beerdigung auf einem islamischen Friedhof. Aber auch die islamische Trauerkultur sowie Grab- und Friedhofsgestaltung werden dargestellt. Auch welche Gebote, Verbote und Empfehlungen für eine islamische Bestattung in Deutschland umgesetzt werden können und welche Probleme es dabei gibt, wird erörtert.   Özgür Uludağ war Bestatter eines islamischen Bestattungsinstituts. Er studierte Islamwissenschaft in Hamburg und schloss sein Studium in Münster ab. Anschließend wurde mit dieser Arbeit in Kiel 2020 promoviert. 2021 wurde er Praxisfellow am AIWG in Frankfurt.
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Sterben im Islam

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Die Schilderungen im Koran und in den Hadithen zu den Themen Sterben, Tod und dem, was nach dem Leben passiert, beschreiben zum einen die Phasen, die die Seelen von verstorbenen Menschen im Jenseits durchlaufen. Zum anderen werden die Handlungspraktiken von Muslimen und Musliminnen mit Sterbenden oder Verstorbenen im Diesseits beschrieben, die gleichzeitig gottesdienstliche Handlungen darstellen. Während sich die theologisch-theoretischen Beschreibungen des Jenseits vornehmlich auf die Schilderungen im Koran stützen, lassen sich die operativ-praktischen Handlungsanleitungen überwiegend aus den Hadithen ableiten. Das heißt, die theologisch-theoretische Perspektive konzentriert sich in ihren Beschreibungen eher auf die Phasen nach dem Sterben, während die operativ-praktische Perspektive Handlungspraktiken beschreibt, wie sich Angehörige gegenüber sterbenden Muslimen und Musliminnen verhalten sollten, um Gottes Wohlgefallen zu verdienen.

Sterbende Muslime und Musliminnen
Die Form des Sterbens lässt keine Rückschlüsse auf das geführte Leben zu. Das heißt, dass Menschen, die ein gottesfürchtiges und frommes Leben geführt haben, dennoch einen schmerzvollen oder grausamen Tod erleiden können und umgekehrt. Muslime und Musliminnen sollten den Tod deswegen auch als einen natürlich ablaufenden Prozess wahrnehmen, der den Übergang ins Jenseits darstellt. Dort warten die Seelen der Verstorbenen in einem Schlaf ähnlichem Zustand auf den Tag der Wiederauferstehung, um wieder auferweckt zu werden und ins Paradies eintreten zu dürfen oder in die Hölle verdammt zu werden.

„Ihr Menschen! Wenn ihr wegen der Auferweckung (der Toten) im Zweifel seid, (so bedenket) Wir haben euch (ursprünglich) aus Erde geschaffen, hierauf aus einem Tropfen (Sperma), hierauf aus einem Embryo, hierauf aus einem Fötus, (wohl) gestaltet oder auch (w. und) ungestaltet, um euch Klarheit zu geben (oder: um euch (unsere Zeichen) klarzumachen). Und wir lassen, was wir wollen, bis zu einer bestimmten Frist (im Mutterleib) verweilen. Hierauf lassen wir euch als Kind (aus dem Mutterleib) herauskommen. Hierauf sollt ihr (heranwachsen und) mannbar werden. Und der eine von euch wird (frühzeitig) abberufen, ein anderer erreicht das erbärmlichste (Greisen) Alter (w. wird in das erbärmlichste Alter gebracht), so daß er, nachdem er (vorher) Wissen gehabt hat, nichts (mehr) weiß…“ (22:5)

1. Theologisch-theoretische Perspektive auf das Sterben 

2. Operativ-praktische Perspektive auf das Sterben

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Eschatologie im Islam

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Islamische Bestattungen

Grundsätzlich sollten Muslime und Musliminnen in Erde beigesetzt werden. Die Bestattung sollte möglichst schlicht sein, weil eine übermäßig prunkvolle Bestattungszeremonie keinen Einfluss auf den Eintritt des oder der Verstorbenen ins Paradies nimmt. Die Gnade Gottes wird unabhängig von der Bestattungszeremonie dem- oder derjenigen zuteil, die Gott dafür als würdig erachtet. Nach Eintritt des Todes obliegt es den Angehörigen und Hinterbliebenen oder der islamischen Gemeinde, auf die Einhaltung der Gebote, Verbote und Empfehlungen bei Bestattungen von Muslimen und Musliminnen zu achten.

Wenn ein Muslim oder eine Muslimin gestorben, also der Tod eingetreten ist, werden sie in der Regel zunächst von Angehörigen oder Hinterbliebenen in einer rituellen Reinigung gewaschen, in ungesäumte und ungefärbte Leinentücher gewickelt und, nachdem das Totengebet verrichtet wurde, ohne unnötig Zeit zu verlieren, auf dem nächstgelegenen islamischen Friedhof, ohne Sarg in einer Grabkuhle auf die rechte Schulter, mit dem Gesicht gen Mekka blickend beigesetzt und beerdigt. Eine Einäscherung und Urnenbestattung sind unerwünscht und nur bei Notlagen erlaubt.

Zu den Geboten, Verboten und Empfehlungen bei denen die islamischen Rechtsgelehrten sich nicht einig sind, gehört unter anderem auch die Frage, wo sich Muslime und Musliminnen beisetzen lassen sollten, die nicht in muslimisch geprägten Regionen leben, denn oft sind die Rahmenbedingungen für islamische Bestattungen in ihren Herkunftsländern günstiger als in der Migration.

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Transport von Leichen

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Totengebet

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Islamische Beisetzungen

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Vorbereitungen auf die islamische Beisetzung
Bevor der oder die Verstorbene mit einer Totenbahre oder einem Sarg zum Friedhof gebracht wird, sollte dort bereits ein Grab ausgehoben worden sein, damit sich die Beerdigung auf dem Friedhof nicht verzögert. Auch der Weg zum Friedhof sollte bekannt sein, um ein Umherirren mit dem Leichnam zu vermeiden. Angehörige, Freunde, Bekannte, Verwandte, Nachbarn und Arbeitskollegen werden benachrichtigt, wann ṣalāt al-ǧanāza und die Beisetzung stattfinden werden, damit alle die Gelegenheit haben, an der Beerdigung teilzunehmen.

Islamische Beisetzungen
In aller Regel sollten verstorbene Muslime und Musliminnen in Erde beerdigt werden. Beisetzungen auf dem Meer oder in Höhlen sollten lediglich in Ausnahmefällen in Betracht gezogen werden, wie auch eine Einäscherung für Muslime und Musliminnen im Normalfall nicht in Frage kommt.

 „Haben Wir die Erde nicht zu eurer Aufnahme gemacht für die Lebenden und die Toten“ (77:25;26)

Der Leichnam von Muslimen und Musliminnen wird im Grab ohne Sarg, in Erde beigesetzt. Dafür wird die der Leichnam auf die rechte Schulter geneigt, so dass das Gesicht gen Mekka blickt. Das linke Ohr wird freigelegt, damit der oder die Verstorbene die Posaunen hören kann, mit denen die Apokalypse und „Wieder“ -Auferstehung angekündigt wird, hören kann. Die Halteriemen werden gelöst, damit die Menschen bei der körperlichen Wiederauferstehung nicht eingeschnürt sind. Damit der Leichnam nicht von den Erdmassen zerdrückt wird, wird eine Barriere aus Stein, Holz oder ähnlichem ins Grab gebaut. Beim Auffüllen des Grabes werfen Angehörige drei Hände voll Erde ins Grab, während sie dabei die Worte sprechen:

 „Aus ihr (der Erde) haben Wir euch erschaffen, und in sie bringen wir euch zurück, und aus ihr bringen Wir euch ein andermal heraus.“ (20:55)

Wenn das Grab mit Erde aufgefüllt wurde, sollten Angehörige und Hinterbliebene noch einen Augenblick am Grab verweilen und eine „al-fātiḥat“ beten. Nach einer weiteren Weile verlassen alle außer der Imam, den Friedhof. Er bleibt am Grab sitzen und gibt dem oder der Verstorbenen talqīn (Wissensbeistand) für die Befragung, die der oder die Verstorbene im Grab richtig beantworten muss.

Sind nur noch Körperteile oder Körperreste des oder der Verstorbenen vorhanden, werden diese ohne rituelle Vorbereitung, ohne in Leinentücher gewickelt zu sein und ohne, das ein Totengebet abgehalten wird, beigesetzt. Dafür werden die Körperreste in ein einfaches Tuch gewickelt und auf einem Friedhof beerdigt.

Wenn aber ein Muslim oder eine Muslimin auf einem Schiff auf hoher See stirbt und das Schiff nicht in absehbarer Zeit an Land anlegen kann, stellt dies eine Notlage dar und daher darf eine Seebestattung in Betracht gezogen werden.

Zeitpunkt der islamischen Beisetzung
Weder im Koran noch in den Hadithen finden sich konkrete Angaben über den Zeitraum, innerhalb dessen eine islamische Beisetzung stattgefunden haben muss. Allerdings ist den Hadithen zu entnehmen, dass die Bestattung möglichst zügig durchzuführen sei. „Abu Huraira, Gottes Wohlgefallen auf ihm, berichtete: Der Prophet, Gottes Segen und Heil auf ihm, sagte: ‚Zieht zügig mit der Totenbahre voran; denn wenn es sich um einen guten (Toten) handelt, -vielleicht sagte er- so leistet ihr ihm damit etwas Gutes; und wenn es sich um das Gegenteil handelt, so setzt ihr ein Übel von euren Nacken ab.“ Im Ausdehnungsgebiet des Islams führte dies zu der Praxis, dass eine Bestattung unmittelbar nach Eintritt des Todes durchgeführt wurde. Also, wenn ein Muslim oder eine Muslimin morgens stirbt, wird er oder sie am Mittag oder Nachmittag beigesetzt. Stirbt ein Muslim oder eine Muslimin am späten Nachmittag, wird die Bestattung am folgenden Tag vorgenommen. Ebenso, wie auch rituelle Reinigung oder das Totengebet nicht am frühen Morgen, in der Dämmerung oder gar in der Nacht durchgeführt werden sollte, gibt es auch am Tag bestimmte Zeitpunkte, zu denen eine Beisetzung als ungünstig bewertet wird.

Ort der Beisetzung
Im Idealfall findet die Beisetzung auf einem islamischen Friedhof statt. Sollte ein islamischer Friedhof nicht zugänglich sein, kann am Rande eines nicht-islamischen Friedhofs ein Grab ausgehoben werden. Werden islamische Friedhöfe neu eingerichtet, sollten in der Erde vorher keine Menschen beigesetzt worden sein. Wenn aus Platzmangel eine Notlage besteht, können Gräber wiederbelegt werden. Allerdings erst dann, wenn davon ausgegangen werden kann, dass keine Leichenreste mehr zu erwarten sind. Werden unerwartet Knochen gefunden, werden diese sorgfältig in ein Tuchgewickelt und am Rand des Grabes begraben. Ob Muslime oder Musliminnen, die im in nicht islamisch geprägten Regionen leben, sterben, in ihr Herkunftsland überführt und dort beigesetzt werden sollen, ist nicht abschließend geklärt. Abhängig davon, ob es am dort einen islamischen Friedhof gibt und die islamischen Bestattungsvorschriften eingehalten werden können, werden Beerdigungen am Todesort oder Überführungen empfohlen oder abgera
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Trauer im Islam

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In kaum einem Lebensbereich der Muslime und Musliminnen weichen die theologisch-theoretischen Gebote, Verbote und Empfehlungen so von den operativ-praktischen Lebenswirklichkeiten ab, wie bei der islamischen Trauerkultur. So vielfältig die Trauerkultur im Ausdehnungsgebiet des Islams ist, so vielfältig sind auch die Trauerrituale.

Diese Trauerrituale beinhalten einerseits die Trauerarbeit von Angehörigen und Hinterbliebenen und andererseits die Aufgabe der Gemeinde, Trost zu spenden. Diese Trauerrituale werden in der Migration aber nur noch eingeschränkt wahrgenommen und verändern sich. Heute sterben Menschen vor allem in Krankenhäusern. Hinzukommt in Deutschland die Pflicht für einen Sterbefall Bestattungsinstitute zu engagieren und auf Friedhöfen in Deutschland übernehmen Friedhofsmitarbeiter und Friedhofsmitarbeiterinnen die meisten Aufgaben, wodurch eine Distanz zwischen dem oder der Gestorbenen und den Angehörigen und Hinterbliebenen entsteht. Diese neue Form von Trauerkultur wird in der Sozialwissenschaft transnationalen Trauerkultur beschreiben.

Trauerrituale und Trauerkultur
Innerhalb der islamischen Trauerkultur haben sich vor dem Hintergrund von theologischen Geboten, Verboten und Empfehlungen regionale Trauerrituale entwickelt. Diese helfen Angehörigen und Hinterbliebenen bei der Verarbeitung ihrer Trauer, aber auch beim Reflektieren über die eigene Sterblichkeit und die Bedeutung des Lebens. Gleichzeitig dienen sie sowohl Angehörigen und Hinterbliebenen als auch der Gemeinde als Handlungsorientierung. Ohne die Handlungsvorgaben zu hinterfragen, werden sie weitgehend ritualisiert und habitualisiert umgesetzt, wodurch sich Orientierungslosigkeit und Handlungsunfähigkeit auffangen lassen. Die islamischen Trauerrituale finden in der Öffentlichkeit statt. Die Gemeinde kann dann mit Trost darauf reagieren und Angehörigen und Hinterbliebenen Halt und Stabilität bieten, wodurch sie in den Alltag zurückfinden können.

Islamische Trauerkultur aus theologischer Perspektive
Die islamische Trauerkultur gehört zu den wichtigsten Situationen im religiösen Alltag von Muslimen und Musliminnen. Die Handlungsvorgaben, die sich aus dem Koran und den Hadithen ableiten lassen, geben den theologischen Rahmen vor, innerhalb dessen Muslime und Musliminnen die islamischen Trauerrituale formal ausleben dürfen. Allerdings haben auch traditionelle und volkstümliche Vorstellungen vom Tod und dem Jenseits teilweise Eingang in die islamische Rechtslehre gefunden. Beispielsweise herrscht im volkstümlichen Glauben die Vorstellung, dass sich die Seelen sich im Paradies dereinst wiederbegegnen werden und beziehen sich dabei auf den Koranvers:

  „…und er wird froh (und unbeschwert) zu seinen Angehörigen zurückkehren (die er dann bereits im Paradies vorfindet?).“ (84:9)

Solche Koranverse und Hadithe sollen Trost spenden, indem gläubigen Muslimen und Musliminnen Zuversicht und Hoffnung gemacht wird, dass der Tod nicht das Ende darstellt. Extrovertierte Trauerrituale sind nach sunnitischer Lehrmeinung formal verpönt. Die Trauer sollte dezent ausgedrückt werden, denn für gläubige Muslime und Musliminnen erfüllt sich mit der Rückkehr der Seele zu Gott das eigene Schicksal:

  „Wir gehören Gott, und zu ihm kehren wir zurück.“ (2:156)

Der Tod wird also als Übergang ins Jenseits beschrieben, wo die verstorbene Person in der Zustandsform tot weiter existiert, und zu Gott zurückgekehrt ist. Wegen dieser Verheißung sollte sich die Trauer in Grenzen halten.

Islamische Trauerkultur aus praktischer Perspektive
Insbesondere in der Ausdrucksform der Trauer zeigt sich die wechselseitige Beeinflussung und das Spannungsverhältnis zwischen der normativ theoretisch-theologischen Trauerkultur im Islam und den regional traditionellen Trauerritualen.

Obwohl also demonstrativ zur Schau gestellte Trauer abgelehnt wurden, kommen auch heute noch in manchen islamisch geprägten Regionen gelegentlich Klageweiber mit ihren Totenklagen zum Einsatz. In der Sahelzone und in der Subsahara werden mitunter Totengesänge angestimmt, welche in den nahöstlichen Gebieten eher unüblich sind. Dort und in der Türkei werden sehr oft Koranverse rezitiert, obgleich auch dort Klageweiber nicht unbekannt sind. Auch Selbstgeißelungen, Haare raufen oder sich auf die Brust schlagen, gilt als übertrieben und unerwünscht. Die Ausformungen der islamischen Trauerkultur im Ausdehnungsgebiet des Islams sind also regional sehr unterschiedlich ausgeprägt und reichen von extrovertierter bis zu introvertierter Trauer. Die Trauer um den Verlust eines oder einer Angehörigen sollte nicht zu lange ausgelebt werden.

Transnationale Trauerrituale in der Migration
Mit der Migration der muslimischen Arbeitsmigranten und Arbeitsmigrantinnen kam auch die islamische Trauerkultur nach Deutschland. In der Migration durchläuft die islamische Trauerkultur aber einen Wandel. Für in Deutschland lebende Muslime und Musliminnen mit türkischen Wurzeln bedeutet dies, dass sie sich im Spannungsfeld zwischen traditionell-demonstrativer Trauer und der gedämpften Auslebung der Trauerrituale in Deutschland befinden.
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Gebete für das Seelenheil von Verstorbenen
Totengebet ist im Vergleich zum täglichen Gebet im engeren Sinne eigentlich kein Gebet, welches die Hinwendung bzw. den Dialog des oder der Gläubigen mit Gott darstellt, sondern eine Fürbitte bei Gott für das Seelenheil des oder der Verstorbenen dar.

Es findet unmittelbar nach der Beerdigung statt. Dies wird auch dadurch deutlich, dass die Totengebet auch auf einem Friedhof stattfinden kann, wo ansonsten nicht keines der täglichen Gebete stattfinden darf, denn ein Friedhof gilt dafür als unrein. Außerdem findet Totengebet im Unterschied zum täglichen Gebet, ausschließlich im Stehen statt und soll dem oder der Verstorbenen den Eintritt ins Paradies ermöglichen oder erleichtern. Darin unterscheiden sich Totengebete auch im Vergleich zu den Duʿā’ (individuelles Bittgebet), die allein, jederzeit und überall stattfinden können.

Am Totengebet müssen mindestens zwei Personen teilnehmen und ist für Muslime eine Gemeindepflicht. Wenn ein Muslim oder eine Muslimin jedoch an einem Ort stirbt, an dem keine Muslime oder Musliminnen leben, die Totengebet abhalten könnten, ist es den Angehörigen und Hinterbliebenen erlaubt, Totengebet zu verrichten, ohne dass der Leichnam anwesend ist.
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Islamische Friedhöfe und Gräber

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Neben dem ältesten islamischen Friedhof am Columbiadamm gibt es in Berlin noch weitere islamische Grabfelder auf dem Landschaftsfriedhof Gatow in Spandau, dem Friedhof in Zehlendorf und den Zwölf-Apostel-Friedhof. Im Jahr 2018 wurden auf allen Friedhöfen in Berlin 441 Muslime und Musliminnen beigesetzt, während 2917 dort 395 Verstorbene beigesetzt wurden. Seit 2014 sind auch Beerdigungen in Leichentüchern möglich, was im Jahr 2015 dann auch bei 147 Beerdigungen ohne Sarg in Anspruch genommen wurde.

In München wurde das erste islamische Grabfeld bereits im Jahr 1954 auf dem Münchner Waldfriedhof eröffnet. Vornehmlich wurden dort muslimische Soldaten aus Ost-Europa und dem Balkan beerdigt, die nach dem Zweiten Weltkrieg aus unterschiedlichen Gründen zu Lebzeiten nicht in ihr Herkunftsland zurückkehren wollten oder nicht zurückkehren konnten. Auf beiden islamischen Grabfeldern auf dem Waldfriedhof in München befinden sich 275 Gräber und 215 Beisetzungen haben dort bereits stattgefunden. Daneben gibt es weitere 13 Grabfelder, auf denen Muslime und Musliminnen in München beigesetzt werden können. Auf dem Westfriedhof befinden sich sechs islamische Grabfelder mit insgesamt 902 Gräbern, von denen 770 bereits belegt wurden. Außerdem befinden sich noch sieben islamische Grabfelder auf dem Neuen Südfriedhof, auf dem 794 Muslime und Musliminnen beigesetzt werden können und 709 schon beigesetzt wurden.

Bis 1997 wurden in Hamburg auf den islamischen Grabfeldern in Öjendorf und Ohlsdorf insgesamt 710 Muslime und Musliminnen beigesetzt. Im Jahr 1995 waren es 65 Beisetzungen, und im Jahr 2016 sind es schon 323 Beisetzungen gewesen. Im Jahr 2017 wurden in Hamburg auf allen islamischen Grabfeldern 308 Muslime beigesetzt.

Und seit 1961 können auch in Frankfurt Muslime und Musliminnen auf dem islamischen Grabfeld auf dem Waldfriedhof Oberrad beigesetzt werden. Nach kurzer Zeit war diese Kapazität erschöpft, so dass auf dem Parkfriedhof Heiligenstock weitere islamische Grabfelder angelegt wurden. Kontinuierlich stieg die Anzahl an Beisetzungen in Frankfurt bis 2017 auf 124 Beisetzungen im Jahr an. Seither stagniert die Anzahl an islamischen Beisetzungen in Frankfurt, so dass es 2019 sechs Beisetzungen weniger waren. Von diesen 118 islamischen Beisetzungen im Jahr 2019 sind 48 Beerdigungen ohne Sarg erfolgt.

Auch in Düsseldorf sind die islamischen Beisetzungen seit der Eröffnung des islamischen Grabfelds 1963 stetig angestiegen. Nachdem auf dem Südfriedhof die 400 Gräber, in denen Muslime und Musliminnen beigesetzt wurden, komplett belegt waren, wurden in Itter weitere 70 Gräber für islamische Beisetzungen zur Verfügung gestellt. Seit 2011 sind die islamischen Beisetzungen von 33 auf 61 im Jahr 2014 angestiegen, und 2018 und 2019 wurden weitere islamische Grabfelder mit nun 439 Gräbern für Muslime und Musliminnen erschlossen.

In Köln wurde das islamische Grabfeld im Jahr 1965 eröffnet, und weitere islamische Grabfelder auf den städtischen Friedhöfen kamen in den vergangenen Jahren hinzu. Seither wurden dort mehr als 2.000 Muslime und Musliminnen beigesetzt. Seit der Eröffnung stieg jährlich die Anzahl an islamischen Beisetzungen kontinuierlich auf 137 an. Auf dem Hauptfriedhof in Stuttgart werden seit 1986 Muslime und Musliminnen beigesetzt. In den ersten Jahren nach der Eröffnung wurden dort jährlich zwischen 10 und 20 Muslime und Musliminnen beigesetzt. Seither wurden dort mehr als 650 Beisetzungen vorgenommen.

Die islamischen Grabfelder in Dortmund werden seit 1996 für islamische Beisetzungen angeboten. Im Jahr 2019 wurden dort 31 Erwachsene und 14 Kinder islamisch beigesetzt. Im Jahr 1972 wurde auch in Essen ein islamisches Grabfelder zur Verfügung gestellt und Mitte 2010 ein weiteres. Insgesamt wurden bereits mehr als 2.600 Muslime und Musliminnen dort beigesetzt. Im Durchschnitt waren dies zwischen 50 und 70 Beisetzungen von Erwachsenen. Im Jahr 2016 waren es dort 75 und im Jahr 2017 waren es dann schon 191 islamische Beisetzungen. Einen kontinuierlichen Anstieg von islamischen Beisetzungen gibt es auch in Leipzig. Im Jahr 2017 wurden 16 Muslime und Musliminnen dort beigesetzt. Im Jahr 2018 waren es 19 und im Jahr 2019 dann 20 islamische Beisetzungen.

Obwohl die Zahl an islamischen Grabfeldern im Verhältnis zu der großen Anzahl von muslimischen Arbeitsmigranten und Arbeitsmigrantinnen, die im Jahr 1961 im Zuge des Anwerbeabkommens nach Deutschland kamen, wurden kaum Muslime und Musliminnen auf den erwähnten Grabfeldern für Muslime und Musliminnen beerdigt. Die Tabelle zeigt gut erkennbar einen stetigen An stieg von islamischen Beisetzungen auf den Friedhöfen in den erwähnten Städten. Dies sind nur einige Beispiele, um nicht die mehr als 300 islamischen Grabfelder auf den mehr als 32.000 Friedhöfen in Deutschland aufzuzählen. Flächendeckend gibt es in Deutschland zwar noch keine islamischen Grabfelder, aber in den meisten Großstädten, in denen auch die meisten Muslime und Musliminnen in Deutschland leben, ist es nun möglich, sich weitgehend nach islamischen Geboten, Verboten und Empfehlungen bestatten zu lassen. Vermutlich werden auch noch weitere islamische Grabfelder erschlossen, denn oft stellen die islamischen Gebote, Verbote und Empfehlungen für Bestattungen, wie beispielsweise der Sargzwang, die Ausrichtung der Grabfelder gen Mekka oder ein Grabfeld, auf dem ausschließlich Muslime und Musliminnen beerdigt werden, kein unlösbares Problem dar. Sehr viel schwieriger gestaltet sich die Frage, wie oft die Überlassungsdauer für Gräber verlängert werden kann.

Obwohl in den vergangenen Jahren zahlreiche Moschee Vereine und Verbände ihren Wunsch an unbefristeten Gräber kommunizierten, haben zuständige administrative Gesetzgebungs- und Verwaltungsorgane keine signifikanten Anpassungen an die Bedürfnisse der Muslime und Musliminnen in Deutschland vorgenommen.


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Häufig befinden sich Friedhöfe an Hängen von Hügeln oder Bergen, die als Ackerfläche nicht in Frage kommen, oder auch am Stadtrand oder Dorfrand und werden nicht gepflegt. In einigen Herkunftsländern der Muslime und Musliminnen werden die Gräber sich selbst und der Natur überlassen, während in anderen Herkunftsländern ein ausgeprägter Gräberkult ausgelebt wird. So variieren auch die islamischen Grabstätten in Deutschland sehr stark zwischen verwildert und gepflegt. Diese Verwilderung des Grabes bedeutet jedoch nicht, dass niemand Wert auf dieses Grab legt, sich nicht um dieses Grab kümmert oder das Grab nicht besucht.

In Deutschland gibt es inzwischen in vielen Bundesländern islamische Friedhöfe. Dennoch kommt es bei islamischen Bestattungen in Deutschland noch immer zu Schwierigkeiten. Islamische Bestattungen müssen nach den Geboten, Verboten und Empfehlungen erfolgen, die die islamischen Rechtsgelehrten, Theologen und Theologinnen aus dem Koran und den Hadithen herauslesen. Diese können mit den Bestattungsgesetzen und Friedhofsverordnungen in Deutschland im Konflikt stehen, es kann jedoch beobachtet werden, dass sich in Ballungsräumen, in denen viele Muslime und Musliminnen leben und wo es daher auch häufiger zu Sterbefällen von Muslimen und Musliminnen kommt, Behörden und Friedhofsverwaltungen versuchen, den Bedürfnissen der muslimischen Bevölkerung in Deutschland gerecht zu werden.

Bei den in Deutschland beerdigten muslimischen Migranten und Migrantinnen ist eine Segregation auf den Friedhöfen festzustellen. Diese Segregation findet zwischen den muslimischen und nicht-muslimischen Grabfeldern statt. Bei den muslimischen Grabfeldern ist jedoch zu beobachten, dass Muslime und Musliminnen aus dem gesamten Ausdehnungsgebiet des Islams dort beerdigt wurden.

Hier finden Sie:Die Eröffnung des muslimischen Grabfelds auf dem Friedhof Öjendorf in Hamburg
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Aufgrund der hohen Anzahl von Grabfeldern, auf denen Muslime und Musliminnen beigesetzt wurden und werden, sollen im Folgenden lediglich einige Städte beispielhaft erwähnt werden, in denen versucht wurde, auf die Bedürfnisse der Muslime und Musliminnen einzugehen. Die ersten Grabfelder, auf denen Muslime und Musliminnen beigesetzt wurden, waren auf Wunsch von Konsulaten und islamischen Einrichtungen in Absprache mit der verantwortlichen Stadtverwaltung eingerichtet worden. Für diese Grabfelder wurden, wenn möglich, die bestehenden Friedhöfe an den äußeren Rändern erweitert. In Deutschland lebende Muslime und Musliminnen hatten bis zur Jahrtausendwende kaum Möglichkeiten, sich in Deutschland nach islamischen Geboten, Verboten und Empfehlungen bestatten zu lassen. Viele von ihnen entscheiden sich daher für eine Überführung ins Herkunftsland. Wer sich damals jedoch für eine Beerdigung in Deutschland entschieden hatte oder entscheiden musste, wurde auf den kommunalen oder städtischen Friedhöfen beigesetzt, ohne dass alle Gebote, Verbote und Empfehlungen für islamische Bestattungen eingehalten werden konnten. Denn in den seltensten Fällen waren die Gräber auf kommunalen oder städtischen Friedhöfen gen Mekka ausgerichtet, eine Beerdigung ohne Sarg war fast nirgendwo möglich und ġusl al-mayyit durchzuführen, war nicht überall realisierbar. Darunter waren vor allem überdurchschnittlich viele Totgeburten, Babys und Kinder. Aber auch Muslime und Musliminnen, die sich in Deutschland im Exil befanden oder denen eine Überführung in ihre Herkunftsländer aufgrund von Krisen oder Krieg kompliziert, aufwendig und teuer oder unmöglich war, wurden ebenfalls in Deutschland beigesetzt.
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Muslimische Grabfelder auf dem Öjendorfer Friedhof in Hamburg Jenfeld.

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Da es bis in die späten 1990er Jahre kaum Grabfelder in Deutschland gab, auf denen sich Muslime und Musliminnen nach islamischen Geboten, Verboten und Empfehlungen bestatten lassen konnten, wurden die allermeisten in Deutschland lebende Muslime und Musliminnen mit türkischen Wurzeln im Todesfall in die Türkei überführt und dort beigesetzt, was sich in den folgenden Jahrzehnten habitualisiert hat. Noch bevor auf Friedhöfen in Deutschland die Anzahl an neu erschlossenen Grabfeldern, auf denen Muslime und Musliminnen beerdigt werden konnten, anstieg, erhöhte sich die Anzahl an islamischen Beerdigungsinstituten in Deutschland. Zudem sanken die Überführungskosten von Leichnamen in ihre Herkunftsländer über die Jahrzehnte stetig, was dazu führte, dass die Überführung von verstorbenen Angehörigen ins Herkunftsland von vielen in Deutschland lebenden Muslimen und Musliminnen noch immer präferiert wird, obwohl es inzwischen in Deutschland zahlreiche islamische Grabfelder auf städtischen und kommunalen Friedhöfen gibt. Da die meisten sich vor dem Hintergrund ähnlicher Szenarien für eine Überführung in die Türkei entschieden haben, bevorzugen Entscheidungsträger und Entscheidungsträgerinnen oft ebenfalls eine Überführung in die Türkei, obwohl in Deutschland inzwischen für Muslime und Musliminnen zahlreiche Grabfelder auf kommunalen oder städtischen Friedhöfen eröffnet wurden. Das heißt, dass auf diesen Grabfeldern, die gen Mekka ausgerichtet sind , ausschließlich Muslime und Musliminnen beigesetzt werden und dies in manchen Bundesländern sogar in ungesäumten Leinentüchern, also ohne Sarg. Nachdem im Kapitel Islamische Bestattungen die theologisch-theoretischen Bedingungen für islamische Bestattungen auf islamischen Friedhöfen beschrieben wurden, folgt nun die Diskussion, ob und wie diese Gebote, Verbote und Empfehlungen, islamische Bestattungen in Deutschland vorzunehmen, realisierbar ist. Dazu gehört zunächst der Rückblick auf historische Bestattungen von Muslimen und Musliminnen in Deutschland sowie die Verteilung von islamischen Friedhöfen in Deutschland. Hierbei werden sowohl die Rahmenbedingungen als auch die Probleme kategorisiert und skizziert, um einen Überblick über die Rahmenbedingungen für die Entscheidungsfindung zu bekommen, die in Deutschland lebende Muslime und Musliminnen bei der Wahl des Beisetzungsortes für sich oder für ihre Angehörigen berücksichtigen.

Gräber von Muslimen und Musliminnen und islamische Friedhöfe in Deutschland
Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass vereinzelt muslimische Kaufleute vor dem 16. Jahrhundert in Mitteleuropa starben und vor Ort beigesetzt wurden. Allerdings sind die meisten dokumentierten Todesfälle von Muslimen in Deutschland Soldaten nach kriegerischen Auseinandersetzungen gewesen, die in Gefangenschaft gerieten, wie beispielsweise nach der Belagerung von Wien durch die Osmanen im Jahr 1683. Im Tross dieser Armeen, befanden sich auch einige Musliminnen. Sie und viele hundert Kriegsgefangene wurden als sogenannte Beutetürkinnen oder Beutetürken an die Höfe von Fürsten auf dem heutigen Gebiet der Bundesrepublik verschleppt. Die meisten von ihnen konnten sich freikaufen oder wurden im Zuge des Friedens von Karlowitz im Jahr 1699 freigelassen. Einige blieben und wurden gedrängt oder gezwungen, zum Christentum zu konvertieren, und einige wenige konnten Muslime oder Musliminnen bleiben. Getrennt voneinander stehen sogar noch Grabsteine von zwei verstorbenen Osmanen aus dem 17. Jahrhundert, wie ein Dokument für die Geschichte dieser Kriegsgefangenen in einem Park in Hannover. In alten Kirchenbüchern, Stadtarchiven oder anderen historischen Dokumenten lassen sich weitere Hinweise auf Muslime und Musliminnen finden, die während des Siebenjährigen Krieges 1762, der Völkerschlacht 1813 oder dem Deutsch-Französischen Krieg 1870-1871 fielen. Aber nicht nur muslimische Soldaten, sondern auch Kaufleute, Diplomaten und Handwerker aus dem Osmanischen Reich starben auf dem Boden der heutigen Bundesrepublik. Im Jahr 1798 wurde dann in Berlin Hasenheide ein türkischer Friedhof für solche Sterbefälle eröffnet. Da nun aber die Anzahl der Muslime und Musliminnen zu gering war, um einen islamischen Friedhof zu eröffnen, gab es bis ins 17. Jahrhundert keine weiteren islamischen Friedhöfe in Deutschland. Auf dem ersten islamischen Friedhof wurden in Berlin vor allem osmanische Botschaftsangehörige beigesetzt. Weitere islamische Friedhöfe wurden im Zuge der Arbeitsmigration von Türken und Türkinnen nach Deutschland eröffnet. Um die Jahrtausendwende kam diese Generation ins Rentenalter, womit auch die Todesfälle anstiegen. Seither ist die Anzahl von islamischen Friedhöfen in Deutschland auf 300 erheblich gestiegen.

Historie der Bestattungen von Muslimen in Deutschland
Hartmut Heller recherchiert in seiner Arbeit Frühe Grabstätten einigen Fällen bei denen Muslime oder Musliminnen in Deutschland bestattet wurden. Er konnte 427 Fälle von sogenannten Türkentaufen dokumentieren und stellte dabei fest, dass 97 % konvertierten. Aufgrund der dünnen Datenlage referiert er über osmanische Kriegsgefangenen und deren Nachfahren, obwohl, wie er vermutet, auch Gesandtschaftsangehörige und Kaufleute im damaligen Deutschen Reich des 17. und 18. Jahrhunderts unterwegs gewesen sein müssen. Die wenigen Grabmale, die erhalten geblieben sind, stehen längst nicht mehr an ihrer Ursprungsstelle, sind stark verwittert und wurden teilweise zweckentfremdet, wie zum Beispiel als Fußbodenplatte einer Toilette. Die vermutlich ältesten nachweisbaren Gräber, in denen Muslime auf dem Boden der heutigen Bundesrepublik beigesetzt wurden, befinden sich in Hannover. Guenter Max Behrendt hat sich in Die osmanischen Gräber auf dem ehemaligen Neustädter Friedhof mit der Herkunft der beiden Osmanen Hassan und Hammet beschäftigt, die dort zwischen 1683 und 1710 beigesetzt wurden. Überwiegend jedoch lassen sich die Gräber, in denen Muslime oder Musliminnen beigesetzt wurden, durch die Einträge über die Gemeindemitglieder und -zahlen in den Kirchenbüchern zurückverfolgen. Die Einträge dieser Gräber sind jedoch oft längst nicht mehr vorhanden. Dazu hat Gerhard Höpp in Tod und Geschichte oder wie in Berlin prominente Muslime bestattet wurden weitere Gräber mit türkischen Namen recherchiert, die auch Reiner Sörries in Von Mekka nach Berlin aufgreift.

Historie der islamischen Friedhöfe in Deutschland
Für den ersten dokumentierten islamischen Friedhof Deutschlands war die ständige Vertretung des Osmanischen Reiches verantwortlich. Als der osmanische Gesandte Ali Aziz Efendi am 29.10.1798 starb, wurde ein Stück Land der Tempelhofer Feldmark am Neuen Garnisonsfriedhof vom preußischen König Friedrich Wilhelm III. an das Osmanische Reich abgetreten. Dann jedoch sollte an dieser Stelle, an dem sich die Grabanlage befand, eine Kaserne gebaut werden. Im Einvernehmen mit der Hohen Pforte wurden vier dort begrabene Botschaftsangehörige, darunter auch Ali Aziz Efendi, auf ein Grundstück am heutigen Columbiadamm in Berlin umgebettet.  An dem Gebäude, das auf die ehemalige Grabanlage gebaut wurde, ist eine Andachtstafel für Ali Aziz Efendi angebracht worden. Auf dem Grundstück am Columbiadamm wurde dann in der Folge am 29.12.1866 auch der erste islamische Friedhof, auf dem Muslime und Musliminnen jeder Herkunft beigesetzt wurden, eröffnet. Einige im Ersten Weltkrieg verletzte muslimische Soldaten, die zur Behandlung nach Berlin gebracht wurden und offensichtlich die Behandlung nicht überlebten, wurden ebenfalls auf dem islamischen Friedhof am Columbiadamm beigesetzt. Als die Kapazität des Friedhofs 1921 knapp wurde und da eine Wiederbelegung von Gräbern, in denen Muslime und Musliminnen beigesetzt wurden, nicht üblich ist, mussten zwischen 1921 und 1923 die Grabfelder erweitert werden, die allerdings bereits 1985 erneut komplett ausgeschöpft waren. Eine weitere Ausdehnung war nicht möglich. Auch weil auf dem Friedhof überwiegend Muslime und Musliminnen mit türkischen Wurzeln beigesetzt wurden, vereinbarte die Senatsverwaltung Berlin gemeinsam mit der DITIB, dass das Eigentum des Geländes am Columbiadamm an den türkischen Staat übertragen wird und die DITIB die Verwaltung des Geländes und Gebäudes übernimmt. In der Folge wurde auf dem städtischen Friedhof Gatow in Berlin ein weiterer Friedhof eröffnet, auf dem Muslime und Musliminnen beigesetzt werden konnten.
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Rahmenbedinungen für Islamische Bestattungen in Deutschland heute

Muslime und Musliminnen sollen beerdigt werden bevor zwei Nächte vergangen sind (Zeit). Vor der Industrialisierung und der damit gestiegenen Mobilität war die innerhalb von zwei Tagen zurücklegbare Strecke begrenzt. Daraus folgte zwangsläufig die Empfehlung resp. Vorgabe, dass verstorbene Muslime aus logistischen Gründen nicht über längere Strecken transportiert (Distanz) und am Ort des Todes oder in der unmittelbaren Umgebung beerdigt werden sollten. Mit der nun gestiegenen Mobilität im Zuge der Globalisierung können verstorbene Muslime seit einigen Jahrzehnten theoretisch an jeden Ort der Welt innerhalb der vorgegebenen Zeit beerdigt werden. Damit kommt nun die Frage auf, ob Muslime am Sterbeort beerdigt werden sollen oder ob eine Überführung innerhalb von 48 Stunden theologisch legitim ist?

Besonders Interessant erscheint die Frage nach der Priorität zwischen der zeitlichen und örtlichen Limitierung bei der Wahl des Grabes von türkischen Muslimen in Hamburg, die sich bislang in großer Mehrheit im Todesfall in die Türkei überführen ließen und sich damit aus theologischer Perspektive kontradiktorisches Verhalten. Die sunnitischen Rechtsschulen, hierbei speziell die hanafitische, kennt keine heilige Erde und entsprechende islamische Rechtsgutachten empfehlen daher eine Beerdigung am Sterbeort, um unnötige Transportwege zu vermeiden, wenn es am Sterbeort adäquate Möglichkeiten für eine islamische Beerdigung gibt. Das heißt, dass ein islamischer Friedhof vorhanden ist, der den Vorgaben entspricht und eine islamische Beerdigungen mit den entsprechenden Ritualen möglich sind.
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Da bis in die 2000er Jahre die Möglichkeiten, islamische Bestattung in Deutschland durchzuführen, eher beschränkt waren, wurden Muslime und Musliminnen, die nicht in ihre Herkunftsländer überführt wurden, in Wahl- oder Reihengrabstätten auf kommunalen oder städtischen Friedhöfen beigesetzt. Nachdem die Anzahl der Grabfelder angestiegen waren, die nach islamischen Geboten, Verboten und Empfehlungen auf den kommunalen oder städtischen Friedhöfen eingerichtet wurden, lässt sich erkennen, dass sich Muslime und Musliminnen häufiger in Deutschland bestatten ließen. Bereits im Jahr 1965 gab es 41 Grabfelder, auf denen Muslime und Musliminnen beigesetzt werden konnten, und obwohl sich weiterhin schätzungsweise 95 % der in Deutschland gestorbenen Muslime und Musliminnen mit türkischen Wurzeln in die Türkei überführen und dort bestatten ließen, stieg die Anzahl von Grabfeldern auf kommunalen oder städtischen Friedhöfen bis zum Jahr 2000 auf etwa 61 Grabfelder an. Auf diesen islamischen Grabfeldern ist eine große Variation an Grabgestaltung zu beobachten.

Dies bedeutet, dass einige islamische Gräber reichhaltig verziert und geschmückt werden und manche sich sogar ein Foto in den Grabstein einprägen lassen, manchmal aber auch, dass ein Grabstein lediglich mit schlichter Inschrift versehen ist. Eine Dauerbepflanzung, wie auf Friedhöfen in Deutschland, hat in islamischen Ländern vermutlich aufgrund des Klimas keine Tradition. Inzwischen kann auf den islamischen Friedhöfen in Deutschland aber beobachtet werden, dass die Gräber gepflegt und bepflanzt und auch regelmäßig besucht werden. In Deutschland werden Gräber nach einer bestimmten Frist oder Verweildauer, oft nach 25 bis 50 Jahren aufgelöst, was bei manchen Muslimen und Musliminnen zu der Befürchtung führt, dass verwilderte Gräber automatisch nach 25 Jahren aufgelöst werden. Um eine Auflösung des Grabes abzuwenden, werden an Grabstellen ergänzend zum Grabstein oft die Grabstellen auch noch umrahmt oder anders dauerhaft markiert.
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Bei Überführungen von Muslimen und Musliminnen in ihre Herkunftsländer handelt es sich in aller Regel um überregionale Überführungen, die aufgrund der größeren Distanzen mit dem Flugzeug durchgeführt werden, weil Leichenwagen, Eisenbahn oder Schiffe als Transportmittel aufgrund der langen Reisedauer kaum infrage kommen. Überführungen mit dem Flugzeug waren noch vor wenigen Jahrzehnten mit erheblichen finanziellen Aufwendungen verbunden. Die Fluggesellschaften, die Särge in speziellen Containern im Flugzeug unterbringen mussten, forderten hohe Summen für die Frachtkosten der Kategorie human remain, dt. menschliche Überreste. Zudem müssen die Särge innen mit einer Zinkverkleidung luftdicht verschlossen werden. Die Globalisierung im Warenhandel führte auch beim Luftfrachtverkehr zu einem erheblichen Anstieg der Nachfrage an Transportkapazitäten.

Durch die gestiegene Nachfrage in diesem Bereich der Logistik, haben sich die Flugfrachtkosten verringert. In den vergangenen zwanzig Jahren hat sich zwar die Anzahl der Beisetzungen von Muslimen und Musliminnen auf den Hamburger Friedhöfen verfünffacht, dennoch wurden weiterhin die meisten in Deutschland verstorbenen Muslime und Musliminnen mit türkischen Wurzeln in die Türkei überführt und dort beigesetzt. Während eine Überführung in die Türkei etwa 1500 – 2000 Euro kostet, werden für eine Bestattung in Deutschland zwischen 2000-3000 Euro bezahlt, und hinzu kommt dann noch der Grabstein, der ebenfalls in Deutschland deutlich teurer ist als in der Türkei. Allerdings kommen bei Überführungen in die Türkei oft noch die Kosten für die Flugtickets für Angehörige und Hinterbliebene, die den Leichnam in die Türkei begleiten, um dort an der Bestattung teilzunehmen, hinzu. Speziell in der Urlaubssaison kann dies für Angehörige und Hinterbliebene dann sehr teuer werden.
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Islamische Bestattungen in den Medien

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Sterben im Islam

Neben dem Glauben an Gott und seine Fähigkeit zur Vorherbestimmung, an die Engel, die Offenbarungen und die Propheten, gehört auch die Wiederauferstehung nach dem Tod (2:28) zu den sechs elementaren Glaubensgrundsätzen im Islam.

Der Tod wird von Muslimen und Musliminnen nicht als das Ende der eigenen Existenz wahrgenommen, ist unausweichlich, kann nicht abgewendet werden und niemand kann sich dem Tod entziehen. Gott allein entscheidet über die Dauer der Lebenszeit der Menschen. (4:7) Die Muslime und Musliminnen sollten sich mit der Vorstellung des eigenen Todes vertraut machen und stets mit dem Tod rechnen, denn mit Eintritt des Todes gibt es keine Möglichkeiten mehr, sich für das Paradies zu qualifizieren, was das Ziel aller Muslime und Musliminnen darstellt. Im Jenseits werden die Seelen am Tag des Jüngsten Gerichts vor Gott Rechenschaft über alle ihre Aussagen und Handlungen ablegen müssen. Die vergänglichen Annehmlichkeiten im Diesseits stellen für Menschen eine Herausforderung dar, die sie von den religiösen Pflichten abbringen oder ablenken. (3:185/24:39/57:20) Muslime und Musliminnen, die ein gottgefälliges und tugendhaftes Leben geführt haben, können auf die Barmherzigkeit und Güte Gottes und damit auf den Eintritt ins Paradies hoffen und müssen sich aus theologischer-theoretischer Perspektive nicht vor dem Sterben fürchten. Vielmehr dürfen und sollen sie sich freuen, dereinst ins Paradies eintreten zu dürfen (41:30).
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Das Sterben stellt die Phase vor dem Tod dar und kann in vielen unterschiedlichen Formen oder Ausprägungen stattfinden. Diese Sterbephase kann sich sowohl über einen langanhaltenden Zeitraum erstrecken als auch sehr plötzlich enden und unterschiedliche Ursachen haben. Das Sterben kann bewusst durchlebt werden, während der Tod, ähnlich wie die Geburt, von den Betroffenen selbst nicht bewusst wahrgenommen werden kann. In Erwartung eines unbekannten Zustands sind Sterbende oft ängstlich.

Wenn absehbar ist, dass ein Muslim oder eine Muslimin im Sterben liegt, ist es deswegen geboten, diese Person nicht mehr allein zu lassen, sondern zu betreuen. Die Umgebung sollte Rücksicht üben. Unruhe verbreiten, Streitigkeiten oder auch andere Formen der Belästigung wie übermäßig lautes oder heftiges Weinen sowie Wehklagen sollten vermieden werden. Um dem oder der Sterbenden die Angst vor dem Tod und den möglichen Strafen in der Hölle zu nehmen, sollte er oder sie an die Wiederauferstehung und die Barmherzigkeit Gottes erinnert werden. Das Erbarmen Gottes ist an den Glauben an ihn und seine Barmherzigkeit geknüpft.

In der letzten Phase des Sterbens, also kurz bevor der oder die Sterbende seinen letzten Atemzug getan hat, ermuntern Angehörige oder rechtschaffende Gemeindemitglieder den oder die in den letzten Atemzügen Liegende dazu, das Glaubensbekenntnis auszusprechen, Wenn es ihm oder ihr nicht mehr möglich sein sollte zu sprechen, spricht eine dem oder der Sterbenden nahestehende Person das Glaubensbekenntnis stellvertretend und wird nach Möglichkeit von dem oder der Sterbenden affirmativ bestätigt. Sei es durch Augenzwinkern, Drücken oder Heben der Hand oder eines einzelnen Fingers.

Ist die letzte Phase des Sterbens absehbar und der Tod steht kurz bevor, wird in der Regel ein Imam gerufen, der dann aus dem Koran rezitiert. Anstelle eines Imams können auch anwesende Muslime und Musliminnen Verse aus dem Koran rezitieren. Dies gilt als tugendhafte Handlung und soll dem oder der Sterbenden und den Angehörigen Trost spenden. Bevorzugt wird zu diesem Zweck im Koran die 36. Sure Yā-sīn rezitiert, da es in dieser Sure hauptsächlich um die Wiederauferstehung am Tag des Jüngsten Gerichts geht. Sie soll dem oder der Sterbenden Hoffnung machen, dass der Tod nicht das Ende darstellt, sondern im Jenseits die Wiederauferstehung folgt.

Wenn der Tod unmittelbar bevorsteht, soll der oder die Sterbende auf die rechte Schulter mit Blickrichtung gen Mekka geneigt werden. Ist dies nicht möglich, können die Füße gen Mekka ausgerichtet werden. Ähnlich wie beim täglichen Gebet, nur liegend, damit der oder die Sterbende im letzten Augenblick seines oder ihres Lebens das Gesicht nach Mekka gewendet hat.
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Transport zur Beerdigung

In den allermeisten Fällen werden Verstorbene in einem Transportsarg vom Ort des Todes, erst zur rituellen Reinigung, dann zum Totengebet und anschließend zum Friedhof und Grab transportiert. Dies wird traditionell ebenso, wie die Beerdigung selbst von Männern durchgeführt.

Diese Orte können dicht beieinander liegen oder auch weit entfernt sein. Daher wird unterschieden zwischen einem lokalen Transport, bei dem die Gemeinde den Sarg aufgeschultert transportieren kann, regionalen Transport, die in der Umgebung liegen und Überführungen über längere Distanzen.

lokale Überführung

Der Sarg oder die Transportbahre wird mit dem Kopf in Transportrichtung liegend transportiert. Dabei sollte sich der Trauerzug ohne übermäßige Erregung zum Friedhof bewegen, ruhig bleiben, keine Lieder singen und auch keine Fackeln tragen.

Die Trauergemeinde kann dem Sarg folgen oder auch vorangehe. Obwohl die Teilnahme von Frauen am Trauerzug und beim Totengebet unerwünscht ist, werden Frauen, die trotzdem teilnehmen, lediglich geduldet und sollten sich deswegen unauffällig im Hintergrund aufhalten.

  „Uns (Frauen) wurde (vom Propheten) die Teilnahme an einem Trauerzug untersagt, jedoch ohne, dass dieses (Verbot) streng verfolgt wurde“
Obwohl also auch Frauen am Trauerzug teilnehmen, halten sie Abstand zum Sarg, der ausschließlich von den Männern getragen wird.

Regionale Überführung

Wenn die Entfernung zwischen Todesort, Waschraum für die rituelle Reinigung, dem Musallah-Platz, wo das Totengebet stattfindet und dem Friedhof nicht von Menschen transportiert werden kann, kommen andere Transportmittel, wie Fahrzeuge zum Einsatz.
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Bei Überführungen von Muslimen und Musliminnen in ihre Herkunftsländer handelt es sich in aller Regel um überregionale Überführungen, die aufgrund der größeren Distanzen mit dem Flugzeug durchgeführt werden. Überführungen mit Leichenwagen, Eisenbahn oder Schiffe als Transportmittel kommen häufig aufgrund der langen Reisedauer kaum infrage.

Überführungen mit dem Flugzeug waren noch vor wenigen Jahrzehnten mit erheblichen finanziellen Aufwendungen verbunden, weil die Fluggesellschaften, die Särge in speziellen Containern im Flugzeug unterbringen mussten und für die Kategorie „Human Remain“ hohe Summen forderten. Zudem müssen die Särge innen mit einer Zinkverkleidung luftdicht verschlossen werden. Die Globalisierung im Warenhandel führte auch beim Luftfrachtverkehr zu einem erheblichen Anstieg der Nachfrage an Transportkapazitäten, wodurch sich die Flugfrachtkosten verringert.

Während eine Überführung in die Türkei etwa 1500 – 2000 Euro kostet, werden für eine Bestattung in Deutschland zwischen 2000-3000 Euro bezahlt, und hinzu kommt dann noch der Grabstein, der ebenfalls in Deutschland deutlich teurer ist als in der Türkei. Allerdings kommen bei Überführungen in die Türkei oft noch die Kosten für die Flugtickets für Angehörige und Hinterbliebene, die den Leichnam in die Türkei begleiten, um dort an der Bestattung teilzunehmen, hinzu. Speziell in der Urlaubssaison kann dies für Angehörige und Hinterbliebene dann sehr teuer werden.
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Rahmenbedingungen

Infrastrukturelle Rahmenbedingungen
Hinzu kommen noch die infrastrukturellen Rahmenbedingungen für islamische Bestattungen, wie ein islamischer Friedhof, der gen Mekka ausgerichtet ist und auf dem ausschließlich Muslime und Musliminnen ohne Sarg beigesetzt wurden. Idealerweise befindet sich auf einem islamischen Friedhof auch ein Raum für ġusl al-mayyit, ein Raum oder ein überdachter Platz auf dem Friedhof, wo sich zudem auf dem muṣallā ein Tisch zum Aufbahren befindet, um ṣalāt al-ǧanāza verrichten zu können. Wird ein Muslim oder eine Muslimin auf einem nicht-islamischen Friedhof beigesetzt, dann sollte nach Möglichkeit versucht werden, zumindest das Grab gen Mekka ausgerichtet auszuheben. Das bedeutet in Deutschland, dass islamische Gräber auf einer Achse von 340-2140 gen Mekka ausgerichtet werden müssen. Diese Ausrichtung soll dem oder der Verstorbenen einen symbolischen Blick nach Mekka ermöglichen. Das ist aber nicht auf jedem Friedhof problemlos umsetzbar, da diese Grabfelder sehr oft nachträglich angelegt werden und dann häufig nicht mit dem Wege- und Grabfelder-Raster zu harmonisieren ist. Da, wo es möglich war, wurden die Grabfelder gen Mekka ausgerichtet, und auf einigen Friedhöfen sind sogar Beerdigungen ohne Sarg möglich. In Hamburg sind alle islamischen Grabfelder gen Mekka ausgerichtet. Außerdem sollten auf dem Grabfeld, auf dem Muslime und Musliminnen beerdigt werden sollen, vorher keine Verstorbenen beigesetzt worden sein, es sei denn, dass dort vorher ausschließlich Muslime und Musliminnen beigesetzt wurden, deren Knochen bereits weitgehend zersetzt sind. Dies ist auf Friedhöfen in Deutschland oft ein Problem.

     „Auch bei der geplanten Erweiterung des iranischen Friedhofs in Hamburg-Ohlsdorf wird von theologischer Seite auf die Bereitstellung von bisher ungenutztem Boden gedrängt, so dass eine Erweiterung auf angrenzenden Parzellen ausgeschlossen ist.“

In den vergangenen 20 Jahren hat sich die Anzahl an islamischen Bestattungen zwar gesteigert und es sind auch einige islamische Grabfelder auf Friedhöfen hinzugekommen, aber die Rahmenbedingungen haben sich nicht parallel dazu weiterentwickelt. Spätestens wenn die bestehenden islamischen Grabfelder auf kommunalen oder städtischen Friedhöfen in Deutschland aufgefüllt sind und nicht auf bereits belegte Nachbargrabfelder erweitert werden können, müssen neue islamische Friedhöfe eingerichtet werden, auf denen noch nie Verstorbene beigesetzt wurden. Vor dieser Herausforderung könnte die Friedhofsverwaltung in Hamburg Ohlsdorf stehen, da für Erweiterungen innerhalb des Friedhofs nur wenige Flächen zur Verfügung stehen, auf denen noch keine Beerdigung stattgefunden hat, während in Hamburg Öjendorf Erweiterungen außerhalb des ursprünglichen Friedhofs möglich sind und auch vorgenommen werden.

Zu den infrastrukturellen Rahmenbedingungen gehören auch Räume, in denen ġusl al-mayyit, sowie Totengebet stattfinden kann. Die allermeisten islamischen Grabfelder in Deutschland sind Erweiterungen bestehender kommunaler oder städtischer Friedhöfe und liegen oft am äußeren Rand des Friedhofsgeländes. Daher ist die nachträgliche Installation von geeigneten Räumen für eine ġusl al-mayyit oder Räume bzw. eine Überdachung mit einem muṣallā Tisch auf dem Friedhof, um Totengebet verrichten zu können, nicht überall problemlos realisierbar. Es gibt zwar auf einigen kommunalen und städtischen Friedhöfen die Möglichkeit, ġusl al-mayyit durchzuführen, jedoch liegen diese Räume häufig bei den Kühlkammern der Friedhöfe in einem wenig ansprechenden Ambiente. Daher wird rituelle Reinigung entweder in der Pathologien eines Krankenhauses oder gegebenenfalls in einem Raum auf dem Friedhof durchgeführt, obwohl diese Räume oft für ein rituelle Reinigung gar nicht geeignet waren. In den vergangenen Jahren sind manche Moscheen deswegen dazu übergegangen, direkt am Moscheekomplex zugehörige Räume für solche Zwecke einzurichten. Daneben haben auch einige islamische Bestattungsinstitute Feuchträume installiert, da sie regelmäßig vor der Herausforderung stehen, einen geeigneten Raum für eine rituelle Reinigung zu finden.

     „,Die Waschung sollte allerdings nur einmal vorgenommen werden, und das Gebet kann mehrfach vorgenommen werden. Weil meistens sind hier Angehörige, die beten möchten, und es sind Angehörige in der Türkei, die auch beten möchten, so dass es dann halt zweimal gemacht wird (...) Wenn ich nun jemanden habe, der hier nur drei, vier Angehörige hat und hundert Angehörige drüben, dann wäre es ja absurd, wenn man die Waschung hier macht, denn rituell gewaschen werden darf im Islam nur einmal. Das Totengebet können sie bis zum Tag der Beisetzung beliebig oft durchführen. (...) Wenn ich die Waschung nun hier mache, dann können die Angehörigen vor Ort nicht dabei sein. Also es ist im Islam ja fast eine Pflicht, Wasser auf den Verstorbenen zu geben und bei der Waschung anwesend zu sein. In diesem Fall wird der Verstorbene drüben gewaschen.‘ (Herr C., Leiter der islamischen Abteilung des Bestattungsinstituts A.-G., Berlin)“

Ähnlich sieht die Situation für Trauerfeiern aus. Obwohl in aller Regel Totengebet vor einer Moschee oder auch direkt am Grab verrichtet wird, kann es aber aufgrund des Wetters auch in einen Raum oder auf einen überdachten Platz auf dem Friedhof verlagert werden. Oft sind diese Räume Feierhallen auf den kommunalen oder städtischen Friedhöfen, die mit christlichen Abbildungen oder Symbolen geschmückt sind. Dies widerspricht dann oft der Ästhetik und den Vorstellungen der muslimischen Trauergemeinden. Zudem sind diese Räume nicht selten viel zu klein für die oft sehr großen Familien und Freundes- und Bekanntenkreise.
     „…, weil nach der Waschung ist die ganze Familie da, auch die anderen Bekannten, so dass man nach der Waschung direkt das Gebet bei der Moschee macht. Weil eben dann mehrere Leute da sind. Und das ist besser, wenn sie dann sehen, dass da mehrere Leute sind, die an der Verabschiedung teilnehmen.“ (Herr B., muslimischer Bestatter, Essen)

In Hamburg-Ohlsdorf gibt es seit 2001 in der Kapelle 11 einen Raum für ġusl al-mayyit, der aber nur sehr selten genutzt wird. Christine Behrens vermutet in ihrem Artikel Islamische Bestattungskultur zwischen Tradition und Anpassung in der Ohlsdorfer Zeitschrift für Trauerkultur 2003, dass die ġusl al-mayyit entweder an einem anderen Ort stattfindet oder an Bedeutung verliert. Da in Deutschland heutzutage eigentlich kein Muslim und keine Muslimin ohne eine rituelle Reinigung beigesetzt wird, darf davon ausgegangen werden, dass die rituelle Reinigung an einem anderen Ort stattfindet.

     „Ja, das ist auch wiederum wegen des Finanziellen. In den Moscheen ist es dann so, wenn die Leute angemeldet sind in den Moscheen, kriegen sie die Waschhalle umsonst, also die wird dann angeboten. Und da ist es dann so, dass nur die Theologen bezahlt werden, die die Waschung durchführen. Falls sie in der Moschee angemeldet sind. Falls nicht, möchten sie das immer, ...“ (Herr B., muslimischer Bestatter, Essen)

In Öjendorf wurden mit der Eröffnung der neuen islamischen Grabfelder im Jahr 2008 auch Wasserhähne für wuḍūʾ für ṣalāt al-ǧanāza gedacht und auf dem muṣallā ein Tisch aus Stein aufgestellt. Das Fehlen einer Überdachung des Aufbahrungstisches und des Vorplatzes wird von Bestattern und Bestatterinnen ebenso moniert wie von den Moschee-Verbänden, weil die muslimischen Trauergemeinden an manchen Tagen den Witterungsbedingungen schutzlos ausgeliefert sind. Auf dem islamischen Grabfeld des Friedhofs Finkenriek in Hamburg-Wilhelmsburg wurde dies bei der Planung dann aber berücksichtigt.
Grabaushebung, Transport zum Grab und Grabschließung
Gräber dürfen in Deutschland lediglich vom Fachpersonal für Friedhofswesen ausgehoben werden. Angehörigen und Hinterbliebenen ist es nicht gestattet, das Grab selbst auszuheben oder dabei zu helfen. Die Gräber werden zwischen 200 cm bis 170 cm ausgehoben und haben eine genormte Breite von 100 cm und 250 cm Länge. Für Bestatter aber auch für Angehörige, die bei der Beerdigung ohne Sarg beteiligt sind, entstehen dadurch in manchen Fällen Schwierigkeiten, den Leichnam im Grab stehend entgegenzunehmen und ins Grab zu legen. In den Herkunftsländern der Muslime und Musliminnen werden die Gräber bis zur Brust eines Mannes, also zwischen 120 cm und 150 cm tief ausgehoben. In einem Interview, das Nur Yasemin Ural in ihrer Dissertation „Mourir en diaspora“ veröffentlicht hat, berichtet ein Berliner Bestatter von seinen Herausforderungen, wenn das Grab sehr tief ausgehoben wurde:

     „Les familles qui viennent chez nous quand un de leurs proches meure ne savent pas comment les chosent fonctionnent. Ils lisent les journaux et nous disent « c’est possible d’enterrer sans cercueil ». Mais en réalité les choses ne sont pas si simples que ça. Qui va enterrer le corps ? Qui va descendre deux mètres dans les tombeaux ? Comment est-ce qu’on va sortir le de là ? Oui, vous avez changé la loi, mais vous n’avez pas donné la possibilité de faire les choses comme on les fait en Turquie. Aucun cimetière n’accepterait un enterrement dans une tombe inférieure à deux mètres à Berlin. Il faut soit un système pour glisser le corps, soit un système pour pouvoir le déposer doucement parce qu’on ne peut aucunement descendre dans la tombe.“

Inzwischen haben sich aber auch auf vielen Friedhöfen die Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der islamischen Bestattungsinstitute verbessert, weil der Workflow an die Bedürfnisse angepasst wird. Die Särge werden dann auf einen Bahrenwagen zum Grab gebracht, obwohl es für Muslime und Musliminnen üblich ist, dass der Transportsarg von der männlichen Trauergemeinde zum Grab getragen wird. Dies führt aber offenbar bei deutschen Friedhofsbesuchern zu Unbehagen. Deswegen wird in einer Broschüre der Friedhofsverwaltung Hamburg empfohlen, einen Bahrenwagen zu verwenden und nur, wenn nicht davon abgesehen werden kann, die Totenbahre oder den Transportsarg auf den letzten Metern zum Grab zu tragen. Einige Friedhöfe sehen für islamische Bestattungen zwar Ausnahmen vor, andere haben aber mittlerweile die Friedhofsverordnungen den Bedürfnissen der Muslime und Musliminnen angepasst. Auch für die Beisetzung trägt die Friedhofsverwaltung die Verantwortung. Angehörigen und Hinterbliebenen wird es aber gestattet, das Grab selbst mit Erde aufzufüllen. Insgesamt erfüllen nur sehr wenige Grabfelder, auf denen Muslime und Musliminnen in Deutschland beigesetzt wurden, sämtliche Kriterien eines islamischen Friedhofs.

Neben diesen rechtlichen, bürokratischen, infrastrukturellen und finanziellen Rahmenbedingungen und Problemen für eine Überführung kommen noch finanzielle, politische und ähnliche Rahmenbedingungen und Probleme hinzu. Beispielsweise wurden häufig Muslime und Musliminnen in Deutschland beigesetzt, weil Überführungen in Bürgerkriegsregionen wie dem Balkan, Afghanistan, Syrien u. ä. in manchen Fällen kaum möglich war, weil der Flugverkehr eingeschränkt oder zeitweise auch komplett außer Betrieb war. Inzwischen haben sich einige Friedhöfe aber den Bedürfnissen von Muslimen und Musliminnen und den neuen Anforderungen angepasst und die Friedhofsverordnungen so modifiziert, dass Muslimen und Musliminnen ermöglicht wird, Beerdigungen vorzunehmen, die weitgehend den Geboten, Verboten und Empfehlungen für islamische Bestattungen entsprechen.

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Rechtliche Rahmenbedingungen
Die rechtlichen Rahmenbedingungen für islamische Bestattungen in Deutschland werden bundesweit durch Grundgesetz Artikel §4 Absatz 1) und 2) garantiert, wonach alle Menschen in Deutschland das Recht haben, sich frei nach religiösen oder weltanschaulichen Grundsätzen zu richten und die Freiheit genießen diese Grundsätze ungestört auszuleben. Das bedeutet für Muslime und Musliminnen unter anderem, dass ihnen das Recht zusteht, sich nach den Geboten, Verboten und Empfehlungen für islamische Bestattungen beisetzen zu lassen. In einer Antwort auf eine Große Anfrage versichert die Bundesregierung zu versuchen, den Bedürfnissen der Muslime und Musliminnen hinsichtlich ihrer Bestattungstradition nachzukommen. Da jedoch das Bestattungsgesetz und die Friedhofsverordnungen in den Bundesländern, Kreisen und Kommunen geregelt wird, hat die Bundesregierung nur eingeschränkten Einfluss auf die rechtlichen, bürokratischen oder infrastrukturellen Rahmenbedingungen für islamische Bestattungen in Deutschland.
In Hamburg sind die rechtlichen Rahmenbedingungen im Bestattungsgesetz vom 30.10.2019 Gesetz über das Leichen-, Bestattungs- und Friedhofswesen festgeschrieben. Darin ist beispielsweise geregelt, dass Angehörige einen Bestatter oder eine Bestatterin mit der Abwicklung des Sterbefalls beauftragen müssen. Dieser übernimmt dann den Transport, die Verwahrung und die bürokratische Abwicklung des Sterbefalls und kümmert sich um die Beisetzung. Körperschaft des öffentlichen Rechts. Damit in Deutschland eine Religionsgemeinschaft einen Friedhof verwalten darf, muss ihr der Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts verliehen werden, um die Trägerschaft für einen Friedhof übertragen zu bekommen.

In Hessen bemühte sich die Islamische Religionsgemeinschaft Hessen e. V. (IRH) bereits 1995 vergeblich darum, die Trägerschaft für einen Friedhof übernehmen zu dürfen. Abgelehnt wurde der Antrag entsprechend mit der Begründung, dass die Islamische Religionsgemeinschaft Hessen e. V. keine Körperschaft des öffentlichen Rechts darstelle. Im Jahr 2013 wurde der Religionsgemeinschaft Ahmadiyya Muslim Jamaat (AMJ) dann aber der Status einer Körperschaft des Öffentlichen Rechts verliehen, womit sie nun in Hessen eigene Friedhöfe eröffnen und verwalten könnten. Um auch den Bedürfnissen der Muslime und Musliminnen in den übrigen Bundesländern gerecht zu werden, sind einige Bundesländer dazu übergegangen, mit den betreffenden Dachverbänden der verschiedenen muslimischen Gemeinden ebenfalls Staatsverträge mit entsprechenden Genehmigungen oder Vereinbarungen zu unterzeichnen oder ihnen die Trägerschaft für einen Friedhof zu beleihen. Damit könnten muslimische Vereine, ohne sich als Körperschaft des öffentlichen Rechts konstituieren zu müssen, die Trägerschaft für einen Friedhof beantragen und gegebenenfalls übernehmen.

Im Jahr 2013 hat in Hamburg der islamische Dachverband SCHURA und die alevitische Gemeinde gemeinsam mit Vertretern und Vertreterinnen der Stadt Hamburg einen Staatsvertrag unterzeichnet und in Paragraph 10 dieses Staatsvertrages den islamischen Dachverbänden die Möglichkeit in Aussicht gestellt, Friedhöfe selber zu verwalten, obwohl sie keine Körperschaft des öffentlichen Rechts darstellen.

Im Jahr 2018 wurde in Wuppertal von einer Interessengemeinschaft Wuppertaler Moscheen die Trägerschaft für einen islamischen Friedhof übernommen. Auf 19.000 Quadratmetern sollen dort ausschließlich sunnitische Bestattungen stattfinden. Auch in Bremen wurde ein Staatsvertrag mit muslimischen Verbänden unterzeichnet und in Niedersachsen und Schleswig-Holstein wird ein ähnlicher Weg eingeschlagen.

In Berlin und Rheinland-Pfalz kann gemeinnützigen Religionsgemeinschaften das Bestattungsrecht verliehen werden. Jedoch wurde diese Möglichkeit bislang, wahrscheinlich aufgrund der hohen Kosten, nicht in Anspruch genommen. Theoretisch könnten Grabfelder auf städtischen oder kommunalen Friedhöfen, die weitgehend nach den Geboten, Verboten und Empfehlungen für islamische Beisetzungen eingerichtet wurden, aber auch von Muslimen und Musliminnen verwaltet werden, was aber offenbar auf keinem Friedhof der Fall ist.

Holland hat in seiner Arbeit Muslimische Bestattungsriten und deutsches Friedhofs- und Bestattungsrecht die rechtlichen Rahmenbedingungen der Bundesländer hinsichtlich islamischer Bestattungen umfangreich untersucht und kommt zu dem Schluss, dass Muslimen und Musliminnen in Deutschland auch das verbriefte Recht zusteht, sich nach ihren religiösen Vorstellungen beisetzen zu lassen.
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Bürokratische Rahmenbedingungen

Zu den ersten Formularen, die bei einem Sterbefall ausgefüllt werden müssen, gehört die Ausstellung der Todesbescheinigung durch einen Arzt oder eine Ärztin, der oder die den Tod durch eine Leichenschau feststellt und dokumentiert hat. Der oder die Verstorbene darf nach Eintritt des Todes höchstens 36 Stunden am Sterbeort verbleiben oder an einem anderen angemessenen Ort aufgebahrt werden. Anschließend ist der Leichnam in eine Leichenhalle zu bringen, es sei denn, der Leichnam wird an einen anderen Ort überführt. Ist die Todesursache zunächst ungeklärt, wird der Leichnam in der Pathologie der Rechts- bzw. der Gerichtsmedizin aufbewahrt und untersucht. Das Landeskriminalamt übersendet in solchen Fällen die Dokumente an die ermittelnde Staatsanwaltschaft, welche nach den Ermittlungen eine Freigabe bzw. Herausgabe des Leichnams und der Todesbescheinigung an das Bestattungsinstitut genehmigt. Mit der Todesbescheinigung kann im Standesamt bzw. in den Bezirks- oder Kreisämtern die Beurkundung des Sterbefalls beantragt werden, um personenbezogene Formalitäten wie Witwenansprüche, Kündigungen und Abmeldungen vornehmen zu können. Für überregionale Überführungen, bei denen nationalstaatliche Grenzen überquert werden, stellt das Gesundheitsamt unter Vorlage der Todesbescheinigung und der Sterbeurkunde oder Zurückstellung einen sogenannten Leichenpass aus. In manchen Bundesländern oder Landkreisen werden zudem Unbedenklichkeitsbescheinigungen ausgestellt, die dokumentieren, dass von dem Leichnam keine Gefahr wie beispielsweise ansteckende Krankheiten ausgehen. Mit diesen Dokumenten wird in der Botschaft oder dem Konsulat des Landes, in das der oder die Verstorbene überführt werden soll, eine Überführungsgenehmigung beantragt. Für internationale Überführungen müssen Leichname in:

„verschlossenen, feuchtigkeitsundurchlässigen und widerstandsfähigen Särgen ohne vermeidbare Unterbrechung zum Bestimmungsort“

befördert werden. Dabei darf ausschließlich ein Fahrzeug verwendet werden, das nach Art. 8 Abs. 2 BestG (Bestattungsgesetz) für solche Zwecke bestimmt ist. Beim Transport von Leichnamen außerhalb des Stadtgebietes von Hamburg müssen entsprechende Dokumente mitgeführt werden. Vor dem Hintergrund dessen, dass die Abwicklung von Sterbefällen von Muslimen und Musliminnen innerhalb eines sehr kurzen Zeitfensters durchgeführt werden soll, wird das Zusammensuchen aller notwendigen Dokumente in den Interviews mit den Betreibern der islamischen Überführungs- und Beerdigungsinstitute als große und oft nicht lösbare Herausforderung für die Angehörigen beschrieben.

      „Die meisten haben ja keine vollständigen Unterlagen. Sie kommen hier mit einer Duldung an oder haben keine Heiratsurkunde, weil sie in Afghanistan vor über 40 (Jahren) geheiratet haben. Und dann bekomme ich Ärger vom Friedhof, wo ist der Beerdigungsschein oder vom Standesamt, wo ist die Heiratsurkunde. Der ist geschieden, wo ist die Scheidungsurkunde, wo ist die Sterbeurkunde vom Ehemann? Der ist vor zwanzig Jahren in Afghanistan gestorben. Wo soll ich das alles herbekommen? Und dann heißt es, andere Bestatter schaffen das doch auch.“ (Frau U., muslimische Bestatterin, Hamburg).

Die kurzen Öffnungszeiten einiger Behörden erschweren oft eine zügige Bearbeitung.  Als besonders auffallend werden die Probleme in Kleinstädten beschrieben, da dort Sterbefälle von Muslimen und Musliminnen eher selten vorkommen und die Bearbeitung anders als in Großstädten dort keine Routine darstellt. Auch die zusätzliche konsularisch-standesamtliche Bearbeitung wird als gelegentliche Hürde wahrgenommen. Insbesondere sind illegal Eingereiste, Geflüchtete oder im Exil lebende Personen davon betroffen. Bei den Problemen bei Überführungen aus Hamburg ins Herkunftsland handelt es sich vornehmlich um bürokratische Vorschriften, welche zu Problemen bei der Abwicklung der Sterbefälle führen können.
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Auch die Speerfrist von 48 Stunden bevor eine Beisetzung stattfinden darf, wird in Deutschland in den Bundesländern nicht überall gleich geregelt und Ausnahmen müssen beim Ordnungsamt mit Begründung beantragt werden. Solche Gründe können allgemeiner Natur, religiös begründet sein oder mit der Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit begründet werden. In jedem Fall muss ein Scheintod ausgeschlossen werden können. Auch Holland gibt an, dass es verfassungswidrig sein könnte, Ausnahmen ausschließlich bei einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit zu erteilen.

Auch die Rechtswissenschaftlerin Diana zu Hohenlohe meint, dass die Bestattungsfrist nicht mehr zeitgemäß sei. Diese Regelung aus dem 18. Jahrhundert wurde eingeführt, als es noch keine Leichenschau gab und ein Scheintot ausgeschlossen werden sollte. Muslime und Musliminnen, die es gewohnt sind, dass eine Bestattung ohne unnötige Verzögerung zügig stattfinden sollte, empfinden die Bestattungsfrist von 48 Stunden als Blockade und entscheiden sich häufig für eine Überführung ins Herkunftsland, da dies oft schneller bewerkstelligt werden kann. Während die Bestattung von Muslimen und Musliminnen unmittelbar nach Eintritt des Todes durchgeführt werden sollte, dürfen in Deutschland Bestattungen erst nach 48-96 Stunden stattfinden, was eine zügige Beisetzung verhindert. Allerdings nimmt die Ausstellung der Todesbescheinigung, die Benachrichtigung des Bestatters oder der Bestatterin, aber auch ein Termin bei der Friedhofsverwaltung, welche den Friedhofsmitarbeitern und Friedhofsmitarbeiterinnen ausreichend Zeit einräumen muss, um die Gräber auszuheben, da Gräber nicht vorsorglich ausgehoben werden dürfen, mehr als 48 Stunden in Anspruch. Daher kommt in Deutschland eine Bestattung innerhalb von zwei Tagen oft ohnehin nicht infrage. Dennoch empfinden viele Angehörige und Hinterbliebene die erzwungene Tatenlosigkeit in den ersten 48 Stunden oft als ungewohnt, weil im kollektiven Bewusstsein vieler Muslime und Musliminnen islamische Bestattungen unmittelbar nach Eintritt des Todes beginnen und häufig sehr zügig durchgeführt wird.

In einem Interview mit einem Bestatter in Berlin, das Osman Balkan geführt und in Burials and Belongings zitiert hat, wird beschrieben, wie Angehörige und Hinterbliebene anerkennen, wenn die Staatsanwaltschaft für die Freigabe eines Leichnams Zeit in Anspruch nimmt, ansonsten jedoch beim Bestatter Druck ausüben, um die Bestattung innerhalb von zwei Tagen durchzuführen. Von ähnlichen Herausforderungen berichten die Bestatter und Bestatterinnen der islamischen Beerdigungsinstitute in Hamburg. Sie beklagen sich darüber, dass die Öffnungszeiten der zuständigen Behörden lediglich kurze Zeitfenster zur Abwicklung anbieten, was eine zügige Abwicklung des Sterbefalls deutlich erschwert. Im ungünstigsten Fall verstirbt ein Muslim oder eine Muslimin an einem Freitagabend. In solchen Fällen kann frühestens fünf Tage nach Eintritt des Todes eine Beerdigung in Hamburg stattfinden, weil zunächst das Wochenende dazwischenkommt.

      „Die Friedhofsverwaltung erreiche ich frühestens am Montag, und einen Termin bekomme ich erst Tage später.‘ Dagegen gibt es täglich Flüge in die Türkei, und in den Maschinen haben die Zinksärge stets Vorrang vor Koffern und Kisten.“

Mit Beginn der Arbeitswoche verstreichen aber weitere 48 Stunden, ehe ein Grab ausgehoben werden kann, weil ein Antrag für eine Beerdigung auf einem der städtischen Friedhöfe mit Grabfeldern, auf denen Muslime und Musliminnen beigesetzt werden können, frühestens am Montag gestellt werden kann. Erst dann leitet die Friedhofsverwaltung den Auftrag an ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen weiter, ein Grab auszuheben, womit weitere 48 Stunden verstreichen, bevor eine Beerdigung vorgenommen werden könnte.

     „Das größte Problem, was wir haben, ist momentan, dass wir die Termine nicht koordinieren können. Das heißt, ich als Bestattungsinstitut muss die Friedhofsverwaltung anrufen, und die müssen sich dann je nach ihrem Arbeitsaufwand bequemen, die Grabstelle zu öffnen und einen Termin zu vergeben. Und daran bin ich gebunden. Also wenn der Kunde zum Beispiel Freitag möchte und der ist voll oder der geht nicht, dann kann der nicht beisetzen.“ (Herr C., Leiter der islamischen Abteilung des Bestattungsinstituts A.-G., Berlin)

Solche und ähnliche Verzögerungen werden von einigen Muslimen und Musliminnen als verstörend wahrgenommen. Von dieser Frist kann allerdings im Bedarfsfall auch abgesehen werden. Holland hält es für empfehlenswert, die Bestattungsfristen sachbezogen zu regeln, wie dies in Hamburg und neuerdings in Baden-Württemberg geregelt wird.
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In Deutschland gibt es nicht überall die Möglichkeit, eine Beisetzung ohne Sarg durchzuführen, weil die Friedhofsverordnungen dem oft entgegenstehen. Diese gesetzlichen Bestimmungen weisen teilweise direkt daraufhin, dass ein Sarg zwingend verwendet werden muss, teilweise gehen die Bestimmungen aber auch indirekt davon aus, dass ein Sarg verwendet wird. Auf manchen Friedhöfen wird der Sargzwang auch mit Grundwasserschutzbestimmungen begründet.

Die ersten Friedhöfe, für die Ausnahmen erteilt wurden, Beisetzungen ohne Sarg vorzunehmen, waren in den 1970er Jahren in Nordrhein-Westfalen Essen, Aachen und Düsseldorf, und um die Jahrtausendwende war dies dann auch in Paderborn, Soltau, Herzogenrath und Krefeld und auf weiteren Friedhöfen möglich. Inzwischen gibt es nur noch in drei Bundesländern, in Bayern, Sachsen und Sachsen-Anhalt, den Sargzwang. In neun Bundesländern können Muslime auf Wunsch ohne Sarg beerdigt werden, und in Nordrhein-Westfalen ist 2003 der Sargzwang gestrichen worden. In Hessen wurde der Antrag auf Bestattungen ohne Sarg abgelehnt. In den Bundesländern Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, und dem Saarland ist der Sargzwang aufgehoben worden. Obwohl in Nordrhein-Westfalen der Sargzwang aufgehoben wurde, besteht die Kölner Friedhofsverwaltung weiter auf der Beerdigung im Sarg. Ein Sargzwang wird im Bestattungsgesetz der Bundesländer Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein-Westfalen zwar nicht explizit erwähnt, gilt aber als sogenanntes Gewohnheitsrecht. In der Freien und Hansestadt Hamburg war es erlaubt, Beerdigungen ohne Sargdeckel vorzunehmen, und seit 1998 ist es in Hamburg-Ohlsdorf und Öjendorf möglich, sich in Leichentüchern beisetzen zu lassen. In absoluten Zahlen wurden 1998 auf beiden städtischen Friedhöfen 9 Beerdigungen in Leichentüchern vorgenommen und 2017 waren es dann bereits 150 ohne Sarg.

Allerdings hat sich dabei das relative Verhältnis zwischen beiden Beerdigungsformen nicht wesentlich verändert. Insgesamt wurden bis 2016 in Ohlsdorf 238 Muslime und Musliminnen ohne und 780 mit Sarg beerdigt. Also entschieden sich lediglich 30,5 % für eine Beerdigung in Leichentüchern. Auch in Öjendorf ist das relative Verhältnis zwischen beiden Beerdigungsformen sehr ähnlich. Im selben Zeitraum wurden dort von 2.476 Beisetzungen 813 ohne Sarg durchgeführt. Es ließen sich dort also ebenfalls nur 32,8 % in Leichentüchern beerdigen, Neben den unterschiedlichen Regelungen in den Bundesländern haben auch die vielen verschiedenen muslimischen Gemeinden unterschiedliche Vorstellungen in Hinblick auf Beerdigungen ohne Sarg. Die Akademie für Islamisches Recht in Mekka hat zwar eine fatwā veröffentlicht, aus der hervorgeht, dass einer Beerdigung im Sarg nichts entgegensteht, solange der Sarg nur schlicht und künstlerisch unbearbeitet ist, ohne Verzierungen oder Vertäfelung. Gemeint ist damit eine Holzkiste, die lediglich zum Schutz des Leichnams vor wilden Tieren, wie beispielsweise Aasfressern, welche das Grab aufscharren könnten, um den Leichnam zu fressen, verwendet wird. Und auch wenn das Grundwasser tatsächlich gefährdet ist, kann und sollte ein Sarg verwendet werden. Aber grundsätzlich sind sich alle sunnitischen Theologen und Theologinnen darin einig, dass für die Beerdigung eines Muslims oder einer Muslimin kein Sarg verwendet werden sollte, wenn es sich vermeiden lässt. Zudem sei es einem Gutachten des Gesundheitsamtes Essen zufolge durchaus empfehlenswert, eine Beerdigung ohne Sarg durchzuführen.

       „Aus amtsärztlicher Sicht ist gegen eine Bestattung von Leichen in einem Leichentuch nichts einzuwenden, wenn keine infektiöse Erkrankung vorliegt und der Transport in einem Behältnis erfolgt, das den Austritt von Flüssigkeiten verhindert. (…) Sind diese Bedingungen erfüllt, ist es sogar wünschenswert und für eine schnelle Verrottung der Leiche günstig, wenn diese ohne Sarg begraben wird. Da unsere Tradition die Bestattung der Leiche im Sarg fordert, sollte dieser zumindest aus sehr leicht zersetzbaren Weichhölzern bestehen.“

Das heißt, wo keine gesundheitlichen oder hygienischen Gründe gegen eine Beerdigung ohne Sarg sprechen, könnten kommunale oder städtische Friedhöfe Muslimen und Musliminnen eine Beerdigung ohne Sarg ermöglichen. Holland kommt in seiner Bewertung zu dem Schluss, dass eine ausnahmslose Verweigerung religiös begründeter Bestattungen ohne Sarg vorzunehmen, verfassungsrechtlich hinterfragt werden könnte.
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Das größte Spannungsfeld liegt aber in der Frage der Überlassungsdauer eines Grabes, die nach islamischer Tradition zumindest nicht befristet sein darf. Die Überlassungsdauer für Körperbestattungen ist nicht auf allen Friedhöfen einheitlich geregelt, was zum Beispiel auch an den örtlichen geologischen Rahmenbedingungen liegen kann. Die Friedhofssatzungen der Hamburger Friedhöfe Ohlsdorf und Öjendorf zum Beispiel kennen zwei Varianten von Körperbestattungen. Erstens die Reihen- oder Einzelgräber, die der Reihe nach vergeben und auf eine bestimmte Zeit genutzt werden können. Und zweitens Wahl- oder Kaufgräber, die für eine bestimmte Zeit gepachtet und nach Ablauf der Pacht verlängert werden können. In beiden Varianten wird das Grab nach einer bestimmten Überlassungsdauer eingeebnet und der Grabstein geschreddert. Für gewöhnlich liegt die Überlassungsdauer für Gräber, in denen Erwachsene beigesetzt wurden, zwischen 8 und 25 Jahren und bei Kindern zwischen 5 und 15 Jahren. Auf einigen Friedhöfen ist eine einmalige Verlängerung möglich, auf anderen jedoch nicht. Auf den Friedhöfen in Hamburg-Ohlsdorf und Öjendorf kann die Überlassungsdauer nach 25 Jahren immer wieder auf weitere 25 Jahre verlängert werden.

      „Eigentlich gibt es ein ewiges Ruherecht, wenn man das Grab rechtzeitig verlängert. Das kann man ja noch nicht einmal in der Türkei. (...) Aber viele Moslems argumentieren immer, sie wollen in die Heimat, weil das Grab hier in Deutschland nicht für immer ist. Obwohl, wenn man immer bezahlt, ist hier auch für immer. Es ist mehr garantiert als in der Heimat.“ (Frau U., muslimische Bestatterin, Hamburg)

Auf dem islamischen Friedhof in Hamburg-Bergedorf gibt es für die Überlassungsdauer der Gräber keine Fristen und bislang wurde diese Möglichkeit überwiegend von Aleviten und Alevitinnen mit türkischen Wurzeln in Anspruch genommen, die in Deutschland verstarben. Geregelt wird die Verweildauer der Gräber in Hamburg von der BUE (Behörde für Umwelt und Energie).

Im Jahr 1997 haben die Ausländerbeauftragten und die damalige Umweltbehörde Empfehlungen für die Durchführung von islamischen Bestattungen unter Einbeziehung von Vertretern verschiedener islamischer Gemeinden in Hamburg erarbeitet. Daher antwortete die Ansprechpartnerin in der Abteilung Naturschutz der Behörde für Umwelt und Energie (BUE) auf eine Anfrage, warum es nicht möglich sei, die Gräber von Muslimen und Musliminnen auf den städtischen Friedhöfen in Hamburg zu entfristen, wie folgt:

      „Muslimische Gräber sind nicht befristet, eine Verlängerung der Wahlgrabstätten ist unbefristet jederzeit möglich. Nach dem derzeitigen Verfahren ist das dauerhafte Ruherecht gewährleistet auch dann, wenn eine Grabstätte nach Ablauf der ersten Ruhezeit (25 Jahre s. Hamburgisches Bestattungsgesetz) für eine weitere muslimische Bestattung neu vergeben wird. Die möglichen Reste (Gebeine) werden nicht angerührt, es findet in diesem Grab dann eine neue muslimische Besetzung statt. Mit der Neuvergabe der Grabstätte ändern sich aber die Rechte der sogenannten Nutzungsberechtigten. Der neue Nutzungsberechtigte übernimmt alle Rechte und Pflichten an dieser Grabstätte (z. B. Entscheidung über die Gestaltung der Grabstätte: neues Grabmal und Grabpflege, Entscheidungsbefugnis über weitere zukünftige Beisetzungen in dieser Grabstätte, Verantwortung für die Grabpflege). Für den ersten Nutzungsberechtigten fallen nach der Neuvergabe keine weiteren Gebühren an, und das ewige Ruherecht bleibt erhalten.“

Jedoch führt Holland an, dass die maximale Überlassungsdauer in keinem Bestattungsgesetz festgeschrieben ist. Reihengräber haben eine Nutzungszeit, die der Überlassungsdauer entspricht, während Wahlgrabstätten eine längere Überlassungsdauer haben können, die zudem auf manchen Friedhöfen unterschiedlich oft verlängert werden kann. Bisher wurde eine Entfristung mit dem sich daraus ergebenden Flächenbedarf und dem Prinzip der Gleichbehandlung der nicht-muslimischen Gräber begründet, wobei Gräber, in denen Persönlichkeiten öffentlichen Interesses beigesetzt wurden, sowie auch Kriegsgräber und Ehrengräber von einer Befristung befreit sind. Da Juden und Jüdinnen in Deutschland als Körperschaft des öffentlichen Rechts konstituiert sind, können jüdische Gemeinden auch die Trägerschaft eines jüdischen Friedhofs übernehmen, auf dem es in der Regel ebenfalls keine befristete Überlassungsdauer für die Gräber gibt. Bei einigen Friedhöfen, wie zum Beispiel in Hannover, Forchheim oder Berlin Gatow orientieren sich die Friedhofsverwaltungen nicht mehr an der Verweildauer, sondern am Platzbedarf. Dabei wird trotzdem darauf geachtet, dass bei einer Wiederbelegung keine Leichenteile im Grab zu erwarten sind.

Eine Möglichkeit, die Rahmenbedingungen für die Bestattungen von Muslimen und Musliminnen zu optimieren, wäre die Überlassungsdauer für Gräber ganz aufzuheben, sofern keine zwingenden Gründe für eine Frist vorhanden sind. Damit wäre ein Hauptmerkmal einer islamischen Beisetzung erfüllt, denn ein islamisches Grab ist eine Zwischenstation vor dem Eintritt ins dār al-qarārʾ, in dem verstorbene Muslime und Musliminnen warten, um am yaum al-qiyāma auferweckt zu werden. Daher haben islamische Friedhöfe und jedes darin befindliche Grab einen Existenzanspruch bis zum yaum al-qiyāma. Der Umstand, dass Gräber in Deutschland nach einer bestimmten Frist abgeräumt und gegebenenfalls wiederbelegt werden, könnte ebenfalls dazu beitragen, dass sich in Deutschland verstorbene Muslime und Musliminnen häufig in ihre Herkunftsländer überführen lassen. Osman Balkan beschreibt in Burials and Belongings, dass sich einige Interviewte besorgt darüber geäußert hätten, dass Gräber in Deutschland wiederbelegt werden, was nach Balkans Recherche auch zutrifft:

     „Once buried, corpses will remain underground for twenty years, after which the lease on the plot must be renewed. If payments are not made, the remains are exhumed, and another corpse is buried in the grave.“

Auch Yasemin Karakaşoğlu berichtet in Bestattungen und türkisch-islamische Organisationen von Irritationen bei der Überlassungsdauer der Gräber. In Köln wollte die Stadtverwaltung 277 Reihengräber auf dem islamischen Grabfeld des Westfriedhofs abräumen und einebnen lassen, was zu einigen Dissonanzen zwischen der Stadtverwaltung Köln und muslimischen Vereinen geführt hat. Zu Irritationen habe dabei offenbar auch der Begriff Gräber-Kaufvertrag geführt. Die Betroffenen hatten demnach den Eindruck, einen Vertrag für eine dauerhafte Eigentumsübertragung unterschrieben zu haben. Auch auf dem Friedhof Finkenriek in Hamburg-Harburg wurden aus ca. 40 muslimischen Gräbern Gebeine exhumiert und nebenan in das neue islamische Grabfeld umgebettet, weil eine Autobahnerweiterung gebaut wurde. In dem Fall allerdings mit der Erlaubnis der Angehörigen.
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Grundsätzlich sind Angehörige für die Bestattung eines Familienmitglieds verantwortlich und die Behörde springt erst dann finanziell ein, wenn diese entweder nicht in der Lage sind oder es keine nahen Angehörigen gibt. Weigern sich verantwortliche Angehörige, eine Bestattung zu bezahlen, veranlasst die Behörde eine Bestattung und stellt sie den Angehörigen in Rechnung. Sind Angehörige finanziell nicht in der Lage, die Kosten zu tragen, haben sie einen Anspruch darauf, dass das Sozialamt die Kosten für die Beerdigung übernimmt. In Hamburg ist in solchen Fällen die Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI) zuständig und regelt die Kostenübernahme bei sogenannten Sozialbestattungen.

      „Können Angehörige von Verstorbenen die finanziellen Mittel für eine Bestattung nicht aufbringen oder handelt es sich um die Bestattung eines Verstorbenen, um dessen Beisetzung sich niemand kümmert, werden die Kosten nach §74 SGB XII übernommen. Die Fachanweisung ‚Sozialbestattungen‘ vom 01.07.2017 berücksichtigt dabei auch die Übernahme von Kosten für die Bestattung eines Verstorbenen nach islamischem, schiitischem, alevitischem oder jüdischem Ritus.“

Die Behörde übernimmt in solchen Fällen die Kosten für eine kostenneutrale Sozialbestattung, die aus Kostengründen normalerweise eine Einäscherung oder Beerdigung im Reihengrab vorsieht, was aber bei Muslimen und Musliminnen nicht erlaubt ist. Daher werden die Kosten für eine Erdbestattung in einer Wahlgrabstätte, meist ein Grabfeld, auf dem Muslime und Musliminnen beigesetzt werden, übernommen. In den Kosten sind darüber hinaus auch die Krankenhausgebühr, Leichenhallengebühr, Bestatterkosten, Transportkosten sowie die Kosten für einen Sarg und ein Grabkissen mit Beschriftung enthalten. Häufig können Angehörige oder Hinterbliebene die Kosten für eine Überführung ins Herkunftsland nicht finanzieren. Die Behörde äußert sich dazu, wie folgt:

     „Grundsätzlich werden die Kosten für eine Überführung ins Herkunftsland nicht übernommen, da eine einfache, aber würdige Bestattung auch unter Beachtung religiöser Besonderheiten in der Regel in Hamburg durchgeführt werden kann.“

Obwohl eine Überführung ins Herkunftsland des oder der Verstorbenen in manchen Fällen kostengünstiger als eine islamische Bestattung in Deutschland ist und überdies Angehörige und Hinterbliebene im Herkunftsland an einer Trauerfeier und Beerdigung teilnehmen können.

     „Überführungen übernimmt das Sozialamt überhaupt nicht. (...) Das ist immer günstiger. Sie sagen, das ist ein extra Wunsch der Familie, das wird dann nicht übernommen. Obwohl eine Überführung 2.200,- Euro kostet, eine Beerdigung kostet über 3.000,- Euro. Sie zahlen lieber die Beerdigung anstatt diese Überführung.“ (Frau Y., Muslimische Bestatterin, Essen)

Bei geflüchteten Muslimen oder Musliminnen oder solchen ohne Angehörige oder Hinterbliebene in Deutschland führt das dazu, dass die Angehörigen und Hinterbliebenen in den Herkunftsländern aufgrund der restriktiven Einreisebestimmungen in den Schengen-Raum und der hohen Reisekosten weder die Möglichkeit haben, das Grab aufzusuchen, noch an einer Trauerfeier oder Beerdigung teilzunehmen. Zudem sind manche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in Landkreisen und Kommunen mit sehr geringem muslimischem Bevölkerungsanteil ratlos, wie sie mit verstorbenen Muslimen und Musliminnen umgehen sollen, wenn sie keine Angehörigen oder Hinterbliebenen ausfindig machen können. Nicht selten wird dann entweder eine Feuerbestattung veranlasst oder bei einer Körperbeerdigung nicht auf die Ausrichtung des Grabes gen Mekka oder ähnliche Gebote, Verbote und Empfehlungen von islamischen Rechtsgelehrten, Theologen und Theologinnen geachtet.

In Hamburg und Essen haben Bestattungsinstitute mit den Behörden deswegen informelle Vereinbarungen getroffen. Auch für die Beisetzung von Föten und Totgeburten gibt es in Hamburg eine Vereinbarung, da nach den Geboten, Verboten und Empfehlungen von islamischen Rechtsgelehrten, sowie Theologen und Theologinnen Föten und Totgeburten in Erde beerdigt werden müssen, das Sozialamt in Hamburg aber in solchen Fällen eigentlich nur die Kosten für eine Feuerbestattung übernimmt.
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Jenseits im Islam

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Zwischen Diesseits, der Hölle und Paradies liegt die Zwischenphase „dār al-barzaḫ
Mit Eintritt des Todes wird die Seele vom ʿIzrāʾīl (Todesengel), manchmal aber auch Ruman genannt, vom Körper getrennt. Die Seele wird von dem Engel zum Zwischengericht zu Gott zurückgebracht (32:11). Die Menschen, die ein günstiges Urteil erwarten dürfen, fürchten sich nicht (41:31/10:62), und ihre Seelen werden problem- und schmerzlos vom Körper getrennt. Die Menschen aber, die eher ein ungünstiges Urteil zu erwarten haben, fürchten sich vor dem Tod und den zu befürchtenden Strafen (6:93). Ihre Seelen werden von den Engeln unter großen Leiden und Schmerzen vom toten Körper getrennt (8:50). Den Seelen werden dann sowohl die Hölle als auch das Paradies gezeigt.

Die erste Phase im Jenseits beginnt mit der Zwischenphase, die dār al-barzaḫ genannt wird. Dort wartet die Seele dann in der Zwischenphase im dār al-barzaḫ auf die Wiederauferstehung am Tag der Apokalypse. Auf der Basis aller Aussagen und Handlungen eines Menschen im Diesseits fällt Gott bereits hier ein grundsätzliches Urteil. Eine umfassende Bewertung aller Aussagen und Handlungen findet später am Tag des Jüngsten Gerichts statt. Die gesegneten Seelen werden diese Zwischenphase wahrnehmen, wie einen kurzweiligen Augenblick, selbst wenn dabei tausende Jahre vergehen. Die verdammten Seelen hingegen müssen in ihren Gräbern ausharren und fühlen sich in ihren Gräbern zunehmend beengt, und die Zeit bis zur Apokalypse zieht sich unerträglich in die Länge.

Befragung im Grab durch die beiden Engeln Munkar und Nakīr
Zwei Engel hatten alle von Menschen im Diesseits getätigten gottgefälligen und frevelhaften Aussagen sowie tugendhaften und sündigen Handlungen auf einer Schriftrolle bzw. in einem Buch protokolliert. Sie wird am Tag des Jüngsten Gerichts verlesen (18:49), bewertet (17:13) und anschließend der Seele um den Hals gehängt, bevor sie wieder zurück zu ihrem Körper ins Grab gebracht wird. Damit wird die Seele darüber in Kenntnis gesetzt, ob sie am Tag des Jüngsten Gerichts mit dem Eintritt ins Paradies rechnen darf oder in die Hölle verdammt wird.

Nach diesem Zwischengericht wird die Seele zunächst zurück in den toten Körper gebracht, wo er auf die zweite Phase im Jenseits auf die Wiederauferstehung wartet, wenn die Körper aller Menschen und mit ihren Apokalypsen wiedervereinigt werden und auferstehen. Damit beginnt für die Seelen die Zwischenphase im dār al-barzaḫ. Zu Beginn dieser Zwischenphase kommen zwei weitere Engel zur Befragung an das Grab, während die Schritte der Gemeinde, die den Friedhof verlässt, noch zu hören sind. Die beiden finsteren Engel werden im Koran nicht explizit betitelt, sondern werden in den Hadithen Munkar (negativer Engel) und Nakīr (verwerflicher Engel) genannt. Beide tragen eine sehr schwere Eisenkeule, ihre Blicke gleichen Blitzen und ihre Stimmen dem Donner. Zur Befragung richten diese blauäugigen schwarzen finsteren Engel den Verstorbenen oder die Verstorbene im Grab auf. Die beiden Engel fragen die Verstorbenen:
  • Wer ist dein Gott?
  • Wer ist dein Prophet?
  • Was ist deine Religion?
  • Welche Richtung hast du gebetet?
  • Welches Buch hast du gelesen?
Die richtigen Antworten sind Allah, Muhammad, Islam, Mekka und Koran.

Damit die verstorbene Seele die richtigen Antworten nicht vergisst, bleibt ein Imam noch eine Weile am Grab sitzen und flüstert die richtigen Antworten, während die Trauergemeinde den Friedhof längst verlassen hat. Er bietet der Seele der verstorbenen Person Wissensbeistand, was talqīn genannt wird. Die Seelen, die die richtigen Antworten nicht kennen, erwartet große Pein und schmerzhafte Bußen durch die beiden Engel Munkar und Nakīr.

Peinigung durch Munkar und Nakīr im Grab
Die Menschen, die an keinen Gott geglaubt haben, sind verdammt und werden, noch bevor sie in der Hölle ihre Sünden verbüßen, bereits im Grab von den beiden Engeln Munkar und Nakīr gepeinigt (47:27). Mit ihren sehr schweren Eisenkeulen werden diejenigen zwischen die Ohren und den Hintern geschlagen, die die Befragung nicht bestehen. Die schweren Hiebe mit der Eisenkeule lässt die Apokalypsen so laut aufschreien, dass alle in der Umgebung außer den Dschinn das Leiden der Gepeinigten hören können. Die schweren Hiebe mit der Eisenkeule lässt die Apokalypsen überdies zu Staub werden. Ob ein im Zwischengericht verdammter Seele trotzdem die Befragung bestehen kann und ob dieser Seele dann von der Peinigung befreit ist, lässt sich aus dem Koran und den Hadithen nicht eindeutig ableiten. Allerdings deuten Hadithe darauf, dass der Prophet Muhammad genauso wie alle anderen Propheten auch nicht von dieser Befragung verschont blieben. Daher soll er Sorgen vor der Peinigung im Grab gehabt haben.
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Vorboten des Jüngsten Tages

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Das Leben aller Menschen, Tiere und Lebewesen im Diesseits wird nach der Apokalypse aufhören zu existieren. Diese Apokalypse kündigt sich bereits lange vorab durch Vorzeichen an (6:158).  Sie werden unterteilt in kleinere, eher unauffällige Entwicklungen, die entweder bereits stattgefunden haben, sich im fortlaufenden Prozess befinden oder in der Zukunft noch stattfinden werden und in bevorstehende größere, deutlich zu erkennende Ereignisse unterteilt. Zu den vergangenen kleineren Vorboten gehört unter anderem die Prophetie Mohammads ebenso wie sein Tod. Die übrigen kleineren Vorzeichen sind gekennzeichnet durch Veränderungen im Alltag der Menschen wie beispielsweise kriegerische Auseinandersetzungen, Mord und Totschlag und moralischer Werteverfall. Die großen Vorzeichen finden in der Zukunft statt und können hauptsächlich in zwei Gruppen unterteilt werden. Erstens treten Vorboten in Form von Personen und Wesen auf. Dazu gehören al-mahdī, daǧǧāl, Jesus, Yaʾǧūǧ und Maʾǧūǧ und dābbat al-arḍ (27:82) und zweitens treten kosmische Ereignisse oder Naturkatastrophen auf. Zu den kosmischen Ereignissen gehört das Aufgehen der Sonne im Westen (6:158) und ein sich spaltender Mond (54:1;2),zu den Naturkatastrophen auf der Erde gehören ein mit Rauch überdeckter Himmel (44:10), drei große Erdrutsche im Osten, im Westen und in Arabien und das große Feuer, das die Menschen an den Versammlungsort al-ḥašr treibt. Bis die deutlich zu erkennenden großen Zeichen eintreten, berücksichtigt Gott die Reue der Menschen, während diese Möglichkeit mit dem Eintreten der bevorstehenden, deutlich zu erkennenden großen Vorzeichen nicht mehr gegeben ist. Zwar lässt sich aus dem Koran und den Hadithen nicht genau ablesen, in welcher chronologischen Reihenfolge die Ereignisse stattfinden werden, doch innerhalb der Ereignisse lassen sich logische Abläufe beschreiben.

Der apokalyptische Kampf zwischen dem einäugigen daǧǧāl und Jesus.
Zunächst wird daǧǧāl, der oft auch als falscher Messias bezeichnet wird, auftreten und die Menschheit in Versuchung bringen. Dieser einäugige daǧǧāl wird mal als menschliche Person, mal als Gruppe und mal als Institution auftreten. Jesus erhält dann von Gott den Auftrag, den daǧǧāl zu vernichten. (4:157;158;159). Daraufhin wird Jesus den daǧǧāl vierzig Tage oder Jahre verfolgen und bekämpfen. Dass Jesus den Auftrag Gottes erfüllt und den daǧǧāl vernichtet, ist ebenfalls ein Vorzeichen des bevorstehenden Jenseits (43:61). In diesem Szenario tritt Jesus als Muslim auf, der die Prophezeiung des Islams erfüllt. Nach sieben Jahren Kampf wird Jesus den daǧǧāl vernichten.

Das Biest dābbat al-arḍ
Zu den Vorboten des Jenseits gehört auch ein sprechendes Tier oder Biest, „dābbat al-arḍ“ genannt, dass aus dem Erdboden hervortritt (27:82). Seine Aufgabe wird es sein, die Menschen nach Gesegneten und Verdammten aufzuteilen.

Alexander der Große bekämpft die unheilvollen Völker?
Auch die Ankunft von Yaʾǧūǧ und Maʾǧūǧ (unheilbringende Wesen), die Unheil anrichten, führt zu einer chronologischen Abfolge. Dabei tritt ein Zweigehörnter Fürst auf. Er wird von zwei abrahamitischen Völkern gebeten, sie vor den Yaʾǧūǧ und Maʾǧūǧ zu schützen. Die Menschen bieten dem Zweigehörnten Fürsten für die Errichtung eines Walls Gegenleistungen an (18:94).Daraufhin errichtet der Zweigehörnte Fürst eine Barriere aus Eisen und überschüttet diese mit Kupfer (18:83-18:99). Dieser Wall wird vor dem Jenseits von den Yaʾǧūǧ und Maʾǧūǧ eingerissen, woraufhin sich die Menschen aus ihren Gräbern erheben und sich den Tag des Jüngsten Gerichts versammeln (21:96). Vorher aber wird Jesus sich bei Gott dafür einsetzen, dass die Yaʾǧūǧ und Maʾǧūǧ vernichtet werden. Gott schickt daraufhin Würmer, die Yaʾǧūǧ und Maʾǧūǧ in Nase und Ohren kriechen und sie von innen zersetzen. Wenn Yaʾǧūǧ und Maʾǧūǧ vernichtet wurden und der errichtete Eisenwall zum Einsturz gebracht wurde, beginnt der Tag des Jüngsten Gerichts.

Tag der Apokalypse
Ein weiterer Vorbote wird der Erzengel Isrāfīl sein. Auf seinem rechten Schenkel ruht sein Blasinstrument, dessen Mundstück an seinen Lippen auf den Befehl zum Blasen wartet. Insgesamt drei Mal wird Isrāfīl ins Horn blasen. Beim ersten Blasen ins Horn werden kosmische und planetarische Veränderungen den Apokalypse einleiten und acht throntragende Engel werden Gott auf seinem Thron sitzend zu dem Ort bringen, an dem Tag des Jüngsten Gerichts stattfinden wird (69:17). Die Sonne wird sich verhüllen, die Sterne herabfallen (81:1), zerstreut (82:2) und ausgelöscht werden (77:8). Der Himmel wird sich spalten (84:1/77:9/69:16) und wie zähflüssige Schmelze zerfließen (70:8). Auch die Erde spaltet sich (55:44), wird sich erheben (73:14/69:14/56:4), beben (99:1/79:6) und zerstoßen (89:21). Berge werden in Bewegung gesetzt (55:10/78:20/81:3), zerzaust wie Wolle (101:5/70:9), zermalmt (56:5) und zu Staub zerfallen (77:10/69:14/73:14/56:6) und alles wird ebenflächig sein (84:3). Die Meere werden über die Ufer treten (82:3/81:6). Beim Umwälzen der Erde treten die Körper der Verstorbenen zutage (99:2/84:4/100:9) und werden mit ihren Seelen wiedervereinigt (81:7/82:4/100:9), um sich für den Tag des Jüngsten Gerichts zu versammeln (55:44) und Rechenschaft für alle Aussagen und Handlungen im Diesseits ablegen. Aber nicht nur kosmische Veränderungen oder Naturkatastrophen leiten die letzte Phase am Apokalypse ein, sondern auch das ungewöhnliche Verhalten der Tiere, die sich zentral versammeln (81:5). Auch der moralische Werteverfall der Menschen gehört zu den Vorzeichen der Apokalypse (81:8). Wenn dann Isrāfīl ein zweites Mal ins Horn bläst, dann beginnt der Tag des Jüngsten Gerichts (50:20) stattfindet. Mit dem zweiten Blasen ins Horn endet das Leben für alle Lebewesen sowohl auf der Erde als auch in der Hölle und dem Paradies. Auch die Dschinn werden davon betroffen sein. Die vier Erzengel Ğibril, Mika’il, Isrāfīl und ʿIzrāʾīl sowie Iblīs und acht weitere Engel, die den Thron Gottes tragen (69:17), bleiben vom dem Blasinstrument unbeeinflusst (39:68). Mit dem dritten Blasen in das Horn beginnt die Wiederauferstehung aller Menschen und auch den Dschinn. Wenn dann die Welt dem Erdboden gleich gemacht wurde, wird die Phase im Paradies und der Hölle eingeleitet (20:106;107). Da nun die Seelen aller Menschen versammelt sind, um ein Urteil zu erhalten, ist die Aufgabe von ʿIzrāʾīl erfüllt und abgeschlossen. Deswegen beendet Gott nun auch die Existenz von ʿIzrāʾīl.  

Tag der Wiederauferstehung
Der Tag der Wiederauferstehung stellt einen der sechs Glaubensgrundsätze der Muslime und Musliminnen dar und nimmt damit eine zentrale Bedeutung im Islam ein. Die Sure 75 im Koran, Die Wiederauferstehung / al-qiyāma beschäftigt sich mit der Skepsis der Menschen, die an der körperlichen Wiederauferstehung zweifeln. Demnach werden die Zweifler und Zweiflerinnen am Tag des Jüngsten Gerichts für ihren Zweifel büßen, während die Gottesfürchtigen im Angesicht Gottes ihre Glückseligkeit finden werden. Nach diesem zeitlich in der Zukunft liegenden Ereignis werden die Seelen zu ihren Körpern zurückgebracht und jeder Seele wird sich seiner Aussagen und Handlungen bewusst werden (81:1-81:14) und aus seinem Grab auferstehen. Am Tag der Wiederauferstehung werden die Gebeine der Verstorbenen unabhängig von der Todesart, dem Todeszeitpunkt oder dem Ort, an dem der Tod eintrat, bzw. dem Beerdigungsort wieder zusammengesetzt (36:78-36:81/30:19) und mit ihren Seelen wiedervereint. Dabei werden alle unabhängig von ihrem Alter zum Todeszeitpunkt im selben Lebensalter sein und barfüßig und nackt wiederauferstehen. Anschließend versammeln sich alle Menschen in mehreren Gruppen aufgereiht für den Tag des Jüngsten Gerichts (18:48). Die Muslime und Musliminnen stehen auf einer Anhöhe über allen anderen Gruppen. Der Reihe nach werden die Menschen mit ihren Namen und ihrem Glauben herbeigerufen. Gott wird sich den Muslimen und Musliminnen zu erkennen geben und siebzigtausend ohne Abrechnung ins Paradies führen. Auch die folgenden Gruppen sind überglücklich und werden für die Nachfolgenden Einlass erbitten. Für die gottesfürchtigen Muslime und Musliminnen wird der Tag des Jüngsten Gerichts ein Tag der Verheißung sein, während die anderen an diesem Tag ihren Irrtum erkennen werden (28:61). Da die Seelen bereits im Zwischengericht ihr erstes Urteil erhalten hatten, können die Gesegneten, denen das Paradies versprochen wurde, dem Tag des Jüngsten Gerichts zuversichtlich entgegensehen, während die Verdammten spätestens dann beginnen, ihre frevelhaften Aussagen und sündigen Handlungen im kzu bereuen. Ihre Reue wird zu diesem Zeitpunkt jedoch bereits zu spät sein (2:167). Zur Aburteilung versammeln sich die Seelen in Jerusalem oder, anderen Quellen nach, auf einer baum- und strauchlosen Ebene. An diesem Versammlungsort al-ḥašr wird die Aburteilung aller Seelen, die jemals gelebt haben werden, an einem Tag stattfinden, der 50.000 Jahre andauern wird (70:4). Wenn schließlich alle Seelen, am Tag der Wiederauferstehung die sich mit ihren Körpern wiedervereinigt haben, in Gruppen versammelt sind, beginnt der Tag des Jüngsten Gerichts.

Tag des Jüngsten Gerichts
Am Tag des Jüngsten Gerichts werden die Seelen der Reihe nach mit ihren Namen und ihrem Glauben aufgerufen und die Schriftrolle bzw. das Buch, in dem alle Aussagen und Handlungen der Menschen von Engeln protokolliert wurden und das ihren Seelen am Todestag von den Engeln um den Hals gehängt wurde, wird nun vorgetragen bzw. verlesen (34:3-34:5/18:49). Alle Seelen werden damit daran erinnert, wie das eigene Leben im Diesseits geführt wurde. Außer den Märtyrerinnen und Märtyrern, die bereits direkt ins Paradies eingetreten sind, bekommen alle Menschen am Tag des Jüngsten Gerichts, eine Abrechnung über ihre Aussagen und Handlungen im Diesseits. Menschen, die vor der Verkündung der abrahamitischen Religionen gelebt haben, bekommen am Tag Tag des Jüngsten Gerichts ebenso ein Urteil wie Menschen, die auf der Welt in Regionen gelebt haben, zu denen die Botschaft des Propheten Muhammad noch nicht vorgedrungen war. Sunnitische Theologen und Theologinnen argumentieren dabei damit, dass alle Menschen von Ādam (Adam) und Ḥawwāʾ  (Eva) abstammen und Gott allen Völkern auf der Welt Propheten mit Botschaften über die Einheit Gottes geschickt habe, dass deswegen alle Menschen informiert waren und daher die Wahl hatten (5:19). Alle Seelen werden für sich selbst einstehen und individuell Rechenschaft ablegen müssen (80:34-80:37). Auch verstorbene Babys und Kinder von Nicht-Muslimen und Nicht-Musliminnen werden ein Urteil erhalten, denn Gott weiß, was sie gemacht haben würden, wenn sie weitergelebt hätten. Gott hatte bereits vor der Geburt des verstorbenen Menschen das Schicksal ihrer Seele in einem Buch nieder- und festgeschrieben. Das Wissen und die Entscheidungsgewalt liegen also in jedem Fall bei Gott (50:28;29). Im zeitlich begrenzten Diesseits verdienen sich die Menschen den Eintritt ins Paradies, in dem ihre Seelen ewig existieren werden (38:54). Am Tag des Jüngsten Gerichts werden alle Seelen erkennen, was sie gesagt oder getan haben (81:14). Gottgefällige Aussagen und tugendhaftes Handeln werden gewürdigt werden (70:22-70:35) und frevelhafte Aussagen und sündiges Handeln missbilligt (70:36-70:44/18:49). Dabei wird sowohl offensichtlich Bekanntes als auch Verborgenes berücksichtigt (14:42;43). Ausreden und Lügen sind nicht möglich (36:65) und niemand wird helfen können (42:8). Jede Aussage und Handlung, egal, wie geringfügig ihr Wert gewesen sein mag, wird berücksichtigt (99:7/62:8). Doch Iblīs wird aussagen, niemanden über die Maßen verleitet zu haben (50:27). Die Gesegneten werden merken, wie sehr sich ihre Bemühungen und Anstrengungen gelohnt haben (80:38;39), während die Verdammten ihre frevelhaften Aussagen und ihr sündiges Handeln zutiefst bereuen (80:40-80:42), da sie nun erkennen müssen, dass sie niemals ins Paradies eintreten werden. Den Seelen wird vor der Verkündung eines Urteils sowohl die Hölle als auch das Paradies präsentiert, damit sie einen Überblick über ihren potenziellen Lohn und ihre potenzielle Strafe erhalten. Wenn die gottgefälligen Aussagen und tugendhaften Handlungen gegenüber den frevelhaften Aussagen und sündigen Handlungen überwiegen, wird der Seele zwar gepeinigt und bestraft, darf aber nach der Verbüßung der Sünden in der Hölle auf Einlass ins Paradies hoffen. Die Bedingung dafür ist jedoch in jedem Szenario, dass die Einheit Gottes anerkannt wurde. Zu dem Bekenntnis zur Einheit Gottes gehört auch die Anerkennung der Prophetie von Mohammad, Jesus und der übrigen Propheten, sowie der Glaube an das Leben im Paradies und der Hölle. Eine Garantie für den Eintritt in das Paradies gibt es nicht. Auch wenn ein gottgefälliges und tugendhaftes Leben im Diesseits die Chancen für den Eintritt in das Paradies erhöhen, darf und kann sich kein Muslim und keine Muslimin sicher sein oder darauf verlassen, in das Paradies hineingelassen zu werden. Muslime und Musliminnen dürfen allerdings auf die Barmherzigkeit Gottes und seine Bereitschaft zu vergeben hoffen (4:96). Nachdem auf einer Waagschale die gottgefälligen Aussagen und die tugendhaften Handlungen gegen die frevelhaften Aussagen und die sündigen Handlungen gegeneinander aufgewogen wurden, wird von Gott ein Urteil gefällt und verkündet (21:47). Die Seelen werden entsprechend dem barmherzigen und gerechten Urteil Gottes in eine der ṭabaqa (Sphären im Paradies) ins Paradies hineingelassen oder in eine der verschiedenen ṭabaqa der Hölle verdammt. (101:6-101:9) Die Seelen von Muslimen und Musliminnen werden, wenn sie ganz grundsätzlich an die Einheit Gottes geglaubt haben, nach Verbüßung ihrer Sünden aus der Hölle befreit. Entscheidend für die Beurteilung, wer wie lange begangene Sünden in der Hölle verbüßen muss, sind alle frevelhaften Aussagen und sündigen Handlungen, die mit den gottgefälligen Aussagen und tugendhaften Handlungen gegeneinander aufgewogen werden (23:102;103). Je nachdem, was am Schluss überwiegt, werden die Seelen von Gott Urteile erhalten (3:185).  Die Urteile sind nicht übertragbar (2:48), werden die allerhöchsten Maßstäbe von Gerechtigkeit erfüllen (18:49) und für alle Seelen nachvollziehbar sein (6:132/50:29). Das Urteil wird in Form eines Buches entweder in die rechte Hand gelegt, womit der Eintritt in das Paradies gewährt wird (84:7-84:9). Wenn das Urteil jedoch in die linke Hand (84:10-84:12/69:25;26) oder auf den Rücken gelegt wird, kommt dies der Verbannung in die Hölle gleich (84:10-84:12). Wem der Eintritt ins Paradies gewährt wird, der kann ohne Probleme die Brücke Ṣirāṭ überqueren und wird nach ʿIlliyyīn (höchste Sphäre im Paradies) gebracht (83:18). Die Verdammten hingegen stürzen von dieser Brücke und werden von den Engeln sieben Stufen unter der Erde in Sijjin (unterste Sphäre in der Hölle) in die Hölle gebracht (83:7), während ihnen dabei in das Gesicht und auf den Hintern geschlagen wird (8:50/17:97). Dort in den Schnäbeln und Gurgeln der schwarzen Vögel, die Feuer speien, werden sie unerträgliche Qualen erleiden.    
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Paradies

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Die Brücke Ṣirāṭ, die ins Paradies führt, wird im Koran nicht dezidiert erwähnt, sondern nur angedeutet (19:71). In den Hadithen wird dieser Übergang als Ṣirāṭ betitelt. Demnach müssen die Seelen, die am Tag des Jüngsten Gerichts ihr Urteil erhalten haben, die Brücke Ṣirāṭ überqueren. Grundvoraussetzung zu der erfolgreichen Überquerung der Brücke ist das Gottvertrauen. Wem dieses Gottvertrauen fehlt, der stürzt in den Abgrund, wo sich die Hölle befindet. Dem Urteil entsprechend wird die Brücke für die Gesegneten leicht zu überqueren sein, weil der Übergang breit und unbeschwerlich sein wird, während die Verdammten von der Brücke stürzen, weil der Übergang dünn wie ein Haar und scharf wie eine Klinge sein wird. Nachdem der Seele gegenüber Gott Rechenschaft abgelegt hat, muss der Seele auf der Brücke Ṣirāṭ noch anderen Seelen gegenüber Rechenschaft ablegen und gegebenenfalls offene Rechnungen begleichen, bevor ihm Eintritt ins Paradies gewährt wird (7:43). Wenn alle Seelen ihr Urteil erhalten haben, alle Sünden verbüßt wurden und die Seelen auch untereinander sämtliche Schuld und Last beglichen haben, wird der Tod in Gestalt eines Widders auf der Brücke Ṣirāṭ geschlachtet. Für alles dann noch Existierende beginnt die Ewigkeit, die von einem Herold verkündet wird. er Seele bleibt für alle Ewigkeit dort, wo der Seele sich nun befindet. Das heißt, dass die Verdammten für ewig in der Hölle verbleiben, während die Gesegneten die Ewigkeit im Paradies verbringen. Das Paradies, al-ǧanna wird als der Ort beschrieben, an dem Ādam und Ḥawwāʾ verbotenerweise vom Baum der Erkenntnis gekostet haben und als Strafe dafür aus dem Paradies verbannt wurden. Ob es sich dabei um dasselbe Paradies handelt, in das die Märtyrer oder Märtyrerinnen sowie die gesegneten Seelen nach dem Tag des Jüngsten Gerichts eintreten dürfen, oder ob es sich um einen anderen Ort handelt, wird unterschiedlich ausgelegt. Manche sunnitische Rechtsgelehrte gehen davon aus, dass das Paradies bereits existiert, während andere annehmen, dass das Paradies erst nach dem Tag des Jüngsten Gerichts geschaffen wird. Da aber die Märtyrer oder Märtyrerinnen nicht tot sind und ohne Befragung im dār al-barzaḫ oder am Tag des Jüngsten Gerichts bereits im Paradies sind, müsste das Paradies bereits in Echtzeit existieren. Manche Rechtsgelehrten gehen deswegen davon aus, dass das Paradies für die Märtyrer oder Märtyrerinnen bereits existiert, während das Paradies der gerichteten Seelen erst noch geschaffen wird. Im Koran wird das Paradies als al-ǧanna oder al-firdaus und ähnlich betitelt, in 72 Suren erwähnt und als Ort der Belohnung für ein gottgefälliges Leben im Diesseits beschrieben. Die Erwähnungen beziehen sich auf zwei Aspekte. Einerseits beschreiben sie die Ausgestaltung des Paradieses als Ort der Belohnung und des Wohlbefindens und andererseits beziehen sich die Erwähnungen auf die Bedingungen, die die Seelen erfüllt haben müssen, um in das Paradies eintreten zu dürfen und wie dieses Wohlbefinden von diesen Seelen empfunden und genossen wird.

Beschreibung des Paradieses
Die acht Tore, die in das Paradies führen, werden von Riḍwān (Engel) überwacht (23:17) und führen zu den verschiedenen Stufen im Paradies, die für alle erkennbar sind, und ṭabaqāt heißen. Die oberste ṭabaqa heißt al-firdaus und befindet sich direkt unter dem Thron Gottes, der von acht Engeln getragen und gestützt wird (23:86) und den Propheten vorbehalten ist. Die räumliche Dimension des Paradieses wird in mehreren Hadithen als gigantisch beschrieben. So wird beispielsweise der Schatten eines Baums geschildert, welcher derart gewaltige Ausmaße hat, dass ein Reiter auf einem Pferd 100 Jahre braucht, um den Schatten zu durchqueren (56:30). Ihre Bewohner werden die Ewigkeit mit Wonne und Wohlbehagen erleben. In den Niederungen des Paradieses fließen Bäche, und an Bäumen hängen stets frische Früchte. Die gesegneten Seelen können die tiefhängenden und greifbaren Früchte im Schatten genießen (13:35). Das Wasser, die Milch, der Wein oder der Honig in den Bächen sind ewig frisch und werden unerschöpflich sein (47:15).

Annehmlichkeiten im Paradies
Das Paradies ist für diejenigen, denen Zutritt gewährt wurde oder wird, offenbar dadurch gekennzeichnet, dass alle erdenklichen Wünsche sofort in Erfüllung gehen (Das Paradies ist für diejenigen, denen Zutritt gewährt wurde oder wird, offenbar dadurch gekennzeichnet, dass alle erdenklichen Wünsche sofort in Erfüllung gehen (41:31) und außerdem unerwartete und freudige Überraschungen erwartet werden dürfen (32:17). Im Paradies sind die Seelen und ihre Körper wieder vereint, womit die Annehmlichkeiten leiblich empfunden werden. Alle Genussmittel sind im Überfluss vorhanden und jedem und jeder im Paradies zugänglich. Darüber hinaus werden die Bewohner und Bewohnerinnen des Paradieses auf goldenen Liegen verweilend Fleisch von Geflügel und allerlei Früchte verzehren sowie Wein trinken, der weder Kopfschmerzen bereitet noch berauscht. Mehrere Gärten mit Schatten spendender Flora und Fauna warten als Belohnung für die gesegneten Seelen im Paradies, die alle Arten von Früchten und Lust auskosten können (55:4855:76). Die Früchte und Speisen werden aus goldenen Schalen und Bechern verzehrt (43:71). Die Flaschen oder Gläser können in manchen Fällen auch aus Silber sein (76:15;16). Darüber hinaus werden sie sich von Knaben und Ḥūrīyāt (junge Frauen im Paradies) verwöhnen lassen (55:15-55:23). Sie bringen immer wieder Kelche mit Wein und Quellwasser oder Geflügelfleisch zum Konsumieren (56:15-56:38). Auch die Gattinnen von gottesfürchtigen Männern haben Zugang zum Paradies, wo sie gemeinsam der Wonne frönen werden (43:70-43:72). Zudem werden die Bewohner und Bewohnerinnen des Paradieses nicht schlafen, sondern dauerhaft wach bleiben. Darüber hinaus wird erklärt, dass das Erblicken des Antlitzes Gottes das höchste aller Wonnegefühle darstellt (75:22;23). Einen großen Raum in den Beschreibungen im Koran nehmen die ṭabaqāt der Entlohnungen und Belohnungen für die Märtyrer oder Märtyrerinnen ein, die sich ihrem Verdienst nach in unterschiedlichen hohen ṭabaqa im al-firdaus unter dem Thron Gottes befinden.

Tore und Sphären des Paradieses
Acht Tore führen in die sieben ṭabaqāt des Paradieses. Wärter bewachen die Tore und begrüßen die Seelen, die sich den Zutritt verdient haben (39:73). Das erste Tor ist den Propheten, Märtyrer oder Märtyrerinnen und großzügigen Muslimen und Musliminnen vorbehalten. Durch das zweite Tor schreiten jene, die sich durch die Einhaltung der Gebete und ġusl (rituelle Ganzkörperwaschung) den Eintritt verdient haben. Jene, die zakāt (Almosen) gespendet haben, schreiten durch das dritte Tor, während alle, die zum Guten aufgerufen und das Schlechte unterlassen haben, durch das vierte Tor ins Paradies kommen. Das fünfte Tor ist für diejenigen bestimmt, die ihren Sehnsüchten und Leidenschaften widerstehen konnten. Die Pilger und Pilgerinnen werden durch das sechste Tor ins Paradies gelangen und diejenigen, die ǧihād (Inneres und äußeres Bemühen) auf sich genommen haben. Und durch das achte Tor werden die Gottesfürchtigen Eintritt gewährt bekommen, die ihre Augen vom Verbotenen abgewendet und Gutes getan haben. Auch wird beschrieben, dass unterschiedliche Stufen der Entlohnung vorgesehen sind (57:10). Neben Spenden und dem Kampf gehört auch das Gebet zu den Möglichkeiten, um sich den Einlass ins Paradies zu verdienen (8:3;4). Der Kampf hat dabei in den Rangstufen den höchsten Stellenwert (9:20). Im Kampf oder in Erfüllung religiöser Pflichten gestorbene Muslime oder Musliminnen kommen ohne Befragung im dār al-barzaḫ oder am Tag des Jüngsten Gerichts direkt ins Paradies. (3:169) Nichts, keine Güter, kein Wissen, keine Kraft oder keine Macht, sondern nur ein gottgefälliges und tugendhaftes Leben im Diesseits wird am Tag des Jüngsten Gerichts einen Nutzen haben (92:11).

Wege ins Paradies
Im Koran und in den Hadithen werden zahlreiche Möglichkeiten aufgezählt, sich den Einlass ins Paradies zu verdienen. Wie bereits beschrieben kommen Märtyrer oder Märtyrerinnen direkt ins Paradies. Alle übrigen Seelen müssen dafür im Diesseits einige Grundbedingungen erfüllt haben. Dazu gehört es im Diesseits, die Einheit Gottes nicht angezweifelt zu haben (39:73/89:27-89:30/20:75/56:10-56:12). Auch wer sein Schicksal im Diesseits erduldet hat, ohne mit Gott zu hadern, wird am Tag des Jüngsten Gerichts dafür entlohnt. Die Seelen, die am Tag des Jüngsten Gerichts den Eintritt ins Paradies gewährt bekommen haben werden, müssen, bevor sie über die Brücke Ṣirāṭ ins Paradies eintreten, vor den Seelen Rechenschaft ablegen und offene Schulden und Lasten begleichen. Erst dann wird den Seelen der Eintritt ins Paradies gewährt. Selbst Muslime und Musliminnen, die im Diesseits gesündigt haben, werden schlussendlich ins Paradies eingelassen, nachdem sie für ihre Sünden gebüßt haben. Selbst dann, wenn sie Unzucht betrieben und Diebstahl begangen haben.
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Hölle
Im Koran aber auch im Alltag wird für die Hölle oft der Begriff ǧahannam verwendet. Hinzukommen aber noch zahlreiche weitere Begriffe, die Eigenschaften der Hölle beschreiben und theologisch konnotiert sind, wie zum Beispiel: nār (Höllenfeuer), ladthaa (Flammen der Hölle), sa’ier (glühende Flamme), saqar (intensive Hitze) oder al- hāwiya (Abgrund oder Schlucht der Hölle). Diese Begriffe stehen stellvertretend für einen Ort der qualvollen Strafe und Buße. Damit stellt dieser Ort einen Gegenpol zum Paradies dar, wobei nicht klar ist, ob auch die Hölle bereits in Echtzeit existiert oder noch geschaffen wird (3:131).

Beschreibung der Hölle
Wie auch schon im Abschnitt ǧanna, dem Paradies werden die Erwähnungen der ǧahannam der Hölle im Koran und den Hadithen in zwei zusammenhängende Aspekte unterteilt. Neben den Erwähnungen hinsichtlich der Ausgestaltung der Hölle als Ort der Strafe und Qualen beziehen sich die übrigen Erwähnungen auf die Bedingungen dafür, wer in die Hölle kommt und welche Qualen dort erlitten werden. In beiden Fällen dienen die Beschreibungen der Hölle und den dort zu erleidenden Qualen als Androhung für die Menschen, die nicht an Gott, seine Gesandten und die Gebote, Verbote und Empfehlungen im Koran geglaubt haben. Dementsprechend korrespondiert die Ausgestaltung der Hölle mit den angedrohten Strafen und Bußen und stellt deswegen einen Gegenpol zu den Annehmlichkeiten des Paradieses dar. (3:162;163) In der Hölle befinden sich Berge und Ozeane aus Feuer. Es gibt siebzigtausend Täler mit siebzigtausend Schluchten in denen siebzigtausend Schlangen und Skorpione sind. In der untersten ṭabaqa im al-hāwiya befindet sich ein verfluchter Baum, der zaqqūm genannt wird und an dem Köpfe von Dämonen als Früchte hängen. (37:6237:66/44:43). Christian Lange arbeitet in der Einleitung von Locating Hell in Islamic Traditions zudem eine Aufteilung der Hölle in al-ǧawāniyya (inneren Hölle), aus der es auch kein Entrinnen gibt und einer al-barrāniyya (äußere Hölle), aus der Muslime und Musliminnen nach Verbüßung ihrer Strafe ins Paradies entlassen werden, heraus.

Strafen, Bußen in der Hölle
Die Strafen in der Hölle zeichnen sich vorwiegend durch Feuer und Hitze aus (33:64/22:22). Dazu gehören kochendes Wasser, das den Verdammten über den Kopf und Körper geschüttet wird (44:48), Kleider aus Höllenfeuer (22:19/14:50) oder siedende Innereien (22:19;20/47:15). Das Feuer und die Hitze verbrennen die Haut, die sich stets regeneriert, um wieder verbrannt zu werden (4:56). Die Strafen sind in den sieben unterschiedlichen ṭabaqāt der Hölle verschieden, aber immer qualvoll und schmerzhaft. Selbst in der obersten ṭabaqa werden große Schmerzen erlitten. Bis zu den Fußknöcheln stehen die Verdammten dort im Feuer und ihre Köpfe kochen. So wird auch der Onkel des Propheten Muhammad, der starb, ohne ein Muslim zu sein, in dieser ṭabaqa verortet. Aber auch andere Formen der Strafen erwarten die Verdammten in der Hölle. Die blinden, stummen und gehörlosen Verdammten werden gefesselt (73:12/69:30), indem ihnen Ketten um die Hände und den Hals gelegt werden (40:71/76:4/34:33), die siebzig Ellen lang sind (69:30-69:32/40:71), mit denen sie orientierungslos umherirren (17:97). An dieser Kette werden die Verdammten von den Höllenwärtern zum Schmoren ins Höllenfeuer gebracht (69:30-69:32) und in kochendes Wasser gezerrt (40:70-40:72). Die Verdammten werden sich von ekelhaften Speisen ernähren müssen, die im Hals stecken bleiben und nicht satt machen (73:13). Die Bäche in der Hölle stinken derart ekelerregend, dass die durstigen Verdammten lieber durstig bleiben (69:36;37). Die unterste ṭabaqa im Abgrund der Hölle ist den Heuchlern und Heuchlerinnen vorbehalten, und niemand wird ihnen helfen können (4:145). Sie werden sich von Dämonenköpfen ernähren müssen, die am Baum zaqqūm als Frucht hängen, ohne jemals satt zu werden (37:62-37:66/44:43/56:52). Die Temperaturen, die in der Hölle herrschen, werden so hoch sein, dass sie die Vorstellungen der Menschen übersteigen.

Tore und Sphären der Hölle
Auch die Hölle hat sieben Tore, die in sieben ṭabaqāt führen und von Wärtern bewacht werden (15:43;44/66:6). Diese sieben Tore werden von az-zabānīyāt (19 Engeln) bewacht (74:30/96:18). Diese Engel haben abstoßende Gesichter, strahlende Augen, vergilbte Zähne, ihre Lippen hängen bis zu ihren Füßen herunter, und sie haben einen faulen Atem, sind schwarz gekleidet, erbarmungslos und lassen sich nicht korrumpieren (40:49). Einer dieser az-zabānīya heißt Mālik. Die Verdammten fordern ihn auf, Erbarmen zu zeigen und sie zu vernichten. Doch Mālik hat kein Erbarmen und teilt den Verdammten mit, dass sie ewig in der Hölle verbleiben müssen (43:74-43:78). Je tiefer die ṭabaqa liegt, desto höllischer sind die Qualen, die der wiederauferstandene Körper physisch und die arwāḥ psychisch erleiden wird. Wer nicht an die Botschaft, die Gott durch seinen Gesandten an die Menschen übermittelte, im dār ad-dunyā geglaubt hat, wird im ewig im Höllenfeuer bleiben (72:23/7:40). In die oberste ṭabaqa der Hölle kommen die Gott Leugnenden (2:206) und Heuchler (3:12). In der nächsttiefergelegenen ṭabaqa im as-saʿīr (loderndes Feuer) werden alle versammelt, die Gottes Schöpfung nicht gewürdigt und kein zakāt gespendet haben. Ihnen wird die Kopfhaut abbrennen (4:10/4:55). Eine ṭabaqa im al-ḥuṭama (das, was zerquetscht und in Stücke zerbricht) werden die Herzen derjenigen, die hinter dem Rücken von Menschen Gerüchte verbreitet haben und denjenigen, die dem Geld mehr huldigten als Gott, in der al-ḥuṭama verbrennen, während sich über ihnen lange Feuersäulen bilden (104:4;5). Die vierte ṭabaqa im laẓā (Flammen des Feuers) ist für jene, die nicht an den yaum al-ḥisāb geglaubt haben (70:15). Die nächste ṭabaqa wird saqar (sengendes Feuer) genannt und ist für jene vorgesehen, die nicht gebetet, Bedürftigen nicht geholfen und nicht an den yaum al-ḥisāb geglaubt haben (54:48/74:26;27/74:42). Eine ṭabaqa tiefer liegt al-ǧaḥīm (Höllenfeuer), in die die Überheblichen, die sich zu schade waren, um Gott zu huldigen, kommen. Ihnen wird kochendes Wasser über ihre Köpfe geschüttet. Es ist so heiß, dass es sich durch den Kopf und durch die Haut frisst (2:119/5:10/22:20). Die vorletzte und tiefste ṭabaqa heißt al-hāwiya und ist den Heuchlern und Heuchlerinnen vorbehalten, die so getan haben, als hätten sie Gott angebetet. (101:9).


Wege in die Hölle
Der Weg in die Hölle führt zunächst über die Ṣirāṭ. Abstürzende landen in der Hölle. Für die verdammten arwāḥ wird es keine Erlösung geben (40:49;50/2:167). Die Höllenwärter fragen rhetorisch, warum die Verdammten nicht auf die Propheten aus ihren eigenen Reihen gehört haben (39:71). Die Verdammten bereuen ihren Frevel und ihre Sünden zutiefst (78:40), doch für Reue in der Hölle wird es weder Erbarmen noch Verschonung geben (5:37). Sie bleiben für alle Ewigkeit in der Hölle. Selbst Gott wird kein Erbarmen mit ihnen haben, sie aus der Hölle zu befreien oder von den Höllenqualen zu erlösen (4:168;169). Um den Höllenqualen zu entkommen, würden die arwāḥ alles geben. Doch keine Opfergabe kann das Leiden lindern (70:11-70:17). Lediglich Muslime und Musliminnen werden nach Verbüßung ihrer Sünden aus der Hölle erlöst und ins Paradies geführt. Allerdings können einem Hadith nach, früh verstorbene Kinder ihre Mutter aus der Hölle befreien. Dauer und Form der Buße ist dabei abhängig vom Urteil am yaum al-ḥisāb.
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Totengebet

Auch bei der Bestimmung des Zeitpunkts eines Totengebets gehen die Meinungen auseinander. Einig sind sich die sunnitischen Rechtsgelehrten nur darin, dass eine islamische Bestattung nicht in der Nacht stattfinden sollte. Da das Totengebet unmittelbar vor der Beisetzung stattfindet, sollte es ebenfalls nicht in der Nacht stattfinden. Hinterbliebene sollten die Gelegenheit haben, Abschied zu nehmen:

       „Ibn `Abbas, Gottes Wohlgefallen auf beiden, berichtete: ‚Ein Mensch starb, den der Gesandte Gottes, Gottes Segen und Heil auf ihm, regelmäßig während dessen Erkrankung besucht hatte. Da er nachts starb, wurde er auch nachts beerdigt. Am nächsten Morgen wurde der Prophet davon in Kenntnis gesetzt, und er sagte: „Was hinderte euch, mir Nachricht darüber geben zu lassen?‘ Die Leute sagten zu ihm: ‚Es war während der Nacht, und es herrschte starke Dunkelheit, daher wollten wir dich damit nicht belasten.‘ Der Prophet ging dann zu dessen Grab und verrichtete dort für ihn das Totengebet.“

Auch bei der Frage, wann ein Totengebet tagsüber stattfinden sollte, gehen die Meinungen in den sunnitischen Rechtsschulen auseinander. Differenzen gibt es bei den Fragen, ob das Totengebet vor oder nach den fünf alltäglichen Gebetszeiten, bei Sonnenauf- oder Untergang oder wenn die Sonne ihren Zenit erreicht hat, stattfinden darf. Einig sind sich die sunnitischen Rechtsgelehrten aber darin, dass das Totengebet unmittelbar, nachdem die rituelle Vorbereitung stattgefunden hat und kurz vor der Beerdigung stattfinden sollte.
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Totengebet findet in der Regel vor einer Moschee oder auf dem Friedhof statt. Oft gibt es dort auch ein muṣallā (Gebetsplatz). Das Totengebet kann aber auch in der Moschee abgehalten werden, wenn beispielsweise Witterungsverhältnisse dies notwendig machen.

Auch auf dem Friedhof kann Totengebet erfolgen, aber möglichst nicht zwischen den Gräbern, sondern auf einer Freifläche. Nach sunnitischer Lehrmeinung sollten Frauen sich zwar nicht am Totengebet beteiligen, wenn sie aber dennoch teilnehmen, sollten sie sich während dem gesamten Totengebet mit Abstand hinter den Männern aufhalten.
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Totengebet stattfinden zu lassen, ist eine Gemeindepflicht und die Teilnahme ist für jeden Muslim eine religiöse Pflicht. Da eine Teilnahme von Frauen am Trauerzug nicht erwünscht ist, sind Frauen in der Regel auch am Totengebet nicht anwesend. Sunnitische Rechtsgelehrte empfehlen, dass Frauen zu Hause bleiben und dort mit anderen Frauen gemeinsam trauern sollten, weil befürchtet wird, dass Frauen am Grab ungehemmt ihrer Trauer Ausdruck verleihen würden. Da sich aber offenbar schon zu Lebzeiten des Propheten Muhammad die Frauen nicht konsequent an diese Vorgaben gehalten haben, sind oft Frauen auch beim Totengebet mit dabei.

         „Uns (Frauen) wurde (vom Propheten) die Teilnahme an einem Trauerzug untersagt, jedoch ohne daß dieses (Verbot) streng verfolgt wurde.“

Wenn sie sich also dennoch am Totengebet beteiligen, sollten sie sich hinter der Gruppe von Männern einreihen. Die Totengebet können im Kollektiv, das heißt, für mehrere Verstorbene gleichzeitig, durchgeführt werden. Manchmal wird in solchen Fällen ein Totengebet für die verstorbenen Frauen und ein Totengebet für die verstorbenen Männer abgehalten.
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Anders als das tägliche Gebet wird Totengebet ausschließlich im Stehen abgehalten. Bevor Totengebet beginnt, erkundigt sich der Imam dreimal bei der Trauergemeinde, ob noch offene Rechnungen beglichen werden müssen. Wenn alle Anwesenden dreimal bestätigt haben, dass es keine offenen Rechnungen zu begleichen gibt, kann das Totengebet beginnen.

Totengebet besteht aus vier takbīrāt (Lobpreisung Gottes) Das Gebet beginnt damit, dass die Hände in Richtung der Ohren gehoben werden. Nach dem ersten takbīr, folgt die Glorifizierung Gottes. Anschließend wird die erste Sure im Koran „al-fātiḥat“ rezitiert. Nach der zweiten takbīr, folgt das Erbitten von Segen für den Propheten Muhammad. Nach dem dritten takbīr, wird Fürsprache für die Seele des oder der Verstorbenen gebeten, und nach der vierten takbīr, kommt die Begrüßung der Engel.

Gebet nach der ersten takbīr:
  „Im Namen Gottes, des Erbarmers, des Barmherzigen. Lob sei Gott, dem Herrn der Welten, dem Erbarmer, dem Barmherzigen, der Verfügungsgewalt besitzt über den Tag des Gerichtes! Dir dienen wir, und Dich bitten wir um Hilfe. Führe uns den graden Weg, den Weg derer, die Du begnadigt hast, die nicht dem Zorn verfallen und nicht irregehen.“ (1:1-1:7)

Gebet nach der zweiten takbīr:
        „O unser Gott, sprich den Segen über Muḥammad und die Angehörigen Muḥammads, so wie du den Segen über Abraham und die Angehörigen Abrahams gesprochen hast. Und segne Muḥammad und die Angehörigen Muḥammads, wie du Abraham und die Angehörigen Abrahams gesegnet hast. Dir gebührt das Lob und die Herrlichkeit.“

Gebete nach der dritten takbīr:
   „O Gott, vergib ihm und erbarme dich seiner, verzeihe ihm und bewahre ihn, bereite ihm eine ehrenvolle Aufnahme und ebne ihm einen breiten Zugang. Wasche ihn mit Wasser und Schnee und Hagel und reinige ihn von den Sünden, wie das weiße Kleid von Schmutz gereinigt wird. Gib ihm zum Tausch eine Wohnung, die besser ist als seine (irdische) Wohnung, Angehörige, die besser sind als seine Angehörigen, eine Gattin, die besser ist als seine Gattin. Bewahre ihn vor der Verführung des Grabes und vor der Pein des (Höllenfeuers).“

Gebete nach der vierten:
 „O Gott, er (oder sie) ist dein Knecht, der Sohn deines Knechtes und der Sohn deiner Magd. Er pflegte zu bezeugen, dass es keinen Gott gibt außer dir allein, der du keinen Teilhaber hast, und dass Muhammad dein Knecht und dein Gesandter ist. Du kennst ihn besser. O Gott, wenn er gut war, so vermehre seine guten Werke, und wenn er Böses getan hat, so lass ihm seine bösen Taten nach. O Gott, lass uns nicht seinen Lohn entehren und führe uns nach ihm nicht in Versuchung."

Nach dem Totengebet wird der Sarg zum Grab getragen. Dort wird der Leichname ins Grab auf die rechte Schulter gelegt und mit dem Gesicht in die Gebetsrichtung nach Mekka blickend beigesetzt.
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Vorbereitung auf die Beerdigung

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Vorbereitung zur rituellen Waschung in den Waschräumen von Uludag Cenaze

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Vorbereitung des Leichnams auf die Bestattung
Der oder die Verstorbene ist mit dem Eintritt des Todes von allen Pflichten und Verantwortungen befreit. Der Leichnam muss von den Hinterbliebenen mit Würde und pietätvoll behandelt werden. Er gilt so lange als rituell „unrein“, bis die Leichenwaschung durchgeführt worden ist. Anschließend sollte der Leichname ohne unnötige Verzögerung zügig beigesetzt werden, weil die Seele den Körper erst verlassen kann, wenn die Beisetzung durchgeführt wurde.
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Rituelle Waschung von Verstorbenen

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Leichentücher
Nachdem die rituelle Reinigung durchgeführt wurde, folgt das Einwickeln in die Leichentücher. Obwohl Männer und Frauen mit nur einer Lage Stoff bzw. ungenähte und ungesäumten Leinentüchern beigesetzt werden können, werden häufig mehrere Lagen Stoff verwendet, die weder gefärbt oder gemustert noch verschmutzt sein sollten. Kinder, die älter sind als sieben Jahre, werden wie Erwachsene in die Leichentücher gewickelt.

Der Leichentücher für Frauen werden ähnlich lang zugeschnitten, wie für Männer, nämlich so dass der Schambereich abgedeckt ist. Oft reicht das Totenhemd der Frauen auch bis zu den Knien. Bei Frauen kommt noch ein Kopftuch und ein brustumspannendes Tuch hinzu. Anschließend wird auch der Leichnam einer Frau in ein Leichentuch gewickelt, welches mit einer Schutzhülle umwickelt wird.

Zunächst wird dem Leichnam das Totenhemd so zugeschnitten, dass vorne und hinten mindestens die Genitalien bzw. der Schambereich abgedeckt ist. Anschließend wird der Leichnam in ein Leichentuch gelegt, das insgesamt aus drei Lagen besteht. Auch bei Männern schützt das äußere Leichentuch das innere Leichentuch vor Verschmutzungen. Aus einem Querstreifen der Schnittstellen des Außentuches werden Stücke geschnitten oder gerissen, mit denen der eingewickelte Leichnam am Kopfende, an der Hüfte und den Fußsohlen festgezurrt wird und die damit wie Halteriemen fungieren. Damit wird die Transportfähigkeit gewährleistet, ohne dass sich die zusammengeschnürten Leichentücher lösen können.

Manche Pilger und Pilgerinnen bringen aus Mekka ihre Leichentücher mit. Die Leichentücher aus Mekka symbolisiert für die meisten Muslime und Musliminnen die Vollendung ihrer religiösen Pflichten. Wenn dem Leichnam das Totenhemd übergezogen und in Leichentücher gewickelt worden ist, befindet sich der Leichnam im Zustand der rituellen Reinheit, um Gott zu begegnen, und er kann beigesetzt werden.
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Tod im Islam

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Der Körper eines Menschen gilt theologisch-theoretisch dann als tot, wenn ʿIzrāʾīl, der Todesengel die Seele vom Körper trennt (6:93;158). Eine Rückkehr in das diesseitige Leben ist dann ausgeschlossen, denn ein trennendes Hindernis (23:100) macht den Tod bis zur Wiederauferstehung im Jenseits unumkehrbar.

Da der Glaube an das Leben im Jenseits einen der islamischen Glaubensgrundsätze darstellt, sind sich alle islamischen Rechtsschulen darin einig, dass der Tod nicht das Ende der Existenz eines Menschen darstellt. Wenn die Phase des Sterbens durchlebt wurde, tritt der Tod ein, welcher aus theologisch-theoretischer Perspektive einerseits ein Ereignis darstellt, das von Gott in einem Buch vorab niedergeschrieben und damit vorherbestimmt wurde, den unterschiedlichen Lebensphasen einen Endpunkt setzt (3:185/24:39/57:20/39:42/18:49) und vor dem sich niemand verstecken oder niemand fliehen kann (56:60). Der Tod wird aber nicht als Strafe Gottes gedeutet (21:34;35/62:8), sondern beschreibt das Fehlen von Leben im Diesseits, das als Ergebnis eines natürlich-biologischen Vorgangs oder aufgrund äußerer Einflüsse eingetreten ist. Andererseits stellt der Tod zeitgleich einen Zustand beziehungsweise die Existenzform der Seelen im Jenseits, dem dār al-barzaḫ dar. Da diese Phase im Jenseits dār al-barzaḫ lediglich einen Übergangsort oder eine Zwischenphase vor dem Eintritt in die Hölle oder das Paradies darstellt, existieren auch die Seelen zeitlich begrenzt in der Existenzform Tod. Die Seelen befinden sich also in der Zwischenphase im Jenseits, dem dār al-barzaḫ zunächst in der Existenzform Tod in einem Zwischenzustand und werden am Tag der Wiederauferstehung im Jenseits wieder lebendig bzw. sind nicht (mehr) tot und kommen lebend in die Hölle oder ins Paradies. Dabei wird dieser Zwischenzustand in der Existenzform Tod mit einem Tiefschlaf verglichen.

Nur Märtyrer oder Märtyrerin überspringen dem Koran nach die Phase des Tot-seins und kommen ohne Befragung am Tag des Jüngsten Gerichts direkt ins Paradies (3:169). Sie treten also nahtlos ohne Zeitverlust in Echtzeit und lebendig ins Paradies ein und leben dort weiter, ohne tot gewesen zu sein (2:154). Der direkte und unmittelbare Eintritt der Märtyrer oder Märtyrerin ins Paradies verdient insofern besondere Aufmerksamkeit, als dies theoretisch bedeuten würde, dass das Paradies zeitlich parallel zum Diesseits, also in Echtzeit bereits existiert.

Während die Beerdigung, das Warten in der Zwischenphase dār al-barzaḫ wie auch die Existenz in der Hölle und dem Paradies Ereignisse und Abläufe aus der Gegenwart beschreiben, beziehen sich die Schilderungen bezüglich der Apokalypse auf in der Zukunft stattfindende Ereignisse. Aus dem Koran und den Hadithen lässt sich eine gewisse chronologische Abfolge der Geschehnisse im dār al-āḫira ableiten, an deren Ende der Tod in der animalischen Verkörperung eines Widders auf der Brücke Ṣirāṭ, welche ins Paradies führt, symbolisch geopfert wird, denn die Funktion vom "Tod" ist ab diesem Zeitpunkt überflüssig. Damit endet die Existenz des Todes und für die Seelen beginnt die Existenz bzw. das Leben im Paradies oder der Hölle in der Ewigkeit. Überdies wird der Tod auch als Rückkehr der Seele zu Gott beschrieben, bei der alle Seelen gerichtet werden, indem alle Aussagen und Handlungen des oder der Verstorbenen von Gott bewertet werden (3:185/24:39/57:20). Bis zum Eintritt des Todes werden alle Menschen für ihre Aussagen und Handlungen im Diesseits, anschließend im Jenseits am Tag des Jüngsten Gerichts zur Rechenschaft gezogen und sowohl Belohnung als auch Vergeltung erhalten. Mit Eintritt des Todes endet auch die Rechenschaftsfähigkeit des verstorbenen Menschen (16:61).

Da der Tod eines Menschen auch sehr plötzlich und unerwartet eintreten kann, sollte jeder Muslim und jede Muslimin jederzeit bereit sein, am Tag des Jüngsten Gerichts Rechenschaft ablegen zu können, um ins Paradies eintreten zu dürfen, welches das Ziel aller Muslime und Musliminnen darstellt. Um nicht vom Zeitpunkt des Todes überrascht zu werden, sollte sich jeder Muslim und jede Muslimin mit dem eigenen Sterben oder dem Tod beschäftigen und auf ihn vorbereitet sein, denn das Leben im Diesseits dient lediglich als Prüfung für den Eintritt in das Paradies (67:2) im Jenseits.

Bevor für die Seelen im Jenseits in der Zwischenphase theologisch-theoretisch das dār al-barzaḫ beginnt, werden die Seelen für ein Zwischengericht zu Gott gebracht und anschließend zur Befragung ins Grab zurückgebracht. Dafür muss der Leichnam im Diesseits, operativ-praktisch beerdigt sein. Dafür wird der Leichnam rituell gewaschen oder gereinigt, dann in Leichentücher eingewickelt und nach einem Totengebet auf einem islamischen Friedhof beigesetzt.
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Der Tod eines Muslims oder einer Muslimin hat aus operativ-praktischer Perspektive für Angehörige und Hinterbliebene in der Regel die Konsequenz, dass der Leichnam beigesetzt werden muss. Dabei handelt es sich um eine Pflichtaufgabe der muslimischen Gemeinde und wenn eine Person diese Aufgabe übernimmt, sind alle anderen davon befreit und entlastet.

Die konkreten Handlungsanweisungen werden überwiegend aus den Hadithen abgeleitet, weil sich im Koran so gut wie keine konkreten Anweisungen herauslesen lassen. In den Hadithen hingegen werden in Hinblick auf den Tod konkrete historische Ereignisse beschrieben, welche als Grundlage für alle folgenden Bestattungen gedient haben. Aus diesen historischen Praxisbeispielen wurden die Gebote, Verbote und Empfehlungen abgeleitet, die von den sunnitischen Rechtsgelehrten bzw. den vier sunnitischen Rechtsschulen verschiedentlich interpretiert und bewertet wurden, was zu unterschiedlich ausdifferenzierten Handlungsanweisungen bei der Bestattung von sunnitischen Muslimen und Musliminnen führte.

Wenn die Phase des Sterbens durchlebt und der Tod eingetreten und festgestellt worden ist, wird die Rezitation des Korans eingestellt, da der Leichnam ohne rituelle Leichenwaschung als rituell unrein gilt. Dem oder der Gestorbenen werden die Augen geschlossen, damit die Seele nicht auf die Welt zurückschauen und ihr nachtrauern kann. Dabei wird heutzutage häufig eine Aussage des Propheten Muhammad zitiert:

 „Im Namen Gottes und entsprechend der Glaubensrichtung des Gesandten Gottes. Unser Gott, vergib ihm, erhöhe seine Rangordnung unter den Rechtgeleiteten, sei sein Stellvertreter gegenüber seinen Nachkommen in den folgenden Generationen. Vergib uns und ihm, oh, Herr der Welten. Mache ihm sein Grab breit und schenke ihm darin Licht.“

Wenn der Tod eingetreten ist, werden nahestehende Verwandte, Bekannte, Freunde und Nachbarn benachrichtigt und herbeigerufen, um mit ihnen gemeinsam die Bestattung zügig durchzuführen. Liegt der oder die Gestorbene im Bett, wird der Leichnam auf dem Fußboden auf den Rücken gelegt. Den oder die Gestorbene auf den Bauch zu legen, ist nicht zulässig. Außerdem wird dem oder der Gestorbenen der Mund geschlossen und ein Tuch um Kopf und Kinn gewickelt, sodass der Mund geschlossen bleibt, damit Iblīs, der Teufel dem oder der Gestorbenen nicht die Abkehr vom Islam in den Mund legen kann. Zudem wird ein Messer, etwas Eisenartiges oder aber auch ein Spiegel auf den Bauch platziert, und zum Transport werden die beiden großen Zehen mit einer Schnur zusammengebunden.it dem Eintritt des Todes ist gemäßigtes Wehklagen und Weinen als Zeichen der Trauer zwar erlaubt, allerdings nur in einem angemessenen Ausmaß. An den eigenen Haaren ziehen und ausreißen, Selbstgeißelung und Ähnliches gelten formal als unangemessen.
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Islamische Friedhöfe

Die Gräber sollten, wie bereits erwähnt, nach Mekka ausgerichtet und unbefristet sein. Wenn kein islamischer Friedhof erreichbar ist, kann ein Muslim oder eine Muslimin in einem Grab beigesetzt werden, das sich für solche Zwecke eignet. Das Grab sollte mindestens bis zur Brust eines erwachsenen Mannes in die Tiefe reichen, damit es nicht von Raubtieren oder Aasfressern aufgewühlt oder aufgescharrt werden kann. Dabei sollte die Breite und die Länge des Leichnams berücksichtigt werden. Am Boden des Grabes sollte auf der nach Mekka weisenden Seite eine Nische gegraben werden, damit der oder die Verstorbene auf die rechte Schulter bzw. Körperhälfte gelegt werden kann. So blickt das Gesicht des oder der Verstorbenen im Grab in Richtung Mekka.
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Prinzipiell sollte das Grab von Muslimen und Musliminnen schlicht gestaltet werden, weil der Aufenthalt im Grab lediglich eine Phase zwischen dem irdischen Leben im Dār ad-dunyā und dem ewigen Leben im Dār al-qarā darstellt. Aufgrund dessen wird unnötiger Aufwand als sinnlos erachtet. Das heißt, dass sunnitische Gräber formal schlicht mit Markierungssteinen ohne Grabanlage gestaltet werden sollten. Wichtig ist nur, dass das Grab als solches zu erkennen ist. Übertrieben große Grabanlagen oder Grabstätten sollen auch deswegen nicht errichtet werden, weil dies den Gräberkult fördern könnte, welcher aus sunnitischer Perspektive nicht erlaubt ist. Nichtsdestotrotz kommt es in den Regionen, in denen sich die islamisch-sunnitische Konfession ausgebreitet hat, oft vor, dass bedeutenden Persönlichkeiten Grabanlagen gebaut wurden. Die Osmanen beispielsweise haben Kuppelbauten als Grabstätten in ausgeprägter Form kultiviert. Die Gräber im Maghreb dagegen sind eher schlicht. Aber nicht nur aufwendige Anlagen oder überdimensionierte Grabbauten, sondern auch die Ausgestaltung des Grabes sollte schlicht und einfach gehalten sein. Da aber weder im Koran noch in den Hadithen beschrieben wird, wie Grabmäler konkret gestaltet werden sollen, variieren die Grabgestaltungstraditionen im Ausdehnungsgebiet der islamischen Kultur abhängig von der Region sehr stark voneinander. In manchen Gegenden werden die Gräber sehr schlicht gestaltet, während anderswo eine aufwendige Grabgestaltung zu beobachten ist, bei der die Gräber reichhaltig verziert und geschmückt werden. Dabei kommen Materialien, wie zum Beispiel Naturstein, Beton, Holz, Metall oder sogar Plastik zum Einsatz. Diese erfüllen immer den Zweck, das Grab als solches kenntlich zu machen und eine Auflösung zu verhindern. `Aischa berichtete:

 „Umm Habiba und Umm Salama erwähnten in der Gegenwart des Propheten, Allahs Segen und Heil auf ihm, eine Kirche, in der es Bilder bzw. Skulpturen gab, die sie in Abessinien gesehen hatten, und der Prophet sagte: „Dies sind diejenigen Leute, die - wenn ein rechtschaffener Mensch unter ihnen stirbt - auf seinem Grab eine Gebetsstätte errichten und diese mit solchen Bildern bzw. Skulpturen versehen. Diese sind die schlimmsten Menschen bei Allah am Tage der Auferstehung.“

Folglich sprechen sich Mālik ibn-anas und Aš-šāfiʿī gegen die Ausgestaltungen von Gräbern aus. Nach der Bewertung von Abū-ḥanīfa ist dies aber im begrenzten Rahmen erlaubt. Einer Überlieferung aus dem Hadith von Jabir ibn `Abdallah zufolge verbot der Prophet die Ausgestaltung des Grabes. Das bedeutet, dass auf einem Grab keiner schreiben, sitzen oder darauf bauen darf. Zudem gilt die Erde, in die Menschen beigesetzt werden, als unrein, sodass dort kein ṣalāt stattfinden darf.
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Zur Markierung einer Grabstelle können alle Materialien verwendet werden, die dafür als geeignet erscheinen. Tendenziell sollte ein Grabmal möglichst schlicht gehalten und nicht künstlerisch verziert sein. Traditionell wird auf die Inschrift von Grabmalen oder Grabsteinen der Name, Geburts- und Todestag geschrieben. Ergänzungen wie Gedichte, Koranverse und Ähnliches sind aber nicht unüblich. Für Schiiten und Schiitinnen ist die Darstellung mit Porträtfotos auf dem Grabstein des Verstorbenen nichts Ungewöhnliches. Für Sunniten und Sunnitinnen hingegen sind bildliche Darstellungen, also Fotos und Skulpturen, auf Grabsteinen verboten. Dagegen werden sunnitische Grabmale eher mit Ornamenten und Kalligrafien versehen. In der Türkei und auf dem Balkan werden die Inschriften mit lateinischen Lettern beschriftet. Diese Inschriften beinhalten zunächst den Namen und Geburts- sowie Sterbedatum. Jedoch kann es vorkommen, dass sich das Geburtstagsdatum auf dem Grabmal nach dem islamischen Kalender und der Todestag nach dem gregorianischen Kalender richtet. Dazu kommen je nach Geschmack Symbole wie Halbmond und Stern wie z.B. bei einigen Türken und Türkinnen, oder auch Tauben, Rosen, betende Hände und auch Koranverse werden in den Grabstein eingraviert. In den meisten islamischen Ländern werden Steinplatten auf das Grab gelegt und am Kopf- und Fußende mit Grabsteinen versehen. Materialien wie Stein bzw. Marmor oder Betonumrahmungen sind möglich. Sarkophage, die komplett dicht sind, werden nicht benutzt und auch Gruften sind unüblich. Allerdings gibt es frappierende regionale Abweichungen bei der Grabgestaltung. In der Türkei wurden aber zum Beispiel ganze Gebäude auf Gräber gebaut. Die Gräber von Evliyâ 's (Schutzheilige) werden besonders verehrt, wobei auch diese Praktiken nach sunnitischer Lehrmeinung abzulehnen sind. Dennoch ist die Heiligenverehrung an Gräbern nicht nur bei den türkischen Muslimen sehr ausgeprägt, sondern im gesamten Ausdehnungsgebiet des Islams, wobei die Grabmoschee des Propheten Muhammad in Medina in Saudi-Arabien im Zweifel immer eine Ausnahme darstellt. Auf Friedhöfen in Hamburg lässt sich empirisch beobachten, dass die Grabinschriften verschiedene Merkmale und Hinweise zur Herkunft des oder der Verstorbenen enthalten. Bei den Grabinschriften von Verstorbenen mit türkischen Wurzeln wird eher auf Koranverse verzichtet, da der Koran nicht zur Zierde missbraucht werden soll und ein Friedhof als ein unreiner Ort gilt. Zudem könnten die eingravierten Koranverse durch Vogelkot oder Ähnliches verschmutzt werden. Koranverse auf Grabinschriften bei Verstorbenen mit afghanischen Wurzeln wiederum kommen verhältnismäßig häufig vor. Verstorbene mit iranischen Wurzeln wiederum bevorzugen schwarze Steine oder Grabplatten und verzichten größtenteils auf Koranverse. Stattdessen werden oft Gedichte bevorzugt. Obwohl nach sunnitischer Lehrmeinung das Aufstellen von Porträtfotos verpönt ist, lässt sich auf dem Friedhof-Ohlsdorf, wo überwiegend schiitische Muslime und Musliminnen beigesetzt wurden, deren Angehörige der schiitischen Lehrmeinung folgend guten Gewissens Porträtfotos von ihren verstorbenen Angehörigen aufstellen können, beobachten, dass inzwischen nun auch die Angehörigen von dort beigesetzten Sunniten und Sunnitinnen Porträtfotos aufstellen. Es gibt also einerseits abhängig vom regionalen und kulturellen Einfluss erhebliche Unterschiede bei der Grabgestaltung und andererseits wechselseitige Beeinflussungen bei der Grabgestaltung. Propheten dort beerdigt wurden, wo sie starben und da Muḥammad in seinem Haus starb, wurde er auch dort beerdigt. Die Kalifen Abū Bakr und ´Umar wurden ebenfalls dort beigesetzt.“
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Eröffnung der muslimischen Grabfelder auf dem Öjendorfer Friedhof in Hamburg

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Eröffnung des muslimischen Grabfelds auf dem Öjendorfer Friedhof in Hamburg Jenfeld

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